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# taz.de -- Anschlag am Berliner Breitscheidtplatz: Aufklärungsstart mit Hinde…
> Der Bundestag will einen Untersuchungsausschuss zum Fall Anis Amri
> einsetzen. Die Fraktionen liegen aber schon zu Beginn über Kreuz.
Bild: Offene Fragen bis heute: Das Mahnmal zum Terroranschlag auf dem Berliner …
Berlin taz | Die Warnung von V-Mann „Murat“ Ende 2015 war eindringlich:
Anis Amri wolle hier „für seinen Glauben kämpfen“. Er wolle unbedingt etw…
machen, könne „problemlos“ eine Kalaschnikow besorgen.
Der Hinweis an das nordrhein-westfälische Landeskriminalamt sollte sich
bewahrheiten: Ein Jahr später, am 19. Dezember 2016, fuhr Amri mit einem
Laster in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz. 12
Menschen starben, rund 60 wurden verletzt. Es war der bisher schwerste
islamistische Anschlag in Deutschland.
Und bis heute sind zentrale Fragen offen: Warum verloren die Behörden den
als Top-Gefährder eingestuften Amri aus dem Blick? Hätte der Tunesier nicht
doch im Vorfeld festgenommen und der Anschlag verhindert werden können? Und
was wussten Hinweisgeber wie V-Mann „Murat“? Welche Rolle spielte der
Spitzel? Zuletzt warfen Anwälte anderer Islamisten dem Mann vor, selbst zu
Anschlägen angestachelt zu haben. Ein vom Staat bezahlter Mann mit Schuld
an einer Terrortat? Das wäre ungeheuerlich.
Am Freitag wird im Bundestag ein Untersuchungsausschuss zum Amri-Anschlag
eingesetzt. Schon zu Beginn aber gibt es Streit. Der erste: Wie umgehen mit
der AfD, die den Anschlag früh ausschlachtete und die Opfer als „Merkels
Tote“ bezeichnete? Linke, Grüne und SPD lehnten deshalb einen gemeinsamen
Einsetzungsantrag mit den Rechtspopulisten ab. „Der Ausschuss soll nicht
der politischen Instrumentalisierung dienen, sondern der sachlichen
Aufklärung“, betont SPD-Innenexpertin Eva Högl.
Nun bringen nur Union und SPD einen gemeinsamen Einsetzungsantrag ein – und
alle anderen Fraktionen einen eigenen. Strittig ist bereits, wie viele
Mitglieder in dem Ausschuss sitzen sollen. Für 18 Abgeordnete plädiert die
FDP, Union und SPD wollen dagegen nur neun.
Auch offen: Welchem Zeitraum soll sich der Ausschuss widmen? Grüne und FDP
wollen den Umgang mit dem Fall Amri bis zum heutigen Tag untersuchen, Union
und SPD dagegen nur bis zum Tod des Tunesiers vier Tage nach der Tat. Die
Grüne Irene Mihalic kritisiert: „Durch eine solche Begrenzung würde das
Handeln der Bundesregierung und Sicherheitsbehörden nach dem Anschlag
verschleiert. Der Ausschuss soll aber nicht Regierungsschutz betreiben,
sondern maximal aufklären.“
## Missliche Vorzeichen
Union und SPD wollen dafür stärker klären, warum sich Amri mit 14
Identitäten im Asylsystem bewegen konnte – und welche Konsequenzen die
zuständigen Behörden ziehen müssen. Die Grünen wiederum stellen die Frage
nach den politisch Verantwortlichen für die gemachten Fehler – ein Punkt,
der bei den potentiellen Groko-Parteien nicht auftaucht.
CDU-Innenexperte Armin Schuster kündigt zudem an, zu schauen, ob das
Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten im Fall Amri hinderlich
war. „Das muss beleuchtet werden.“ Gerade die Grünen warnen indes vor einer
Aufweichung des Trennungsgebots.
Die Aufklärung in dem Ausschuss steht damit unter misslichen Vorzeichen.
Dabei gibt es genug zu tun: So attestierte der Berliner Sonderermittler
Bruno Jost den dortigen Behörden „grobe Fehler, die nicht hätten vorkommen
dürfen“.
Einig sind sich alle Fraktionen, nochmals zu erarbeiten, was welche Behörde
wann über Amri wusste. Zudem wollen alle prüfen, ob Amri auch deshalb
unbehelligt blieb, weil er für die Sicherheitsbehörden als
„Informationsquelle“ oder „Nachrichtenmittler“ genutzt wurde. „Bisher…
alle nur auf Teilaspekte des Falls geschaut, wir wollen nun die
Gesamtbetrachtung“, sagt CDU-Mann Schuster. Auch SPD-Fraktionsvize Högl
spricht von „mehr als genug offenen Fragen“ und einer „schier endlosen
Serie an Pannen“. Sie hoffe noch auf eine „maximal gemeinsame Aufklärung�…
Erste Konsequenzen zogen Union und SPD bereits jetzt in ihrem
Sondierungspapier. Im Umgang mit Gefährdern sollen künftig „gemeinsame
Standards“ und „klare Zuständigkeitsregelungen“ gelten. Die
Jamaika-Parteien gingen in ihren Sondierungen weiter: Sie hatten auch eine
stärkere Zentralisierung der Sicherheit und für die Bundesbehörden mehr
Kompetenzen vereinbart. Die Grüne Mihalic warf Union und SPD „keinerlei
Gestaltungsanspruch in der Innenpolitik“ vor.
16 Jan 2018
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Anis Amri
Untersuchungsausschuss
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Schwerpunkt AfD
Islamismus
Gefährder
Burkhard Lischka
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
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Lesestück Recherche und Reportage
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