# taz.de -- Bremer Konferenz zu Wohnlösungen: „Billiger zu bauen ist aussich… | |
> In Bremen diskutieren Experten am Dienstag über Einfach-Wohnungen. Aber | |
> auch die werden immer teurer im Bau, sagt Architektin Michaela Ausfelder. | |
Bild: Die letzten Schlichtbauten in Bremen: Die Reihersiedlung. | |
taz: Frau Ausfelder, das Bremer Aktionsbündnis „Menschenrecht auf Wohnen“ | |
fordert die Schaffung von 250 Einfach-Wohnungen in Bremen. Baufirmen und | |
PolitikerInnen entgegen oft: Das ist zu teuer! Stimmt das? | |
Michaela Ausfelder: Jein! Derzeit wird der soziale Wohnungsbau ja wieder | |
sehr stark von der Regierung gefördert. Aber es geht eben immer nur mit | |
Zuschüssen und Förderprogrammen. Wir wollen ja gerne billiger bauen, aber | |
in vielen Bereichen sind uns durch die Gesetze die Hände gebunden, etwa | |
beim Brandschutz oder der Sicherheit. Gerade in Ballungsräumen ist der | |
Versuch, noch billiger zu bauen als heute, aufgrund der Marktlage ziemlich | |
aussichtslos. | |
Was kostet der Bau einer Einfach-Wohnung? | |
1998 haben wir für 700 Euro pro Quadratmeter gebaut, 2016 waren wir bei | |
1.800 Euro, mittlerweile sind wir bei 2.300 Euro. | |
Dabei haben die BewohnerInnen von Einfach-Wohnungen oft wenig Ansprüche an | |
Komfort. Lässt sich das baulich nicht umsetzen? | |
Da wäre ich sofort dabei! Wir versuchen, Möglichkeiten zu schaffen, | |
bestimmte Dinge wegzulassen. Aber als Planer müssen wir uns natürlich an | |
alle Vorschriften halten, sonst werden wir zur Verantwortung gezogen. Das | |
ist ein Teufelskreis, aus dem kommen wir nicht raus. Das Thema ist sehr | |
komplex. | |
Sind die Vorgaben des Gesetzgebers zu hoch? | |
Das ist ein Grund, aber nicht der einzige. Ich würde gerne ein paar Normen | |
abschaffen. Bauen wird aber insgesamt immer teurer, gerade bei den | |
Materialien – weil der Markt völlig übersättigt ist. Das schlägt stark zu | |
Buche. | |
Sie bauen selbst seit 20 Jahren Wohnungen mit einfachen Standards. Was für | |
Projekte sind das? | |
Wir unterscheiden zwischen Notunterkünften und Einfach-Wohnen. In | |
Notunterkünften für obdachlose Menschen bekommen sie eine Matratze und | |
können interimsweise in einem 24 Quadratmeter großen Appartement wohnen, | |
das auch mit bis zu vier Personen belegt sein kann. Beim Einfach-Wohnen | |
versuchen wir, die Standards des sozialen Wohnungsbaus maßvoll zu | |
unterscheiden, sodass zum Beispiel statt 40 dann eben nur 35 Quadratmeter | |
zur Verfügung stehen. In der Schweiz etwa stehen jedem fast 60 Quadratmeter | |
zu – das halte ich für übertrieben. Durch geringere Flächen kann die Miete | |
reduziert werden. | |
Was heißt das konkret? | |
Das richtet sich nach der ortsüblichen Vergleichsmiete. In Ballungsräumen, | |
in denen die Wirtschaft boomt, ist die extrem hoch, in München sind das | |
etwa 18 Euro pro Quadratmeter. Da sind wir schon froh, wenn es nur zwölf | |
Euro sind. Für die Differenz kommt dann die Stadt oder das Amt auf. Aber es | |
kann auch keine Lösung sein, deswegen jetzt nur noch Kleinstwohnungen zu | |
bauen, weil die weniger Miete kosten. Sonst schaffen wir uns heute | |
Brennpunkte für 2030: Es muss immer eine gute soziale Mischung geben. | |
Sie haben selbst in Ingolstadt Wohneinheiten für obdachlose Menschen mit 25 | |
Quadratmetern gebaut. | |
Das sind Notunterkünfte in einem Gewerbegebiet am Rande von Ingolstadt. Die | |
Menschen, die dort leben, sollen da nicht dauerhaft bleiben, sondern den | |
Absprung in den normalen Wohnungsmarkt schaffen. | |
Welche Wohnstandards haben ihre Einfach-Wohnungen? | |
Die sind sehr robust gebaut: Der Boden besteht nur aus Estrich, die | |
Teppiche müssen die Leute zum Teil selbst mitbringen, manchmal werden die | |
Böden auch beschichtet oder mit PVC belegt, die Bäder sind teilgefließt, | |
die Wände gespachelt und gestrichen. Die Häuser haben zwei bis drei | |
Geschosse, die Wohnungen sind in den besprochenen Beispielen mit | |
Laubengängen verbunden. | |
Die BewohnerInnen der Schlichtbauten in Bremen gelten oft als „nicht | |
geschosswohnungsfähig“, heißt es in der Politik. | |
Das würde ich so nicht sagen, das muss man differenziert betrachten. Da | |
reden wir ja auch von Familien, in München auch von der Mittelschicht, die | |
auf dem normalen Wohnungsmarkt nicht mehr zurechtkommt. Es kommt immer auch | |
auf die Mischung der Leute an. In einem Wohnhaus mit 49 Parteien können | |
acht dabei sein, die ihr Leben nicht gut strukturieren können. Das ist aus | |
unserer Sicht gut verträglich. Es dürfen eben nur nicht alle 49 sein. | |
11 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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