Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hartz-IV in der WG: Keine Arbeit, kein Zimmer
> Bremens Sozialbehörde will die Mieten für Hartz-IV-Bezieher kürzen, die
> in WGs wohnen,.
Bild: Als wäre das Finden von Mitbewohner*innen nicht nervig genug: Wohnungsge…
Bremen taz | Wenn es nach Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) geht,
sollen Wohngemeinschaften weniger Unterstützung vom Jobcenter bekommen. Die
Mietobergrenze von Hartz-IV-Empfänger*innen, die in Wohngemeinschaften
leben, soll sich zukünftig nach den Sätzen für Familienmitglieder richten.
Bisher wurden die WG-Bewohner*innen wie Einzelhaushalte behandelt. Dies
geht aus einer Vorlage der Sozialdeputation der Stadtbürgerschaft hervor.
Nach einer Mitteilung des Bremer Erwerbslosenverbands werden die
Sachbearbeiter*innen aber bereits jetzt zu dieser Praxis angehalten.
455 Euro Kaltmiete zuzüglich Heizkosten und einem Zuschlag nach Stadtteilen
hält das Jobcenter für Ein-Personen-Haushalte für angemessen. Bisher durfte
die Miete bis zur Mietobergrenze für Ein-Personen-Haushalte heranreichen.
Nun soll das Jobcenter Hartz-IV-Bezieher*innen nur noch die anteilige Miete
der Familiensätze zugestehen. Die Mietobergrenze einer vierköpfigen Familie
beispielsweise liegt bei 620 Euro – für einen WG-Mitbewohner stünde somit
nur noch ein Mietanteil von 155 Euro zur Verfügung. Liegt die Miete über
der zulässigen Obergrenze, werden Mieter zunächst zu einer
Kostenreduzierung aufgefordert. Wird dem nicht Folge geleistet, wird die
Miete nur bis zur Obergrenze übernommen.
## Stoff für Diskussionen
Die Vorlage sorgt behördenintern offenbar für Diskussionen. Bereits zum
zweiten Mal wurde das Thema von der Tagesordnung genommen. „Das Problem
bedarf weiterer politischen Beratung“, erklärte Bernd Schneider,
Pressesprecher des Sozialressorts. Anlass für die Änderung der
Verwaltungspraxis sei eine Gesetzesänderung im SGB XII, die die
Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung betrifft.
Diese Gesetzgebung möchte das Sozialressort für die Arbeitslosensicherung
übernehmen. Begründen wollte Schneider den Vorstoß während der laufenden
Beratung gegenüber der taz nicht. Laut Vorlage soll verhindert werden, dass
Mehrpersonenhaushalte wie mehrere Ein-Personen-Haushalte behandelt werden.
Herbert Thomsen vom Bremer Erwerbslosenverband bezweifelt die
Übertragbarkeit der Vorschrift auf die Arbeitslosenunterstützung. Eine
Differenzierung danach, ob Hartz IV-Empfänger*innen in einer WG oder
alleine wohnen, stellt nach Urteil des Bundesverwaltungsgericht aus dem
Jahr 2008 eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung dar. Begründet wurde
das Urteil auch damit, dass der Platzbedarf von WG-Mitgliedern größer ist
als von Familienangehörigen. „Wir gehen davon aus, dass die Praxis vor den
Verwaltungsgerichten scheitern wird“, erklärt Thomsen. Er befürchtet
jedoch, dass bis zu einer gerichtlichen Klärung viele
Leistungsbezieher*innen eventuelle Bescheide akzeptieren könnten. Die
Folgen für sie entstünden dann unabhängig von der Rechtmäßigkeit.
## Hintertürchen für WGs
Eine Hintertür bleibt den Wohngemeinschaften aber: Die Mieter*Innen, die
dem Jobcenter einen Untermietvertrag über die allein genutzten Räume
vorlegen, müssten auch weiterhin wie Ein-Personen-Haushalte behandelt
werden.
Wie relevant Änderungen der Mietobergrenzen für Empfänger*innen von
Sozialleistungen sind, zeigt die Erhöhung der Mietobergrenze im März 2017.
Seitdem übernimmt das Amt um rund 20 Prozent höhere Mieten. Genutzt hat die
Erhöhung den Leistungsbezieher*innen nach Ansicht des Bremer
Erwerbslosenverbands jedoch nicht: „Die Vermietungsgesellschaften haben
blitzartig die „Preisschilder“ auf den Stand der neuen Obergrenzen
gebracht“, so die Einschätzung dort.
22 Dec 2017
## AUTOREN
Dominik Koos
## TAGS
Hartz IV
Wohnkosten
Bürokratie
Sozialpolitik
Grüne Bremen
Jobcenter
Wohngeld
Hartz IV
## ARTIKEL ZUM THEMA
Anja Stahmann über ihre Aufgaben: „Man muss viel sitzen“
Zum Zukunftstag haben zwei NachwuchsjournalistInnen für die taz die Sozial-
und Jugendsenatorin Anja Stahmann (Grüne) nach ihren Aufgaben und Ideen
gefragt.
Schuldlos wohnungslos: Räumung wegen Jobcenter
Das Jobcenter Bremen stellte widerrechtlich die Mietzahlungen für die Hartz
IV-Empfängerin Jolanda D. ein. Nun soll ihre Wohnung geräumt werden
Mietpreise in Bremen: Profite auf Staatskosten
Bremen muss viel mehr Wohngeld zahlen. Und für Hartz-IV-Empfänger gibt es
weiterhin kaum Angebote, obwohl sie jetzt mehr für Miete ausgeben können
Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Hartz-IV-Sanktionen bleiben vorerst
Karlsruhe weist eine Prüfungsvorlage des Sozialgerichts aus Gotha zurück.
Das Jobcenter darf Leistungen kürzen, wenn jemand ein Angebot ausschlägt.
Kochkurs für Arme: Mit Hartz IV zu den Sternen
Im niedersächsischen Landkreis Rotenburg gibt ein ehemaliger Spitzenkoch
Kochkurse für Arbeitslose.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.