# taz.de -- Neue Regierung in Spanien: Rajoy ist abgewählt | |
> Das Parlament hat dem bisherigen Regierungschef das Misstrauen | |
> ausgesprochen. Sozialisten-Chef Sánchez ist sein Nachfolger. | |
Bild: Der Handschlag der Kontrahenten | |
MADRID taz | Das spanische Parlament hat den konservativen | |
Ministerpräsident Mariano Rajoy mithilfe eines Misstrauensvotums gestürzt. | |
[1][Nach einer zweitätigen Parlamentsdebatte] wurde der von den Sozialisten | |
gestellte Antrag am Freitagmittag von 180 der 350 Abgeordneten angenommen. | |
Damit wird der Chef der Sozialisten, Pedro Sánchez, neuer | |
Ministerpräsident. Neben den Sozialisten stimmten die Abgeordneten der | |
linksalternativen Podemos sowie mehrere regionale und nationalistische | |
Kräfte für Sánchez – darunter auch die in Katalonien regierenden | |
Separatisten. | |
169 Abgeordnete stimmten dagegen, einer enthielt sich. Außer Rajoys PP | |
folgten zwei kleinere rechte, regionale PP-Ableger sowie die rechtsliberale | |
Partei Ciudadanos dem Misstrauensantrag nicht. Ciudadanos liegt derzeit in | |
den Umfragen auf Platz 1 und hätte daher gerne Neuwahlen gesehen. | |
„Es war mir eine Ehre, Regierungschef gewesen zu sein, und Spanien besser | |
hinterlassen zu haben als ich es vorgefunden habe“, verabschiedete sich | |
Rajoy. Dem Konservativen war das harte Urteil in einem Prozess wegen | |
Korruption und illegaler Finanzierung seiner Partido Popular (PP) zum | |
Verhängnis geworden. Der nationale Strafgerichtshof hatte die Partei in der | |
vergangenen Woche wegen Verwicklung in den Skandal zu einer Geldbuße von | |
245.000 Euro verurteilt. Mehrere frühere Parteimitglieder erhielten teils | |
langjährige Haftstrafen. Sánchez begründete den Misstrauensantrag mit | |
„demokratischer Hygiene“. | |
Übers Wochenende muss Rajoy jetzt die Koffer packen. König Felipe VI. wird | |
seinen siegreichen Kontrahenten Sánchez in den kommenden Stunden zum neuen | |
Regierungspräsidenten ernennen. Anfang kommender Woche wird der Sozialist | |
dann sein Kabinett vorstellen und vereidigen lassen. | |
## Eher keine Koalition mit Podemos | |
Es ist davon auszugehen, dass Sánchez das Angebot von Podemos-Chef Pablo | |
Iglesias ablehnt, eine Koalitionsregierung zu bilden, die statt 84 | |
Abgeordnete dann 151 hinter sich hätte. Die linksalternative Podemos mit 67 | |
Abgeordneten ist die größte Partei, die neben den Sozialisten für Sánchez | |
stimmten. Rajoy verfügt über 135 Abgeordnete und wurde von Ciudadanos mit | |
ihren 32 unterstützt. | |
Leicht wird es für den Sozialisten mit einer so schmalen Hausmacht von 84 | |
Abgeordneten nicht. Das Sammelsurium, das ihn an die Regierung brachte, hat | |
inhaltlich nur wenig gemein. Immerhin muss Sánchez keinen Haushalt | |
verabschieden. Er wird, so hat er versprochen, den von Rajoy vor weniger | |
als zwei Wochen mühsam durchs Parlament gebrachten Etat beibehalten, auch | |
wenn der von Sozialisten und Podemos als „unsozial“ abgelehnt worden war. | |
Auch Podemos-Chef Iglesias ist damit einverstanden. „Wir werden essen, was | |
uns aufgetischt wurde, aber bei diesem Essen werden keine Korrupten mit am | |
Tisch sein“, erklärte er. | |
Von einer sofortigen Neuwahl will Sánchez nichts wissen. Er werde | |
irgendwann Wahlen ansetzten, aber wann, darüber schweigt er sich aus. Die | |
Legislatur geht erst im Spätjahr 2020 zu Ende. Sánchez will zuerst einmal | |
regieren, denn die Sozialisten liegen derzeit bei den Umfragen deutlich | |
hinter Ciudadanos und gleichauf mit Podemos. Nur die PP Rajoys schneidet | |
noch schlechter ab. Sánchez erhofft sich wohl, dies mit guter | |
Regierungsarbeit zu ändern. | |
Der Sozialist will „den Dialog zur Form der Politik machen“. Sein Ziel ist, | |
die „Stabilität zurückzugewinnen“, die „demokratische Erneuerung“, die | |
„Vorgaben Europas zu erfüllen“ aber auch „sozial dringliche Maßnahmen�… | |
ergreifen. Vorbild könnte dabei das benachbarte Portugal sein. Dort regiert | |
mit António Costa ebenfalls ein Sozialist in Minderheit mit Unterstützung | |
anderer linker Parteien. Costa hat die harte Sparpolitik seines | |
konservativen Vorgängers aufgeweicht und damit deutlichen Erfolg. Wenn es | |
um die europäischen Vorgaben geht, steht Portugal besser da als Spanien. | |
1 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Regierungskrise-in-Spanien/!5506925/ | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
Spanien | |
Mariano Rajoy | |
Pedro Sánchez | |
Partido Popular | |
Spanien | |
Katalonien | |
Spanien | |
Spanien | |
Spanien | |
Katalonien | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Spaniens Regierungswechsel: Vergeltung statt Verantwortung | |
Die aus der Regierung verbannte Partido Popular verzockt nicht nur ihre | |
Glaubwürdigkeit in Spanien, sondern auch die des Landes in der EU. | |
Debatte Regierungswechsel in Madrid: Spaniens neue bunte Mehrheit | |
Die Koalition für den neuen sozialistischen Präsidenten Pedro Sánchez ist | |
so vielfältig wie das Land. Dieses muss sich neu definieren. | |
Neue Regionalregierung in Katalonien: Verhandlungsbereit mit Madrid | |
Kataloniens Ministerpräsident Quim Torra hat sein Kabinett vorgestellt. Die | |
Separatisten setzen nun auf den neuen Chef der spanischen Zentralregierung. | |
Kommentar Regierungswechsel in Madrid: Spanien muss neu gedacht werden | |
Pedro Sánchez hat den korrupten Regierungschef Rajoy aus dem Amt gekickt. | |
Nun muss er per Minderheitenregierung das zerrissene Land einen. | |
Regierungskrise in Spanien: Die Abwahl Rajoys rückt näher | |
Medien zufolge gibt es eine Mehrheit für das Misstrauensvotum gegen | |
Spaniens Regierungschef. Ob Rajoy freiwillig zurücktritt, ist fraglich. | |
Regierungskrise in Spanien: Mariano Rajoy droht der Amtsverlust | |
Die Sozialisten haben ein Misstrauensvotum gegen den konservativen Premier | |
ins Parlament eingebracht. Am Ende könnte eine andere Partei profitieren. | |
Kommentar Zukunft Kataloniens: Jetzt ist Europa gefragt | |
Die Wahl des Separatisten Joaquim Torra zeigt: Spanien kommt so schnell | |
nicht zur Ruhe. Die Zukunft Kataloniens ist längst ein europäisches | |
Problem. |