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# taz.de -- Urteil des Bundesverfassungsgerichts: Hartz-IV-Sanktionen bleiben v…
> Karlsruhe weist eine Prüfungsvorlage des Sozialgerichts aus Gotha zurück.
> Das Jobcenter darf Leistungen kürzen, wenn jemand ein Angebot ausschlägt.
Bild: Willste nicht alles machen? Dann darf es weniger Geld geben
Berlin taz | Dürfen Jobcenter als Sanktion Hartz-IV-Leistungen kürzen und
entziehen? Die Frage bleibt vorerst ungeklärt. Das Bundesverfassungsgericht
lehnte eine Vorlage des Sozialgerichts Gotha jetzt als unzulässig ab.
Im konkreten Fall hatte das Jobcenter Erfurt einem 1982 geborenen
arbeitslosen Lageristen eine Stelle im Lager des Internethändlers Zalando
angeboten. Im Bewerbungsgespräch sagte der Mann jedoch, er wolle lieber im
Verkauf arbeiten, und wurde von Zalando daraufhin nicht eingestellt. Das
Jobcenter kürzte ihm deshalb das ALG II um 30 Prozent.
Da der Mann noch keine Erfahrung im Verkauf hatte, gab ihm das Jobcenter
einige Monate später einen Gutschein, der ihm eine einmonatige Erprobung
bei einem Arbeitgeber im Verkauf finanzieren sollte. Davon machte der Mann
aber keinen Gebrauch. Das Jobcenter kürzte ihm das ALG II nun wegen
wiederholten Pflichtverstoßes um 60 Prozent.
Dagegen klagte der Mann beim Sozialgericht Gotha. Mit gewissem Erfolg. Das
Gericht hielt die Sanktionsmöglichkeiten des Jobcenters Erfurt generell für
verfassungswidrig und legte den Fall deshalb im Mai 2015 dem
Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Das Existenzminimum dürfe nicht
gekürzt werden, so die Gothaer Richter. Solche Sanktionen verstießen gegen
Menschenwürde und Sozialstaatsprinzip. Die Karlsruher Entscheidung war mit
Spannung erwartet worden.
Eine mit drei Richtern besetzte Kammer des Verfassungsgerichts erklärte die
Rechtsfragen nun zwar für „gewichtig“. Das Gothaer Gericht habe aber nicht
ausreichend begründet, warum es für die Lösung des Falls auf
verfassungsrechtliche Vorgaben ankomme. Möglicherweise seien die Sanktionen
des Jobcenters schon deshalb rechtswidrig gewesen, weil der Arbeitslose
nicht richtig über die drohenden Folgen einer Pflichtverletzung aufgeklärt
worden sein könnte. So habe etwa das Erfurter Jobcenter vor der zweiten
Sanktion (60 Prozent Kürzung) vor allem darüber informiert, was die Folgen
einer ersten Sanktion sind (30 Prozent Kürzung).
Das Sozialgericht Erfurt muss sich nun einen anderen Fall, mit korrekter
Rechtsfolgenbelehrung, suchen. Dann kann es die Frage, ob Hartz
IV-Kürzungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind, erneut in Karlsruhe
vorlegen. Dort liegen aber auch schon Verfassungsbeschwerden von
Betroffenen vor.
(Az.: 1 BvL 7/15)
2 Jun 2016
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Hartz IV
Bundesverfassungsgericht
Jobcenter
Hartz IV
Hartz IV
Schwerpunkt Armut
Bedingungsloses Grundeinkommen
Jobcenter
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