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# taz.de -- Gewalt gegen Frauen: Warum Schweigen falsch ist
> Er belästigt sie. Als sie sich wehrt, schlägt er zu. Doch Marie Laguerre
> rennt nicht weg, sie schweigt nicht – und tut es auch nach dem Angriff
> nicht.
Bild: Marie Laguerre veröffentlichte das Video, in dem ihr ein Mann ins Gesich…
Es ist mitten am Tag. Auf ihrem Weg nach Hause läuft Marie Laguerre an
einem gut besuchten Pariser Café vorbei. Alles wirkt normal – bis er
auftaucht. Der Mann, der sie verfolgt, erscheint im Bild. Er belästigt die
22-Jährige, macht anzügliche Geräusche und ruft ihr Bemerkungen hinterher.
Der jungen Französin reicht es. Es sind nicht die ersten abwertenden
Kommentare, die sie an diesem Tag zu hören bekommt. Sie dreht sich um, geht
auf den Pöbler zu – sagt ihm die Meinung. Er soll „die Schnauze“ halten!
Damit kann der Mann nicht umgehen. Er bewirft sie mit einem Aschenbecher
und schlägt ihr mitten ins Gesicht. In Paris, am helllichten Tag, neben
einem Café mit dutzenden Gästen.
Es ist eine erschreckende Szene, die von der Überwachungskamera des Cafés
aufgenommen wurde. [1][Marie Laguerre postete das Video auf ihrem
Facebook-Account], später [2][auch bei Twitter]. Mit fast 2 Millionen
Aufrufen sorgt es in Frankreich für eine neue politische Debatte. Die
Gleichstellungsministerin Marlène Schippa äußerte sich in Le Parisien zu
dem Übergriff. Die „Freiheit der Frauen“, sich in der Öffentlichkeit frei
zu bewegen, stünde auf dem Spiel. Die Regierung wolle im Herbst ein neues
Gesetz durchbringen – sexuelle Belästigung soll mit Bußgeldern bestraft und
somit härter geahndet werden als zuvor.
Die Diskussion in Frankreich betrifft alle. Denn: „Er ist nicht der
Einzige. Belästigungen gehören zum Alltag. Diese Männer denken, dass sie
sich auf der Straße alles erlauben dürfen, dass sie uns erniedrigen dürfen
und es selbst nicht ertragen können, wenn man sich wehrt. Es ist an der
Zeit, dass dieses Verhalten gestoppt wird“, schreibt Laguerre auf Facebook.
Ihre Worte unterstreichen unzählige weitere Einträge in den sozialen
Netzwerken.
Seit Monaten machen Frauen unter dem Hashtag #MeToo auf sexuelle Übergriffe
aufmerksam und setzen sich gegen ihren Peiniger zu Wehr. Millionen von
Posts beweisen: Sexuelle Belästigung passiert. Täglich und weltweit. Dass
heute jeder über die sozialen Netzwerke selbst und selbstbestimmt
Öffentlichkeit herstellen kann, hilft dabei. Doch das ist nur ein erster
Schritt.
Es ist ein Pfiff, eine anzügliche Bemerkung, ein Blick zu den intimsten
Stellen des Körpers. Noch viel zu oft nehmen wir Belästigungen hin. Damit
muss Schluss sein. Die Gesellschaft muss sich zusammenschließen, darf
Männern wie dem Angreifer in Paris keine Fläche bieten. Er schien sich
sicher zu fühlen, trotz Dutzender Zeugen und einer Videokamera.
Den Mund aufmachen direkt vor Ort– das gilt nicht nur für jene, die
Belästigungen ausgesetzt sind, sondern auf für solche, die Zeuge dieser
werden. Marie Laguerre fordert die Menschen auf, sich zu Wehr zu setzen,
die Belästigungen nicht länger hinzunehmen: „Ich kann nicht schweigen und
wir sollten es alle nicht.“
31 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/marie.laguerre/posts/10212151351041888
[2] https://twitter.com/may_lgr/status/1023215727472455681
## AUTOREN
Charlotte Köhler
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
sexuelle Belästigung
Paris
Gleichstellung
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Schwerpunkt #metoo
Schwerpunkt Frankreich
#MeTwo
Kolumne Flimmern und Rauschen
BVG
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