# taz.de -- Mietpreise in Bremen: Profite auf Staatskosten | |
> Bremen muss viel mehr Wohngeld zahlen. Und für Hartz-IV-Empfänger gibt es | |
> weiterhin kaum Angebote, obwohl sie jetzt mehr für Miete ausgeben können | |
Bild: Kein Platz für Singles: In Tenever haben die Wohnungen zumeist drei Zimm… | |
Die Zahl der BremerInnen, die Wohngeld bekommen, hat sich 2016 verdoppelt – | |
im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus der Senatsantwort auf eine Kleine | |
Anfrage der Linkspartei hervor. | |
2015 wurden demzufolge 7.691 Anträge gestellt, 2016 aber schon 13.788. Die | |
meisten kommen aus der Neustadt, der Vahr, Osterholz und Gröpelingen. In | |
den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres gingen insgesamt 3.241 | |
Wohngeldanträge ein. Die Folge: Auf einen Bescheid muss man derzeit bis zu | |
fünf Monate lang warten. Der enorme Anstieg habe zwar auch mit der | |
Wohngeldreform zu tun, die 2016 in Kraft trat, konstatiert die Linkspartei, | |
trotzdem lege er offen, „wie sehr die Entwicklung von Einkommen und | |
Wohnkosten auseinanderklafft“, sagt Claudia Bernhard, Wohnungspolitikerin | |
der Linksfraktion. | |
Wie schwer es Menschen mit geringem Einkommen in Bremen gerade haben, zeigt | |
eine stichprobenartige Erhebung des Bremer Erwerbslosenverbandes (BEV). Am | |
vergangenen Wochenende enthielten die Anzeigen der örtlichen Zeitungen | |
sowie der Wohnungsbaugesellschaften Gewoba und Vonovia laut BEV lediglich | |
zwei Einzimmerwohnungen von 34 und 31 Quadratmetern Größe, die zu den | |
Konditionen des Jobcenters hätten angemietet werden können. Dieser | |
Stichprobenvergleich bestätige die Beobachtungen der letzten Wochen, so | |
BEV-Sprecher Herbert Thomsen. | |
Zwar darf seit dem Frühjahr mehr Geld fürs Wohnen ausgeben, wer Hartz IV | |
oder Grundsicherung im Alter bekommt – Single-Haushalte beispielsweise | |
können jetzt 455 statt 377 Euro Bruttokaltmiete ausgeben, also 20 Prozent | |
mehr als vorher, und zu zweit ist sind es jetzt 464 statt 428 Euro –, | |
genutzt habe das aber allein den VermieterInnen, so der BEV – zu Lasten des | |
Steuerzahlers. „Wie befürchtet, haben vor allem die Wohnungsgesellschaften | |
die Anhebung der Grenzen für eine drastische Anhebung der Mieten genutzt“, | |
sagt Thomsen. So nutze die Vonovia das knappe Wohnungsangebot, um selbst in | |
wenig begehrten Wohngebieten wie Hinter den Ellern in Hemelingen oder | |
Wohlers Eichen in Oslebshausen die Miete „sogar bis über die Obergrenzen | |
hinaus anzuheben“, so der BEV. In der Folge müssten sich fünf Personen eine | |
Drei-Zimmer-Wohnung teilen. | |
„Wir achten darauf, dass der Wohnraum der Personenzahl angemessen ist“, | |
sagt dazu ein Sprecher der Vonovia. Im übrigen verweist er darauf, dass | |
Mieterhöhungen „im gesetzlichen Rahmen“ stattfinden und „Mietanpassungen… | |
sich an der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ in Bremen orientieren. Die | |
durchschnittliche Miete bei der Vonovia in Bremen liege bei 5,30 Euro pro | |
Quadratmeter, so der Firmensprecher – der von „moderaten Preisen“ spricht. | |
Bei der halbstaatlichen Gewoba soll zwar gemäß der Firmenpolitik ein | |
Viertel aller Wohnungen „Hartz-IV-kompatibel“ sein, allerdings stammt der | |
größte Teil ihres Bestandes von 42.000 Wohnungen aus den Fünfziger- und | |
Sechzigerjahren – zumeist Dreizimmerwohnungen in der Vahr, in Osterholz | |
oder Huchting. Neu gebaut hat die Gewoba im vergangenen Jahr 260 Wohnungen, | |
105 wurden öffentlich gefördert. Seit 2012 wurden nach Firmenangaben | |
insgesamt 600 Wohnungen fertiggestellt, 2017 sollen noch mal genauso viele | |
gebaut werden. | |
Zwar sollen drei Förderprogramme des rot-grünen Senats im Wert von 120 | |
