# taz.de -- Sondierungsgespräche in Berlin: Die Rot-Schwarz-Maler | |
> SPD und Union machen einen schweren Fehler, wenn sie das Klimaschutzziel | |
> für 2020 aufgeben. Resignation wäre eine fatale Botschaft an die Welt. | |
Bild: Innenpolitische Entscheidung mit globalen Folgen? | |
Manchmal ruiniert ein einziger Satz alles andere, was gesagt und | |
geschrieben wird. So ist das auch bei dem Papier zu Klimaschutz, Energie | |
und Umwelt, [1][auf das sich CDU/CSU und SPD geeinigt haben]. Der Satz | |
heißt: „Das kurzfristige Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht | |
erreicht werden“. Der Satz mag halbwegs realistisch sein. Klimapolitisch | |
ist er ein schwerer Fehler. | |
Die Große Koalition resigniert damit auf einem der wichtigsten | |
Politikfelder, bevor sie überhaupt zustande gekommen ist. Sie widerspricht | |
nicht nur den Versprechen von Angela Merkel und Martin Schulz aus dem | |
Wahlkampf und aus dem Dezember, „Wege zu finden, um unsere Klimaziele zu | |
erreichen“. Die Gruppe der Unterhändler, in der bis auf den SPD-Mann | |
Matthias Miersch kein ausgewiesener Umwelt- oder Klimaexperte sitzt, | |
widerspricht auch dem ersten Satz ihres eigenen Textes: „Deutschland | |
bekennt sich zu den beschlossenen Klimaschutzzielen für 2020 (-40%)“. | |
Ohne die faktische Aufgabe des 2020er-Ziels wäre der Text halbwegs solide: | |
Er verspricht Anstrengungen, um möglichst nah an die 40 Prozent zu kommen, | |
will mehr Erneuerbare, ein Ausstiegsdatum für die Kohle, eine | |
Strukturkommission für die betroffenen Regionen, endlich ein Gesetz, das | |
die Klimaziele 2030 festschreibt, eine Senkung der Stromsteuer. All das | |
wird aber entwertet durch das Signal für 2020. Die Botschaft lautet: Leute, | |
wir schaffen es sowieso nicht! | |
International ist die Wirkung fatal. Wenn jetzt Deutschland, eines der | |
wenigen Industrieländer mit Ambitionen im Klimaschutz, seine ehrgeizigen | |
Ziele kassiert, reibt sich Donald Trump die Hände. Das Land der | |
Energiewende, das von seinen hohen CO2-Emissionen nicht runterkommt, | |
bestätigt weltweit endgültig alle Kritiker, die meinen, Klimaschutz sei zu | |
teuer und nicht machbar. Dabei brauchen die globalen Verhandlungen dringend | |
ein Signal, dass die reichen Länder schon bis 2020 ernst machen – also | |
genau das Gegenteil von dem, was die Groko da aufschreibt. Denn wer sich an | |
das Pariser Abkommen halten will, der weiß auch: Klimaschutz muss | |
schneller, nicht langsamer gehen, schon die 40 Prozent reichen nicht aus. | |
Die abgesoffenen Städte am Rhein sind derzeit wieder ein warnendes | |
Beispiel, welche Schäden und Kosten auch bei uns bevorstehen. | |
## Noch ist nichts entschieden | |
Diese vorläufige Einigung der Groko zum Klima ist das Gegenteil von guter | |
Politik. Die muss sich zwar an der Realität orientieren, darf aber nicht | |
mutlos machen. Jeder weiß, dass die minus 40 Prozent mit den bisherigen | |
Mitteln und der bisherigen Regierung kaum zu schaffen sind. Ehrliche | |
Politik sollte uns aber nicht sagen, was nicht geht, sondern Wege und | |
Hoffnungen aufzeigen, wie es besser gehen könnte. Wie fänden wir es, wenn | |
die Koalition auf anderen Politikfeldern so handelte? Wenn sie sagte, | |
Kinderarmut werde es bei uns nun mal immer geben, ein Frieden im Nahen | |
Osten sei sowieso nicht zu erreichen und mit Hunger, Folter und | |
Unterdrückung weltweit müsse man sich einfach mal abfinden? | |
Noch ist nichts entschieden, noch wird nur sondiert. Für Verbesserungen ist | |
noch viel Luft. Wenn die Groko es ernst meint mit dem Klimaschutz, könnte | |
sie etwa eine neue Jahreszahl für die 40 Prozent nennen – vielleicht 2022? | |
Oder zum Ende ihrer Legislatur 2021 eine neue Marke setzen: 38 Prozent? | |
Oder einfach diesen blöden Satz streichen, der allen Schwarzmalern recht | |
gibt. | |
9 Jan 2018 | |
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[1] /Sondierungen-zwischen-Union-und-SPD/!5476205 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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