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# taz.de -- AfD und Frauenrechte: Frauendemo mit Männerüberschuss
> AfD-Politiker*innen veranstalteten in Delmenhorst einen „Frauenmarsch
> gegen sexuelle Gewalt“. Mitmarschiert sind vor allem Männer – und
> Neonazis.
Bild: Durften immerhin vorne die Plakate tragen: Frauen beim AfD-Frauenmarsch
HAMBURG taz | In Sachen Kreativität haben sich die Teilnehmer*innen der
Demo in Delmenhorst am Samstag nicht gerade verausgabt: „Wer Deutschland
nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ und „Merkel muss weg“.
Standardparolen, die Rechtsextremisten in vorhersehbarer Häufigkeit
Gegendemonstranten entgegenbrüllen, waren auch auf den Straßen von
Delmenhorst zu hören.
Kein NPD-Anhänger hatte den Marsch angemeldet, sondern ein AfD-Mitglied:
Ina Raabe verantwortet den vermeintlichen „Frauenmarsch gegen sexuelle
Gewalt“. Rund 100 Teilnehmer waren dem Ruf in die niedersächsische Stadt
nahe Bremen gefolgt, darunter auch einige Neonazis aus der Region. Die
Mehrheit waren Männer. Über 250 Demonstrant*innen setzten ein Zeichen
dagegen.
Kurz nach 14 Uhr startete die Veranstaltung am Wollelager. „Kandel ist
überall“ stand auf dem Transparent an der Spitze des Marsches. Neun Frauen
trugen die Botschaft, die an einen Mordfall Ende 2017 in Rheinland-Pfalz
erinnert. Seit der Ermordung eines 15-jährigen Mädchen durch einen
20-jährigen Afghanen versuchen verschiedene rechte Organisationen, das
Drama politisch zu nutzen. Auch die Demo-Teilnehmer*innen in Delmenhorst:
„Jetzt ist Schluss mit der Messerstecherei“, skandierte der Tross.
Der niedersächsische Vorsitzende der AfD-Jugend Junge Alternative, Lars
Steinke, heizte über ein Megaphon die Stimmung an. Die selbsternannte
AfD-Frauenrechtlerin Leyla Bilge schrie einen Gegendemonstranten an, der
sein Kind dabei hatte: „Sie sind eine Schande, schämen Sie sich, mit einem
Kind zur Demo zu kommen“, und übersah dabei die Kleinkinder in den eigenen
Reihen.
AfD-Prominenz wie der Bundestagsabgeordnete Dietmar Friedhoff, der Bremer
Abgeordnete Alexander Tassis und die Delmenhorster Ratsherren Lothar
Mandalka und Holger Lüders marschierten Seite an Seite mit Anhängern der
Neonazi-Gruppe „Blood Brother Nation“ und „Querschläger Vechta“, die z…
„Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) zählen. Bei einem prangte die
rassistische Parole „White Power“ auf dem Shirt
Als Ordner hatten die Organisatoren gar einen „Supporter“ der Rockergang
Hells Angels ausgewählt, er trug die „81“ gut sichtbar. Auch die
Frauengruppe der extrem rechten Identitären Bewegung „120 db“ war
vertreten.
Pöbeleien vonseiten der Marschteilnehmer*innen schienen nicht zu stören.
Einer der Neonazis bedrohte gleich am Startpunkt den Präventionsexperten
und freien Referenten Sebastian Ramnitz, der den Aufmarsch dokumentierte:
„Ich komme vorbei, hast du mich verstanden. Ich mache dich fertig.“ Kein
Polizist war in der Nähe. Die Beamten konzentrierten sich voll und ganz auf
den Protest an den Straßen des Wohngebietes, welches die Rechten
durchquerten.
Eine antifaschistische Blockade wurde wenig zimperlich sofort geräumt. Am
Busbahnhof ging die Polizei dann besonders rüde vor. Die Beamten machten
regelrecht Jagd auf junge Protestierer. Ein junger Mann, der am Rand stand,
wurde derartig geboxt, dass er auf den Boden schlug.
Lisa Theophil, Sprecherin der Linksjugend solid, nutzte kurzerhand die
Gelegenheit und stellte sich allein dem Fronttransparent entgegen. Eine der
rechten Frauen stürzte herbei und schlug der 25-Jährigen in den Bauch, wie
Theophil berichtet. Hinzueilende Polizisten nahmen die Angegriffene in den
Schwitzkasten, um sie wegzuziehen. Ruhig forderten Gegengendemonstranten
die Beamten auf: „Lasst sie los“, doch auch die wurden weggeschubst.
## Rüder Polizeieinsatz
Ein Video zeigt dieses Geschehen. Lisa Theophil sagt, die Luft sei ihr kurz
weggeblieben, ihr sei schwindlig geworden. Doch ein weiterer Polizist boxte
sie von hinten und schrie, sie solle verschwinden.
Die Polizei Delmenhorst selbst bezeichnet den Verlauf der Veranstaltung als
„friedlich“. Lediglich von einzelnen „kleineren Rangeleien“ zwischen den
Gegendemonstranten und den Einsatzkräften ist in einer Pressemitteilung die
Rede. Und von einem Polizisten, der von einer „bislang unbekannten Person“
getreten wurde.
Vor dem „Frauenmarsch“ hatte ein Delmenhorster Bündnis zum Gegenprotest
ausfgerufen. „Die AfD benutzt die Rechte der Frauen, um ihrem Hass gegen
Migranten und Muslime freien Lauf zu lassen. Sexualisierte Gewalt ist aber
kein Migrantenprivileg“, sagt Teophil. Yadigar Polat vom Friedensforum
Delmenhorst erklärt: „Gewalt gegen Frauen hat weder Herkunft noch Religion
und darf keiner Volksgruppe zugeordnet werden.“ Der SPD-Landtagsabgeordnete
Deniz Kurku warnt: „Es geht einfach nur darum, zu hetzen und einfache
Lösungen darzubieten.“ Weitere rechte „Frauenmärsche“ in Delmenhorst si…
angekündigt.
7 May 2018
## AUTOREN
andrea Röpke
Andreas Speit
## TAGS
AfD Niedersachsen
Schwerpunkt Neonazis
Sexuelle Gewalt
Frauenrechte
Merkel muss weg
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Schwerpunkt Rassismus
Alice Weidel
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