Millionen Euro jeweils 600 bis 800 neue Sozialwohnungen schaffen, doch die | |
angestrebte Quote von 350 Wohneinheiten jährlich wurde bisher deutlich | |
unterschritten. Zugleich ist der Bestand an Sozialwohnungen im Land Bremen | |
nach Angaben des Bauressorts von knapp 80.000 Sozialwohnungen im Jahr 1990 | |
auf aktuell 7.400 gesunken. | |
Die Linke fordert weiterhin den Aufbau eines gemeinwohlorientierten Sektors | |
in der Wohnungswirtschaft und den „massiven Ausbau“ von kommunalem | |
Wohnungsbestand. Außerdem sollen städtische Grundstücke zu niedrigen | |
Pachtzinsen statt meistbietend vergeben und Förderprogramme für Wohnungen | |
mit dauerhafter Sozialbindung aufgelegt werden – bisher ist die stets | |
befristet. „Vorwiegend privater Neubau allein löst die Probleme nicht“, so | |
Bernhard. „Das ist nicht zu übersehen.“ | |
Haus & Grund, die Lobby der HausbesitzerInnen sagt dagegen: „Von einer | |
Mietpreisexplosion kann in Bremen keine Rede sein.“ Der durchschnittliche | |
Quadratmeterpreis von 6,67 Euro in Bremen „sucht im Vergleich zu den | |
übrigen der elf größten Städte Deutschlands seinesgleichen“, so Haus & | |
Grund. | |
1 Aug 2017 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
## TAGS | |
Wohngeld | |
Miete | |
Hartz IV | |
Bremen | |
Schwerpunkt Armut | |
Vonovia | |
Wohngeld | |
Hartz IV | |
Heizkosten | |
Hartz IV | |
Wohnkosten | |
Hartz IV | |
Studentenwohnheim | |
Vonovia | |
Wohnungen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Überlastete Behörde in Bremen: Warten aufs Wohngeld | |
Der Stapel unbearbeiteter Anträge auf Wohngeld beim Bausenator wird kleiner | |
– aber immer noch warten Menschen seit über einem halben Jahr auf Geld. | |
Hartz IV-Mietobergrenzen rechtswidrig: Mehr Wohngeld in Bremen | |
Bremer Empfänger*innen von Sozialleistungen bekommen ab sofort etwas mehr | |
Wohngeld. Bisher wurden Mietobergrenzen rechtswidrig gedeckelt. | |
Fragwürdige Nebenkostenabrechnungen: Immer Ärger mit Vonovia | |
Wegen horrender Heizkostenabrechnungen ist die Vonovia wieder in aller | |
Munde. Der Bremer Erwerbslosenverband wirft ihr nun rechtswidrige | |
Abrechnungsmethoden vor. | |
Hartz-IV in der WG: Keine Arbeit, kein Zimmer | |
Bremens Sozialbehörde will die Mieten für Hartz-IV-Bezieher kürzen, die in | |
WGs wohnen,. | |
Urteil zu Hartz IV und Wohnungskosten: Schlechter wohnen | |
Das Bundesverfassungsgericht lehnt die Klage einer Frau ab. Diese klagte | |
auf die vollständige Übernahme ihrer Unterkunftskosten. | |
Hartz IV und Wohnkostenübernahme: Nur im unteren Preissegment | |
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Hartz-IV-Empfänger haben | |
keinen Anspruch auf die volle Übernahme von Wohn- und Heizkosten. | |
Mangel an bezahlbarem Wohnraum: Alle unter einem Dach | |
Junge Geflüchtete, Studierende und Azubis finden kaum noch Wohnungen. Durch | |
die Schaffung gemeinschaftlicher Wohnformen soll sich das ändern. | |
Abgezockte Mieter in Bremen: Wohngeld für die Dividende | |
Mieter des Vonovia-Konzerns gegen flächendeckende Mieterhöhungswelle in | |
Bremen in ehemals staatlichen Wohnungen. | |
Wohnen und zahlen: Wohn-Heuschrecke wird gegrillt | |
Zu hohe Mieten, falsche Baumaßnahmen, Lärm - AnwohnerInnen konfrontierten | |
Deutsche Annington mit ihrer Kritik | |
Kosten der Unterkunft: Schöner wohnen für Arbeitslose | |
Weil die Mieten in der Stadt gestiegen sind, will Bremen in Zukunft für | |
EmpfängerInnen staatlicher Hilfen höhere Mietkosten als bisher anerkennen. | |
mietobergrenzen: Rechtswidrig gespart | |
Manche Hartz IV-EmpfängerInnen bekamen in Bremen zu wenig Miete bezahlt, | |
sagt jetzt das Oberverwaltungsgericht. Doch profitieren kann von dem Urteil | |
nur, wer Widerspruch eingelegt hat |