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# taz.de -- Gutachten Bundesverband der Industrie: Klimaschutz, solange er nich…
> Eine Reduzierung von 80 Prozent CO2 bis 2050 hält der Industrieverband
> für machbar. 95 Prozent seien aber ohne internationale Hilfe „zu
> ambitioniert“.
Bild: Im November demonstrierten Aktivisten für den Kohleausstieg
Berlin taz | Klimaschutz ist für die deutsche Wirtschaft machbar und
bezahlbar, solange er nicht ernsthaft versucht, das Pariser Abkommen
umzusetzen. Das ist das Fazit des umfangreichen Gutachtens „Klimapfade für
Deutschland“, das der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) am
Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Demnach ist eine Reduktion von 80
Prozent der Treibhausgase bis 2050 mit jetziger Technologie und für die
gesamte Volkswirtschaft ohne Wachstumsverluste zu erreichen. Das
ehrgeizigere Ziel von 95 Prozent Reduktion allerdings nennt der BDI
„überambitioniert“; es sei nur zu erreichen, wenn alle wichtigen
Industrieländer mitziehen.
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, im Jahr 2050 die Emissionen
von Klimagasen um „80 bis 95 Prozent gegenüber 1990“ zu reduzieren. Nach
dem Pariser Klimaabkommen müssten die Industrieländer sogar schon vor 2050
sogar bei 100 Prozent Reduzierung sein, um weltweit den Klimawandel auf 1,5
oder 2 Grad zu begrenzen. Ob und wie diese Absicht überhaupt umzusetzen
ist, hat sich der BDI nun von den Unternehmensberatungsfirmen Boston
Consulting Group und prognos errechnen lassen. Fast ein Jahr lang haben 200
Experten aus 68 Verbänden und Unternehmen in 40 Workshops diskutiert.
Ihr Ergebnis: Mit der bisherigen Politik landet Deutschland nur bei 61
Prozent Minus. Wolle Deutschland die 80-Prozent-Marke erreichen, müssten
über die nächsten 35 Jahre 1.500 Milliarden Euro zusätzlich investiert
werden, etwa in neue Kraftwerke, Industrieanlagen oder Gebäude-Dämmungen.
Das sei mit bestehenden Technologien zu machen und bringe Mehrkosten von
jährlich etwa 15 Milliarden Euro, die aber über eingesparte Energiekosten
und neue Märkte ausgeglichen werden könnten. Für das 95-Prozent-Ziel würden
2.300 Milliarden an Investitionen benötigt, die zu 30 Milliarden Mehrkosten
im Jahr führten, hat das Gutachten erbracht. Deshalb seien 95 Prozent mit
100 Prozent erneuerbaren Energien in Strom, Wärme und Industrie und mit 31
Millionen E-Autos ein „gesellschaftlich und technischer Kraftakt und nur in
globalem Konsens vorstellbar“, heißt es.
„Klimaschutz braucht einen Investitionsturbo“, meinte BDI-Präsident Dieter
Kempf. Voraussetzung für das Engagement im Klimaschutz sei aber, dass die
Probleme gelöst würden und der „Schlingerkurs“ in der Klimapolitik ende:
Die „hohen Strompreise für die Industrie, nur zwei Prozent der
BDI-Unternehmen sind von den Belastungen befreit“, das „Schneckentempo bei
der Gebäudesanierung“ und eine fehlende politische Strategie für die
Mobilität. Vor allem will die Industrie den Schutz gegen billige Konkurrenz
im Ausland und freie Hand: Ein Klimaschutzgesetz, wie es die neue GroKo in
den Sondierungen festgelegt hat, lehnte Kempf ebenso ab wie harte
Klimaschutzziele für einzelne Jahren und Sektoren (Verkehr, Industrie etc).
„Unflexible Sektorziele, Technologieverbote wie beim Verbrennungsmotor oder
planwirtschaftliche Instrumente wie eine E-auto-Quote sind der falsche
Weg“.
Der Deutsche Naturschutzring DNR begrüßte, dass sich der BDI „einem
ambitionierten Klimaschutz stellt“. Allerdings zeige die Studie, dass der
Dachverband gespalten sei in progressive Unternehmen und
Klimaschutz-Bremser. Positiv seien etwa die Forderungen nach besserer
politischer Rahmensetzung und Förderung des Schienenverkehrs, auch zarte
Hinweise auf einen höheren CO2-Preis findet der DNR. Allerdings „eiert das
Lobbypapier leider an vielen Stellen herum“, erklärte DNR-Präsident Kai
Niebert. Auch Andree Böhling von Greenpeace sagte, der BDI fordere zu Recht
Planungssicherheit in der Energiepolitik. „Wenn sogar der BDI
unterstreicht, dass Ökonomie und Ökologie Hand in Hand gehen, verlieren die
reaktionären Kräfte bei Union und SPD auch das letzte Argument gegen
ehrgeizigen Klimaschutz.“
18 Jan 2018
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
CO2-Emissionen
Schwerpunkt Klimawandel
BDI
Abgase
Schwerpunkt Klimawandel
Jochen Flasbarth
Lesestück Recherche und Reportage
IPCC
Pariser Abkommen
Lesestück Meinung und Analyse
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