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# taz.de -- Regierungskrise in Spanien: Mariano Rajoy droht der Amtsverlust
> Die Sozialisten haben ein Misstrauensvotum gegen den konservativen
> Premier ins Parlament eingebracht. Am Ende könnte eine andere Partei
> profitieren.
Bild: Jetzt wird es eng für die Konservativen um Regierungschef Mariano Rajoy
Madrid taz | Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy könnte
schon in den kommenden Wochen sein Amt verlieren. Die sozialistische PSOE
hat am Freitag ein Misstrauensvotum gegen ihn ins Parlament eingebracht.
„Das ist schlecht für Spanien und schlecht für die Spanier und erzeugt nur
Unsicherheit“, sagte Rajoy vor Journalisten. Einziges Ziel sei es,
PSOE-Chef Pedro Sánchez um jeden Preis an die Macht zu bringen.
Sánchez will tatsächlich an die Macht und im Fall seines Sieges „die
politische und institutionelle Normalität, wieder herstellen, das
demokratische Leben regenerieren, und sozial dringliche Maßnahmen
einleiten.“ Sánchez wird selbst für das Amt des Ministerpräsidenten
kandidieren, und das obwohl er dem Parlament nicht angehört. Die spanische
Verfassung lässt dies zu.
Der Grund für das Misstrauensvotum: Rajoy habe jedwede Glaubwürdigkeit
verloren, nach dem das Oberste Strafgericht, die Audiencia Nacional, am
Donnerstag Rajoys konservative Partido Popular (PP) und 29 Politiker und
Unternehmer aus deren Umfeld zu insgesamt 351 Jahren Haft verurteilte.
Das Gericht sah als erwiesen an, dass die PP zwischen 1999 und 2005 zig
Millionen an Schmiergeldern kassierte und im Gegenzug Firmen bei der
Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugte. Der ehemalige Schatzmeister Luis
Bárcenas muss für 33 Jahre hinter Gitter, der Unternehmer und Chef des
Korruptionsnetzwerkes Francisco Correa für 51 Jahre.
## Rajoy verliert seinen wichtigsten Partner
Weitere PP-Politiker – darunter Bürgermeister – wurden zu 14 bis über 30
Jahre Haft verurteilt. Die PP muss 245.000 Euro Bußgeld zahlen. Rajoy
selbst hatte vergangenen Juli als Zeuge ausgesagt.
Es ist ein harter Schlag für Rajoy. Noch am Mittwoch hatte er allen Grund
zum Jubeln. Das Parlament hatte nach langem Ringen mit einer Stimme
Mehrheit den neuen Haushalt verabschiedet. Rajoy hatte damit die Grundlagen
geschaffen, bis zum Ende der Legislatur 2020 im Amt zu bleiben. Keine 24
Stunden später kam das Urteil.
Mit dem Misstrauensvotum verliert der spanische Ministerpräsident
ausgerechnet seinen wichtigsten Partner, die rechtsliberalen Ciudadanos.
Sie wollen für Sánchez stimmen, falls Rajoy nicht umgehend Neuwahlen
ausruft.
Die Partei des jungen Albert Rivera ist in den letzten Monaten in den
Umfragen gestiegen und gilt als stärkste Kraft. Sie profitiert von ihrem
harten Kurs gegen die katalanische Unabhängigkeitsbewegung.
## Sozialist Sánchez sucht Bündnispartner
Sánchez, der nur über 85 der benötigten 176 Abgeordneten verfügt, sitzt
damit in einer Zwickmühle. Will er die Stimmen der Ciudadanos, muss er wohl
bald schon Wahlen ansetzen. Bei den derzeitigen Umfragen wäre dies das Aus
für seine Träume von der Regierung. Sánchez könnte die absolute Mehrheit
auch ohne Ciudadanos erreichen, allerdings nur, wenn er von allen
Abgeordneten außer denen der PP und Cs gewählt wird.
Die linksalternative Podemos von Pablo Iglesias hat ihm die Unterstützung
zugesagt. Sánchez bräuchte allerdings auch die Stimmen der im Baskenland
regierenden Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) und vor allen der
katalanischen Parteien, die für die Unabhängigkeit ihrer Region streiten.
Die PNV hat am Mittwoch dem Haushalt zugestimmt. Ob sie jetzt ihre Meinung
ändert und Rajoy die Unterstützung versagt, muss sich zeigen.
Die katalanischen Parteien, die Demokratisch Europäische Partei Kataloniens
(PdeCAT), des in Deutschland auf seine Auslieferung wartende ehemalige
katalanische Regierungschef Carles Puigdemont, und die Republikanischen
Linken Kataloniens (ERC) um den ehemaligen Vizeregierungschef Oriol
Junqueras, der seit November in Untersuchungshaft sitzt, haben immer wieder
bekräftigt, ein Misstrauensvotum zur Ablösung Rajoys zu unterstützen. Doch
ein solches Bündnis könnte bei der derzeit aufgeheizten Stimmung bei der
Katalanenfrage der Popularität der Sozialisten schaden. Und davon würde
wiederum vor allem Ciudadanos profitieren.
25 May 2018
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
Mariano Rajoy
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