# taz.de -- Kritik an der CSU im bayerischen Landtag: Das Kreuz mit dem Extremi… | |
> Die CSU findet, die Opposition sei zu extremismusnah, die Grünen | |
> kritisieren den Missbrauch des Kreuzes. Im Landtag holt sich die CSU zwei | |
> Klatschen ab. | |
Bild: Wollte unbedingt zusammenhalten: die CSU | |
Berlin taz | Die CSU ist unter Druck. Erst kürzlich musste sie nach breitem | |
Protesten ihr geplantes Psychiatriegesetz entschärfen, weil es an vielen | |
Stellen psychisch kranke Menschen wie Straftäter behandelte. Zugleich gibt | |
es noch immer Proteste gegen eine Verschärfung des Polizeigesetzes wie auch | |
gegen eine Verordnung der Regierung, in jeder Behörde ein Kreuz | |
aufzuhängen. Beide Themen kochten nun auch im Landtag hoch, wo einerseits | |
die CSU und andererseits die Grünen [1][Dringlichkeitsanträge einbrachten]. | |
Klar wurde im Landtag, dass die CSU ob des großen Protestes gegen das neue | |
Polizeiaufgabengesetz (PAG), das eine [2][massive Ausweitung polizeilicher | |
Befugnisse vorsieht], sich politisch verteidigen wollte. Dem Antrag zufolge | |
sollte das Parlament Befremden darüber äußern, dass SPD, Grüne und FDP im | |
Bündnis „NoPAG“ sind, an dem auch angeblich extremistische Organisationen | |
beteiligt sind. | |
In dem Bündnis machten SPD, Grüne und FDP „gemeinsame Sache mit | |
Linksextremisten, mit Gegnern unserer freiheitlich-demokratischen | |
Grundordnung“, so der CSU-Abgeordnete Thomas Kreuzer. Als Gegenbeispiel | |
brachte er eine Überlegung, die zeigt, in wessen Nähe er seine eigene | |
Partei ideologisch verortet: „Welcher Aufschrei würde durch dieses | |
Parlament gehen, wenn die CSU sich in einem Bündnis mit der AfD oder sogar | |
rechtsextremen Gruppen, wie der NPD engagieren würde?“ | |
Die Gruppen, um die es der CSU geht: die Linksjugend Solid, DKP, der Bund | |
der AntifaschistInnen VVN-BDA, der Arbeiterbund zum Wiederaufbau der KPD | |
und die Rote Hilfe eV. Während diese tatsächlich [3][im bayerischen | |
Verfassungsschutzbericht vorkommen], werden sie dort – wie bei der DKP oder | |
dem Arbeiterbund – als bedeutungslos dargestellt, beziehungsweise dürfte in | |
Frage gestellt werden, warum sie überhaupt vorkommen. So ist Bayern das | |
einzige Bundesland, das den Bund der AntifaschistInnen überhaupt noch | |
nennt, weil er einen „kommunistischen Antifaschismus“ betreibe, und wird | |
deshalb vom VVN-BDA verklagt. | |
Die Opposition spielte den Ball zurück. Der SPD-Abgeordnete Florian Ritter | |
sagte, ein solcher Antrag von der CSU sei absurd, da die Partei „Haltung, | |
Forderungen, Wortwahl und Kampagnen [kopiere], die man vor zwei Jahren noch | |
in den Pegida-Filterblasen vermutet hätte“. Andererseits bezeichne die CSU | |
Viktor Orbán, „der die plurale Verfassung Ungarns untergräbt, als guten | |
Freund und Partner“. | |
Die Freie-Wähler-Abgeordnete Eva Gottstein und die Grüne Katharina Schulze | |
verwiesen darauf, dass in dem „NoPAG“-Bündnis auch Gewerkschaften, | |
Journalistenverbände und Anwaltsvereine organisiert sind. Die CSU | |
„diskreditiere den breiten zivilgesellschaftlichen Protest“, so Schulze. | |
„Bringen Sie nicht so sinnlose Gesetze ein, dann muss man auch nicht | |
dagegen demonstrieren.“ Zudem habe sich die CSU selbst gemeinsam mit dem | |
VVN-BDA gegen ein Bürgerbegehren der rechtsextremen Partei „Die Freiheit“ | |
engagiert. | |
## Grundgesetz statt Kreuz | |
Kurz zuvor holte sich die bayerische Regierungspartei eine weitere Runde | |
Kritik ab, nachdem Ministerpräsident Markus Söder angeordnet hatte, dass | |
alle bayerischen Behörden ein Kreuz aufhängen sollten und dazu sagte, dass | |
dieses kein religiöses Symbol sei, sondern ein kulturelles. Der Antrag der | |
Grünen forderte den Landtag auf, den Missbrauch religiöser Symbole zu | |
missbilligen. | |
Die CSU verletze nicht nur den Geist der Verfassung, so Grünen-Abgeordnete | |
Katharina Schulze, sie spalte die Gesellschaft, säe Unfrieden und | |
missbrauche ein christliches Symbol. „Ihre Botschaft an alle, die keiner | |
christlichen Kirche angehören, lautet: So richtig gehört ihr nicht dazu“, | |
so Schulze. „Die Botschaft an alle, die einer christlichen Kirche | |
angehören, lautet jetzt wie folgt: Das Kreuz ist nicht mehr ein Symbol | |
eures Glaubens, es ist jetzt auch ein politisches Symbol.“ | |
Die CSU-Abgeordneten waren darauf bedacht, die Worte Söders zurückzunehmen, | |
das Kreuz sei doch ein religiöses Symbol und es gäbe kein Problem, das | |
Symbol einer Mehrheitsreligion auch aufzuhängen. „Sie sind | |
religionsfeindlich, wollen einen laizistischen Staat und Sie möchten Bayern | |
zur religionsfreien Zone machen“, sagte der CSU-Abgeordnete Markus Blume. | |
Im übrigen würden sich sowohl die bayerische Verfassung als auch das | |
Grundgesetz auf Gott beziehen. | |
## CSU gewinnt trotzdem | |
Die SPD-Abgeordnete Diana Stachowitz kritisierte, dass das Kreuz nicht für | |
die „Grundwerte der Rechts- und Gesellschaftsordnung eines Landes“ stehe, | |
sondern das Grundgesetz garantiere andersherum die Religionsfreiheit. Der | |
Freie-Wähler-Abgeordnete Florian Streibl befürwortete die Aufhängung der | |
Kreuze, kritisierte aber die penetrante Inszenierung durch Söder: „Unter | |
dem Kreuz wurde viel Unrecht gemacht. Von soher sollte man als Staat, immer | |
sehr vorsichtig sein, was man damit tut. Es sollte einen eher mahnen und | |
zur Vorsicht und Umsicht anleiten, aber nicht zu Großmannssucht und zum | |
Darstellen der eigenen Person.“ | |
Zumindest formell gewann die CSU am Ende dann doch: Der Antrag der CSU zum | |
Extremismus wurde angenommen, der der Grünen zum Kreuz abgelehnt. Dank der | |
CSU-Mehrheit im Landtag. | |
27 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www1.bayern.landtag.de/lisp/anzeigen#TOP29633 | |
[2] /Seehofers-neues-Gesetz/!5499809 | |
[3] http://www.verfassungsschutz.bayern.de/mam/anlagen/verfassungsschutzbericht… | |
## AUTOREN | |
Lalon Sander | |
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