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# taz.de -- Seehofers Regierungserklärung: Weißwurscht im Bundestag
> Der Heimatminister hat viel polarisiert. Bei seiner Regierungserklärung
> verkündet er nun, die Gesellschaft zusammenführen zu wollen.
Bild: Geschafft: Seehofer am Freitag nach dem Ende seiner einstündigen Erklär…
Berlin taz | Auf seine erste Rede im Bundestag war der neue Innenminister
Horst Seehofer (CSU) nicht angewiesen, um sich ins Gespräch zu bringen.
Sein via Bild geäußerter Satz, [1][der Islam gehöre nicht zu Deutschland],
hatte bereits die gesamte Woche die Debatten bestimmt. Davon
augenscheinlich unbeirrt verkündete Seehofer am Freitagmorgen in seiner
Regierungserklärung, sein Ziel sei, „gesellschaftlicher Polarisierung
entgegenzuwirken und Menschen zusammenzuführen“.
Er wolle „Tempo machen“ in seinem Ministerium und noch vor der Sommerpause
die wichtigsten Vorhaben auf den Weg bringen. Diese benannte er eher vage:
Sicherheit müsse „flächendeckend in ganz Deutschland“ gelten, Migration
„gesteuert und begrenzt“ sowie der soziale Friede „gemeinsam und
integrativ“ hergestellt werden.
Zur Konkretisierung betete Seeehofer im Wesentlichen innenpolitische
Eckpunkte des Koalitionsvertrags herunter: Ein Polizeigesetz auf
Bundesebene, Ausbau des Bundeskriminalamts sowie der Videoüberwachung, mehr
Datenaustausch auf europäischer Ebene. Als „Masterplan Integration“
bezeichnete Seehofer seine Vorhaben, Zuwanderung zu begrenzen, schneller
abzuschieben und „keine sozialromantischen Vorstellungen“ in Bezug auf
straffällig gewordene Asylbewerber und sogenannte Gefährder gelten zu
lassen.
Der Innenminister bekräftigte außerdem seine Ankündigung, die Kontrollen an
den deutschen Außengrenzen aufrecht zu erhalten, wenn nicht sogar zu
verstärken. Dies müsse vor allem mit „intelligenten Maßnahmen“ geschehen,
die er allerdings nicht weiter spezifizierte.
## Widerstände gegen Großlager
Zur Umsetzung seiner „integrationspolitischen“ Vorhaben setze er vor allem
auf die sogenannte Ankerzentren: Zentrale Großlager für Asylbewerber, in
denen diese für die gesamte Dauer ihres Verfahrens bleiben sollen. Bisher
gibt es zwei dieser Zentren in Bayern, Seehofer sähe sie gern in jedem
Bundesland – wie das umgesetzt werden soll, ist aber noch völlig unklar,
mehrere Länder haben bereits Widerstände gegen diese Pläne angekündigt.
Auf das ebenfalls zu seinem Ministerium gehörende Bauressort ging Seehofer
nur kurz ein, bezeichnete die Frage der Mietenentwicklung aber als „das
soziale Problem heute und für die Zukunft“.
In den ideologisch aufgeladenen Debatten um das neue Heimatressort schlug
er verhältnismäßig versöhnliche Töne an: Bei Heimat gehe es „schlicht und
einfach um Zusammenhalt und Geborgenheit“. Auch gehöre „null Toleranz
gegenüber Hassparolen gegen Andersdenkende und Andersgläubige“ zu seinem
Programm.
## Grüner kritisiert „Weißwurschtbude“
Die Reaktionen der Innenpolitiker anderer Parteien auf Seehofers Erklärung
fielen erwartungsgemäß unterschiedlich aus: Während der Grünen-Abgeordnete
Konstantin von Notz dem CSUler vorwarf, aus dem Innenministerium eine
„kleinkarierte Weißwurschtbude“ machen zu wollen, beschwerte sich der
AfD-Scharfmacher Gottfried Curio darüber, dass Deutschland überhaupt
Menschen Asyl gewähre.
Im Politikersport, den Islam per Ein-Satz-Aussage in Deutschland herein
oder aus Deutschland heraus zu definieren, wurde sich auch an diesem
Vormittag eifrig geübt. Insbesondere von Notz sowie der FDP-Mann Marco
Busche kritisierten Seehofer für seine Äußerung, während AfD-Curio mit
Koranzitaten um sich warf, um die angebliche Menschenfeindlichkeit des
Islams zu belegen.
23 Mar 2018
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Malene Gürgen
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