| # taz.de -- Kommentar Neurechte Verlage: Jede Diskursverschiebung ist ein Sieg | |
| > Rechtsautoritäre folgen dem simplen Konzept: Macht erlangt man durch | |
| > kulturelle Hegemonie. Das wollen sie auch bei der Leipziger Buchmesse. | |
| Bild: Mit Rechten reden? Das Bedürfnis, eine Antwort auf die Frage zu finden, … | |
| Das Konzept, dem rechtsautoritäre Akteure und neurechte Verlage folgen, ist | |
| frei nach dem italienischen Marxisten Antonio Gramsci: Man erlangt | |
| politische Macht durch kulturelle Hegemonie. Jede Diskursverschiebung ist | |
| deshalb ein kleiner Sieg. | |
| Wenn jetzt der rechtskonservative Schriftsteller [1][Uwe Tellkamp mit | |
| seiner dunklen Vision einer Repressionsmaschine] bei einer Diskussion in | |
| Dresden viel Applaus erntet und ein völkischer Akteur wie der Verleger und | |
| Vernetzer Götz Kubitschek lauten Beifall einsammelt, als er fordert, der | |
| Riss durch die Gesellschaft müsse noch tiefer werden, dann haben neurechte | |
| Ideologen schon eine gute Strecke im Kampf um kulturelle Hegemonie | |
| zurückgelegt. | |
| Was Neurechte bei der Buchmesse wollen, ist deshalb nicht weiter | |
| geheimnisvoll. Es geht nicht um eine pluralistische Auseinandersetzung. | |
| Demokratie findet anderswo statt. Ein Dialog mit ihnen nützt deshalb weder | |
| der Demokratie noch dem Pluralismus. Der ist, als Chiffre für Toleranz, | |
| Liberalität und Universalismus, doch gerade ihr Feindbild. Mit solchen | |
| Rechten reden? Nein. Sollte man stattdessen über sie reden? | |
| [2][Auf der Frankfurter Buchmesse gab es eindeutig keine, zumindest keine | |
| effektive Strategie.] Das Bedürfnis aber, eine Antwort auf die Frage des | |
| Umgangs mit Rechtspopulisten und Neuen Rechten zu finden, ist groß. Die | |
| Frage weist über die Buchmesse hinaus. Über diese Rechten reden. Ja, aber | |
| bitte in Maßen. | |
| ## Kontinuität der Bewegung | |
| Die neurechte Diskursverschiebung in der vereinigten Republik ist alt. In | |
| den 90ern hatte sich ein Netzwerk in Medien und Politik schon einmal an der | |
| Restauration des Nationalen versucht. Die Situation schien günstig. | |
| Ideologische Bezüge, die man heute bei völkischen Rechten findet, waren | |
| alle schon da, ob bei Carl Schmitt, Armin Mohler oder Alain de Benoist. An | |
| Thinktanks wie Kubitscheks IfS kann man darüber hinaus eine Kontinuität der | |
| Bewegung ablesen. Aber vor 25 Jahren hat das alles noch nicht recht | |
| gezündet. Jetzt schon. | |
| Neurechte und Altnationalisten, sei es aus dem Kubitschek’schen Schnellroda | |
| oder aus einem anderen völkischen Unterholz haben jetzt einen | |
| Anknüpfungspunkt gefunden. Es gibt viele diverse Erklärungsansätze für das, | |
| was mit unserer Gesellschaft passiert. Man bewegt sich in einem Korridor | |
| zwischen Abstiegsangst und Überforderungen, Abwehrreflexen gegenüber einer | |
| sehr großen Zahl als Bedrohung empfundener Flüchtlinge, Identitätssuche als | |
| Folge von Singularisierung und dem soziokulturellen Entfremdungsprozess | |
| zwischen transnationalen Eliten und im nationalen Zusammenhang abgehängten | |
| Bürgern. | |
| Rechte Provokateure und Provokateurinnen zu ignorieren oder so gut wie | |
| möglich abperlen zu lassen, heißt auf der anderen Seite, mit jenen das | |
| Gespräch zu führen, für die der nationalistische Diskurs etwas Richtiges | |
| ausdrückt. Das heißt auch, missliebige und Abscheureflexe auslösende Fragen | |
| selbst zu stellen. Es dürfte keine allzu große Schatzsuche werden, die | |
| entsprechenden Themen zu finden. Derzeit wird viel gefordert, die | |
| Differenzen auszuhalten und den Dialog zu führen. Ja, diesen Dialog | |
| brauchen wir – und zwar viel schmerzhafter als bislang. | |
| 14 Mar 2018 | |
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| Barbara Junge | |
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