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# taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: #MeToo und seine (Nicht-)Folgen
> Nach der #MeToo-Debatte versprach Kulturministerin Monika Grütters eine
> zentrale Anlaufstelle. Auf die warten wir immer noch.
Bild: Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU)
Was passiert, wenn eigentlich alle dafür sind, das Problem drängt und sogar
die Anschubfinanzierung steht? Genau, es dauert.
Es war im Winterwonne- und Berlinalemonat Februar. [1][#MeToo war längst in
Deutschland angekommen]. Und seit Jahresanfang ging es nicht mehr nur um
Harvey Weinstein und ein eher undeutliches deutsches Geraune. Sondern
handfest um Dieter Wedel. Sender und Produktionsfirmen durchforsteten eilig
ihre Archive, ob denn da was war. In den meisten Fällen war da nichts, oder
ließ sich nach so langer Zeit – die vom Zeitmagazin beschriebenen Vorwürfe
lagen in den 1990er Jahren – nicht mehr klären.
Klar war aber: Es muss etwas passieren, zentral und unabhängig. Einfach
damit die leider kaum zu übertriebener Transparenz neigende Medienbranche,
besonders die Abteilung Film und Fernsehen, mit ihren männlich geprägten
Machtgefügen nicht weiter über das Problem hinwegheucheln konnte.
[2][Kultur- und Medienstaatsministerin Monika Grütters (CDU) griff also die
Idee von einer zentralen Anlaufstelle beherzt auf], stellte 100.000 Euro zu
deren Aufbau in Aussicht. Und dann begann, von außen gesehen, das große
Warten.
## Neue Recherchen
Während die Dringlichkeit immer stärker zutage trat: Mittlerweile sind dank
[3][Correctiv und Stern weitere Fälle an die Öffentlichkeit] gekommen. (Die
Geschichte, wie lange es gedauert hat, bis die Correctiv-Recherche eine
mediale Heimat fand, wäre übrigens noch mal eine eigene Kolumne wert.) Und
in vielen Häusern herrscht weiter großes Raunen, was da wohl alles noch
käme.
Am Dienstag dieser Woche setzte der WDR dann sein „Alphatier“ fristlos vor
die Tür, beinah zeitgleich stellte sich in New York Harvey Weinstein der
Polizei, um einer Verhaftung zu entgehen. Weinstein schuf dabei gleich noch
ein ikonisches Bild: der gefallene Hollywood-Mogul in Handschellen,
abgeführt von einer Frau. Selbst so etwas kriegen sie in den USA
red-carpet-tauglich hin. Wir warten derweil auf eine Pressemeldung des
Ministeriums von Monika Grütters.
## Wer, wann, wie, wo, was?
Denn Medien- und Kulturdeutschland ist so eine Sache und föderal obendrein.
Und so rang die Branche lange mit sich, wer mittun wollte, sollte, durfte.
Nur die „Rote-Teppich-Fraktion“ oder auch die Anrainer? Am Ende auch die
Musikbranche oder das Sprechtheater? Und wie das mit den eigenen Gremien
und Vorständen klären und den gern mal in langer Tradition verkämpften
Verbänden, Gewerkschaften usw. Dabei ist eigentlich klar: Alle müssen. Und
hätten längst sollen.
Denn nur so kann aus dem Raunen Aufbruch werden. Damit sich Betroffene
wenigstens einigermaßen angstfrei an eine wirklich unabhängig-neutrale
Stelle wenden können, ohne im eigenen Laden als Nestbeschmutzer von denen
malträtiert zu werden, die die wahren Nestbeschmutzer sind. „Ich kann mir
vorstellen, dass es für die Betroffenen ein schwieriger Schritt war, aus
der Anonymität herauszutreten. Aber genau dieses Vertrauen war entscheidend
für den Aufklärungsprozess“, hat WDR-Intendant Tom Buhrow zum Fall
„Alphatier“ gesagt. Das bringt die Sache auf den Punkt.
Nun müssen die Verbände und muss eine ganze Branche liefern, um das zu
retten, ohne das es trotz der ganzen Inszenierung und Scheinheiligkeit der
bunten Bussi-Bussi-Medienwelt nicht geht: Vertrauen und Mut. Am Donnerstag
soll es so weit sein. Gebt euch also ’nen Ruck und macht (Obacht,
Wortwitz!) den Sack zu.
Hinweis: Die Verbände haben den Sack tatsächlich ein bisschen zu gemacht
und „einen Verein als Träger für eine unabhängige [4][Vertrauensstelle
gegen sexuelle Belästigung] und Gewalt gegründet“.
2 Jun 2018
## LINKS
[1] /!5495107
[2] /!5481207/
[3] https://correctiv.org/recherchen/wdr-die-metoo-recherche/
[4] https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2018/05/20…
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
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