| # taz.de -- Hartz IV-Mietobergrenzen rechtswidrig: Mehr Wohngeld in Bremen | |
| > Bremer Empfänger*innen von Sozialleistungen bekommen ab sofort etwas mehr | |
| > Wohngeld. Bisher wurden Mietobergrenzen rechtswidrig gedeckelt. | |
| Bild: Trotz Wohngelderhöhung: In Bremen bleibt bezahlbarer Wohnraum knapp | |
| Bremen taz | Hartz IV-EmpfängerInnen in Bremen dürfen ab heute etwas | |
| [1][mehr Geld für Miete] ausgeben. Zugleich ist nun rechtskräftig | |
| festgestellt, dass die bis 2017 geltenden Mietobergrenzen rechtswidrig | |
| waren. | |
| Die neuen Richtwerte für die Mieten liegen um etwa dreieinhalb Prozent über | |
| den bisher als „angemessen“ geltenden Unterkunftskosten (siehe Infokasten). | |
| „Es wird sich aber nicht grundsätzliches ändern“, kritisiert der Bremer | |
| Erwerbslosenverband (BEV): „Bezahlbarer Wohnraum bleibt knapp.“ | |
| Stattdessen würden nun die Gewinne der Investoren und | |
| Wohnungsgesellschaften steigen: „Die beste Rendite lässt sich mit einer | |
| Erhöhung der Mieten erzielen“, so der BEV. Zahlt die der Staat, lege der | |
| nun eben noch ein paar Euro drauf. Zudem werde die „Ghettobildung“ in | |
| Bremen gefördert: in teuren Stadtteilen zahlt das Amt zwar mehr Miete, im | |
| teuren Oberneuland aber würden nur zehn Prozent Zuschlag gewährt. „Die | |
| Reichen wollen unter sich bleiben“, sagt der BEV. | |
| Weil es in Bremen keinen Mietspiegel gibt, plant das Sozialressort für 2020 | |
| nun eine „flächendeckende Datenerhebung“ auf der Basis von „repräsentat… | |
| Stichprobenerhebungen“ bei Vermietern. Auf diese Weise will die Behörde die | |
| Frage, wie viel Miete gerade noch als „angemessen“ zu gelten hat, so | |
| beantworten, dass sie auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts | |
| standhält. Und das fordert seit 2009 von den Kommunen ein „schlüssiges | |
| Konzept“. Es muss zudem alle vier Jahre eine ganz neue Datenbasis bekommen. | |
| Das Bremer Sozialgericht hat bereits im Sommer entschieden | |
| [2][(Aktenzeichen S28 AS 1213716]), dass der behördliche Umgang mit den | |
| Mietobergrenzen zwischen 2010 und 2017 [3][rechtswidrig] war. Der Grund: Es | |
| fehlte ein „schlüssiges Konzept“, die vorgegebenen Richtwerte für Mieten … | |
| Bremen waren also nicht realistisch. | |
| Im konkreten Fall musste das Jobcenter einer Mutter, die mit ihren zwei | |
| Kindern in Blumenthal lebt, Miete nachzahlen. Rund 650 Euro bezahlte die | |
| Frau dort Anfang 2016 an Kaltmiete. Die Verwaltungsanweisung der grünen | |
| Sozialsenatorin gestand ihr aber lediglich 507 Euro Miete im Monat zu. Die | |
| Familie klagte – und bekam recht. Das Gericht legte die Zahlen aus dem | |
| Wohngeldgesetz zu Grunde – im konkreten Falle waren das 626 Euro – und | |
| gewährte zudem einen „Sicherheitszuschlag“ von zehn Prozent. | |
| Das Jobcenter legte gegen das Urteil zunächst Berufung beim | |
| Landessozialgericht ein – nahm diese aber nun zurück. Der Grund: „Die | |
| Erfolgsaussichten sind als gering einzustufen.“ Das schrieb das Ressort | |
| jüngst in der Antwort auf eine kleine Anfrage der CDU. Damit ist das Urteil | |
| nun rechtskräftig. | |
| Derzeit sind noch 129 weitere Klagen vor Gericht anhängig, bei denen es um | |
| die Frage der angemessenen Miete geht, eine überschlägige Modellrechnung | |
| des Ressorts habe ergeben, dass es um bis zu 75.000 Euro gehen könnte, | |
| zuzüglich der Verfahrenskosten. Insgesamt gab es allein seit März | |
| vergangenen Jahres 625 Widersprüche, bei denen um die zulässigen Mietkosten | |
| gestritten wird. | |
| Der Anwalt der Klägerin aus Blumenthal, Fabian Rust, geht davon aus, dass | |
| auch die seit 2017 geltende Praxis zur Decklung der Mietkosten rechtswidrig | |
| ist. „Hierzu sind bereits Klageverfahren anhängig“. Von eventuell höheren | |
| Mietzahlungen profitiert aber nur, wer Widerspruch gegen den entsprechenden | |
| Bescheid eingelegt hat. | |
| 1 Nov 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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