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# taz.de -- Umgang mit Judenfeindlichkeit in Bremen: Anonyme Antisemiten
> Antisemitische Straftaten sollen in Bremen künftig genauer erfasst
> werden. Allzu genau will die Regierung es aber lieber auch nicht wissen,
> zeigt eine aktuelle Senatsvorlage.
Bild: Häufig unterhalb der Strafbarkeitsschwelle: Anti-Israel-Demonstration in…
Bremen taz | Der Witz an einer Statistik ist üblicherweise, dass man ihr
auch etwas entnehmen kann: Daten werden erhoben, um sie zu analysieren. Das
funktioniert allerdings nicht überall: Die polizeilichen Statistiken zu
antisemitischen Straftaten etwa sind kaum zu gebrauchen. Denn erfasst
werden solche Straftaten bislang unter der Rubrik „Politisch motivierte
Kriminalität rechts“ (PMK-rechts). Antisemitismus gibt es aber nicht nur
rechts. Es gibt ihn unter Linken, es gibt ihn unter Islamisten, [1][es gibt
ihn in der Mitte der Gesellschaft].
In Deutschland sind verschiedenen Studien zufolge antisemitische Denkmuster
bei etwa 20 Prozent der Bevölkerung verbreitet. Sie werden häufig unterhalb
der Strafbarkeitsebene sichtbar werden: „Es gibt einen Graubereich von
unterschwelligen, antisemitischen Strömungen in Teilen unserer
Gesellschaft, gegen die man mit Mitteln der Polizei nicht ankommt,“ sagte
dazu im vergangenen Jahr der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer (SPD).
Um überhaupt mal auf eine vernünftige Datenbasis zu kommen, auf der der
Antisemitismus wirksam bekämpft werden kann, sollen die Sicherheitsbehörden
antisemitische Straftaten in Bremen künftig besser erfassen. Den
entsprechenden Beschluss, dem ein fraktionsübergreifender Antrag von SPD,
Grünen, CDU, FDP und Linken vorangegangen war, [2][fasste die Bürgerschaft
am vergangenen Donnerstag einstimmig]. „Die Schaffung entsprechender
Strukturen soll den Betroffenen das Anzeigen antisemitischer Straftaten
erleichtern und damit Dunkelziffern reduzieren“, heißt es darin. Zudem
sollen antisemitische Straftaten im Verfassungsschutzbericht explizit
ausgewiesen werden „und stärker als bislang, die den Taten zugrundeliegende
Motivation der Täter, erfasst werden“.
Das hatte auch der vom [3][Bundestag] eingesetzte unabhängige Expertenkreis
Antisemitismus in seinem Abschlussbericht gefordert. Er empfiehlt eine
Datenbank, in der nicht nur Straftaten gezählt, sondern der gesamte
Verfahrensablauf inklusive Strafmaß und Verurteilungsquote dokumentiert
wird. Das schließt auch Angaben zu Tätern und Opfern ein.
## Kein Bedarf, initiativ zu werden
Dieser Empfehlung will der Bremer Senat jedoch offenbar nicht folgen: Die
Linke hatte in einer Großen Anfrage im Dezember 2017 genau danach gefragt,
inwiefern die Handlungsempfehlungen des Expertenkreises „auf rassistisch
und PMK-rechts motivierte Straftaten übertragen werden“ können und sollen.
In der aktuellen Senatsvorlage beantwortet der Senat die Anfrage so: Die
überwiegende Zahl der Handlungsempfehlungen setze eine Umsetzung auf
Bundesebene voraus. Der Senat sehe derzeit keinen Bedarf, initiativ zu
werden, „da die bestehenden Regelungen als ausreichend betrachtet werden“.
Als ausreichend betrachtet der Senat auch die Fortbildung von
PolizistInnen: Die Linke hatte danach gefragt, ob die BeamtInnen speziell
„zur Erfassung des antisemitischen Gehalts von Aussagen bzw. Aktionen zum
Israel-Palästinenser-Konflikt“ geschult würden. Nein, würden sie nicht,
lautet die Antwort des Senats. Stattdessen gebe es Seminare zum Thema
Rassismus und Interkulturalität wie etwa die Veranstaltung
„Interkulturelles Training im Kontext der Vielfalt“. Hierbei würden „neb…
allgemeinen Themen der Fremdenfeindlichkeit auch Antisemitismus und
Islamophobie“ thematisiert. Damit, so der Senat, werde der Antisemitismus
in der polizeilichen Aus- und Weiterbildung „hinreichend berücksichtigt.“
31 Jan 2018
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## AUTOREN
Karolina Meyer-Schilf
## TAGS
Antisemitismus
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