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# taz.de -- Kolumne Flimmern und Rauschen: Der vernuschelte kleine Nick
> Springer werden wegen einer unzeitgemäßen Rundfunkpolitik zwei Sendungen
> untersagt. Derweil wagt der NDR ein Nick-Tschiller-Comeback.
Bild: Geht es etwa bald weiter mit Nick Tschiller?
Der lustige Lutz Hachmeister hat vor mittlerweile vielen Jahren – na gut,
acht sind’s jetzt her – mal sehr hübsch gesagt, die Rundfunkpolitik werde
bald so bedeutsam sein wie die Verwaltung der illyrischen Provinzen im 19.
Jahrhundert. Nachdem sie nachgeschlagen hatten, was illyrische Provinzen
waren (Gebiete an der Adria-Ostküste wie das heutige Kroatien), klebten die
zuständige Medienpolitik und die Rundfunkregulierer wutschnaubend an der
Decke.
Heute dreht Hachmeister zumeist erfolgreiche Dokumentarfilme und hat es
weitgehend aufgegeben, die MedienpolitikerInnen zu ärgern. Das ist ein
bisschen schade, weil man den Eindruck nicht ganz los wird, dass dort
zumindest immer noch das 20. Jahrhundert in voller Blüte steht und dem
digitalen 21. Jahrhundert mal zeigt, dass seine brav fortgeschriebenen
medienrechtlichen Staats- und andere Verträge auch heute noch viel Freude
bereiten können. Vorausgesetzt, man wendet sie an.
## Illyrisch-lyrische Kriterien
Das muss sich wohl auch die ZAK, die Zulassungs- und Aufsichtskommission
der für den privaten Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten, gedacht
haben. Die hat nämlich im April drei Livestreams, die auf bild.de angeboten
werden, als Rundfunk eingestuft. Aber Bild beziehungsweise Axel Springer
wollen dafür partout keine Rundfunklizenz beantragen. Und deshalb hat die
für Berlin zuständige Landesmedienanstalt MABB einen Bescheid in die
Rudi-Dutschke-Straße schicken müssen, der Bild live (dem Nachfolger von
Bild Daily) „Die richtigen Fragen“ und den „Bild Sport-Talk“ untersagt.
Nach den illyrisch-lyrischen Kriterien der Medienpolitik werden bewegte
Bilder im Netz als Rundfunk eingestuft, wenn sie linear werden,
redaktionell gestaltet sind und technisch von mehr als 500 Zuschauern/Usern
gleichzeitig gesehen werden können. Das ist zwar nach der Brecht’schen
Radiotheorie der schönste Beweis, dass wir alle kleine IntendantInnen sind
und Rundfunk betreiben, aber mehr als ein bisschen aus der Zeit gefallen.
Das wissen natürlich auch die Medienanstalten, die tapfer darauf hinweisen,
dass sie ja nun nicht diese lustigen Gesetze machen, sondern die Politik
verantwortlich ist. Weshalb Springer auch gegen den MABB-Bescheid geklagt
hat und die MABB den Vollzug erst mal bis Ende Juni aussetzt.
## Mäßig lizensiertes YouTube
Rettung naht aus dem Norden, wo Hamburgs oberster Medienpolitiker, Carsten
Brosda, seiner Zunft ins Stammbuch schrieb, doch mal darüber nachzudenken,
ob es künftig nicht auch statt einer rundfunkrechtlichen Zulassungspflicht
mit einer „qualifizierten Anzeigepflicht“ getan sein könnte. Doch bis es so
weit ist, kann weiter qualifiziert angezeigt oder beschieden werden, was
2017 auch schon Tobias Schmid, Chef der NRW-Landesmedienanstalt, der
bislang nur mäßig lizensierten YouTube-Welt hübscherweise im Zusammenhang
mit dem Thema Hatespeech vor den Latz knallte und prompt einen veritablen
Shitstorm erntete.
Denn so sinnvoll und notwendig es ist, im Netz nicht einfach alles laufen
zu lassen, könnte man auch sagen: Jetzt noch hurtig allen Videoangeboten
der Verlage, der Blogosphäre und allem, was da sonst noch kreucht und
fleucht, die Verpflichtung zur Rundfunklizenz überzuhelfen, wäre ähnlich
zielführend, wie dem „Tatort“-Kommissar Nick Tschiller alias Til Schweiger
neue Folgen im Ersten zuzugestehen.
Ach, der NDR ist gerade in der Buchentwicklung? Für einen neuen Fall mit
dem leberwurstbeleidigten Nuschler, der sich laut BamS von eben diesem NDR
„total im Regen stehen gelassen“ fühlt? Na, dann wollen wir natürlich
nichts gesagt haben. Und ein paar mehr als 500 Menschen werden schon auch
noch im linear-volllizensierten Fernsehen zugucken.
6 Jun 2018
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Kolumne Flimmern und Rauschen
Rundfunk
Lizenzvergabe
Tatort
Til Schweiger
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