# taz.de -- Anja Stahmann über ihre Aufgaben: „Man muss viel sitzen“ | |
> Zum Zukunftstag haben zwei NachwuchsjournalistInnen für die taz die | |
> Sozial- und Jugendsenatorin Anja Stahmann (Grüne) nach ihren Aufgaben und | |
> Ideen gefragt. | |
Bild: Milan Wiese und Luna Groß García nehmen Anja Stahmann in die Mangel | |
taz: Frau Stahmann, was hat Bremen davon, wenn Sie wiedergewählt werden? | |
Anja Stahmann: Wenn ich wiedergewählt werde, dann hat Bremen eine | |
Senatorin, die sich um den sozialen Bereich sehr kümmert, die sich ganz | |
stark dafür einsetzt, dass Geflüchtete hier gut ankommen, zur Schule gehen | |
und eine Ausbildung machen können, und dass ältere Leute selbstständig | |
leben können. Und ich möchte auch gerne etwas gegen die Einsamkeit im Alter | |
tun. | |
Was genau sind denn Ihre Aufgaben? | |
Als Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport bin ich | |
zuständig für eine große Verwaltung. Wir haben mehrere Tausend | |
Beschäftigte, einen großen Verantwortungsbereich von der Geburt bis zum | |
Tod. Ganz wichtig sind auch die Bereiche Integration und Sport, für die ich | |
seit drei Jahren verantwortlich bin – alles wie Schwimmbäder, Sportplätze | |
und Werder Bremen. Ich bin unter anderem auch im Aufsichtsrat vom | |
Weserstadion, das ist auch spannend. Und ja, ich habe ganz schön viel zu | |
tun. Man muss viel sitzen, viel reden und viel zuhören. | |
Auf welches Ihrer bisherigen Projekte sind Sie besonders stolz? | |
Ich bin stolz drauf, dass wir in den Monaten, in denen wir sehr viele | |
Menschen in Deutschland aufnehmen mussten, hier all das so gut organisiert | |
haben, dass keiner obdachlos war in Bremen. Also wir konnten jedem | |
zumindest eine Matratze und ein Dach über dem Kopf anbieten. Darauf bin ich | |
stolz. Es gibt noch viele kleinere Sachen, aber das ist eine, auf die ich | |
besonders stolz bin. | |
Sie sind jetzt seit sieben Jahren Senatorin für Soziales, und trotzdem | |
driften die Stadtteile sozial immer weiter auseinander. Was haben Sie | |
bisher dagegen getan? | |
Ich als Sozialsenatorin alleine kann nicht die Armut verändern. Wir sind | |
das Ressort, das die Teilhabe der armen Menschen an allen möglichen | |
Angeboten möglich macht. Aber wenn jemand wirklich aus der Armut | |
herauskommen muss, sind die Bereiche Bildung, Arbeit und Wirtschaft auch | |
unheimlich wichtig. Also dass man einen guten Schulabschluss macht, und | |
dass man eine Arbeit findet. Und auch, dass Kinder lernen können. | |
Früher gab es ja viele Jungendfreizeitheime, doch viele davon wurden | |
mittlerweile geschlossen. Woran liegt das? Wo sollen die Jugendlichen jetzt | |
hin? | |
Es gibt immer noch viele Jugendeinrichtungen, nicht mehr städtische | |
Jugendfreizeitheime, sondern auch Jugendeinrichtungen, die von Jugendlichen | |
selber verwaltet werden, oder eben von freien Träger. Und ich würde mich | |
freuen, wenn ich noch mehr Geld bekommen würde für diese Jugendangebote. | |
Aber ich glaube auch, dass es normal ist, dass die Angebote sich verändern. | |
Weil die Jugendlichen vor 30 Jahren auch andere Interessen hatten als die | |
von heute. Was aus meiner Sicht wichtig ist: Dass man Orte hat, an denen | |
Jugendliche sich treffen können, und dass man auch noch mal neue Angebote | |
starten kann. | |
Nutzt es Ihnen überhaupt für das Ziel der Wiederwahl, soziale Einrichtungen | |
verstärkt in ärmeren Vierteln zu fördern? Da wohnen ja nicht die typischen | |
Grünenwähler. | |
Als ich in die Politik gegangen bin, war es mir wichtig, denen eine Stimme | |
zu geben, die so nicht gesehen oder gehört werden. Meine Mutter war, da | |
mein Vater früh gestorben ist, alleinerziehend mit drei Kindern. Das hat | |
mich geprägt. Deswegen finde ich es auch wichtig, dass ich mich für Leute | |
einsetze, die wenig Geld und nicht so eine Lobby haben. Nicht alle Kinder | |
haben ja Eltern, die alles bezahlen können, und darum muss sich ja auch | |
jemand kümmern. | |
Spitzenkandidatin bei der Bürgerschaftswahl ist ja Karoline Linnert. Wären | |
Sie nicht gerne die Spitzenkandidatin? | |
Nein, ich wollte diesen Posten nicht übernehmen. Ich habe darüber | |
nachgedacht, ob ich das werden will. Ich mache gerne Politik und bin, wie | |
man manchmal sagt, eine Rampensau. Ich habe keine Angst, vor vielen | |
Menschen zu sprechen. Mir macht es auch Spaß, mich für Dinge einzusetzen. | |
Aber Spitzenkandidatin wäre ich nicht gerne geworden. Das, was ich mache, | |
gefällt mir sehr gut, aber das ist auch nur ein Job auf Zeit. | |
Bei der Bürgerschaftswahl in Bremen liegt das Mindestalter, um wählen zu | |
dürfen, bei 16 Jahren. Wären Sie dafür, das auch bei Bundestagswahlen | |
einzuführen? | |
Ja, das fände ich gut. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass das | |
Mindestalter auf 16 Jahre abgesenkt wird, weil man schon sehr früh als Kind | |
oder Jugendlicher eigene Entscheidungen trifft. Wir haben hier in Bremen | |
viele Experten zu der Frage angehört, ob Jugendliche so etwas schon | |
entscheiden können. Damals haben wir viele Argumente dafür gehört, dass | |
Jugendliche im Alter von 16 Jahren schon sehr gut solche Entscheidungen | |
fällen können. Viele sind ja der Meinung, dass sich Jugendliche zu sehr | |
beeinflussen lassen. Tatsächlich ist es aber so, dass ältere Menschen viel | |
radikaler wählen als Jugendliche. Und ich finde, es ist wichtig, dass man | |
auch junge Leute zur Zukunft fragt. | |
Eine Frage zur aktuellen Debatte um den Echo, die ja auch die Jugend | |
betrifft: Wie stehen Sie dazu, dass die beiden Rapper Kollegah und Farid | |
Bang einen Echo bekommen haben? | |
Den Text, den die beiden dort gesungen haben, finde ich nicht in Ordnung. | |
Und ich finde es auch erstaunlich, dass die dafür einen Preis bekommen | |
haben. Dass man den Preis jetzt abgeschafft hat, finde ich aber nicht die | |
richtige Lösung. Ehrlicher wäre gewesen, dass man sich öffentlich dafür | |
entschuldigt hätte, und die beiden Rapper sich noch mal Gedanken darüber | |
gemacht hätten, ob der Text in Ordnung war. Ich glaube, es ist wichtig, | |
dass man sich damit auseinandersetzt. | |
27 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Luna Groß García | |
Milan Wiese | |
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