| # taz.de -- Studentische Unimitarbeiter in Berlin: Streik zur Prüfungszeit | |
| > Studentische Beschäftigte der Berliner Universitäten bereiten den | |
| > Ausstand vor: Sie fordern mehr Geld und einen Tarifvertrag. | |
| Bild: Volle Hörsäle, anstehende Prüfungen, dazu ein Streik: Das wird ein str… | |
| Die studentischen Hilfskräfte sind so etwas wie die Heinzelmännchen der | |
| Unis: Sie sortieren in den Bibliotheken die Bücher zurück in die Regale, | |
| sie geben Tutorials zur Prüfungsvorbereitung und sie sind Ansprechpartner | |
| für orientierungslose Erstsemester im Immatrikulationsbüro. Die Berliner | |
| Hochschulen sind also dringend auf ihre insgesamt 8.000 studentischen | |
| HelferInnen angewiesen. | |
| Umso härter dürften sie die Streiks treffen, die die Studierenden derzeit | |
| mit den Gewerkschaften GEW und Verdi vorbereiten. Man mobilisiere für einen | |
| Auftakt Mitte Januar, sagte GEW-Tarifexperte Udo Mertens der taz – also | |
| genau dann, wenn gegen Ende des Wintersemesters die heiße Prüfungsphase | |
| beginnt. Genauer wolle man sich noch nicht äußern, hieß es. | |
| Der Grund für den studentischen Unmut: die schlechte Bezahlung. Seit 2001 | |
| wurde der Lohn der Hilfskräfte in Berlin nicht mehr erhöht. Monatelang | |
| verhandelten die Gewerkschaften und die Tarifkommission der studentisch | |
| Beschäftigten im vergangenen Jahr mit der Arbeitgeberseite, dem Kommunalen | |
| Arbeitgeberverband Berlin. Ziel waren Lohnsteigerungen und ein neuer | |
| Tarifvertrag für die Berliner Studierenden, kurz TV-Stud genannt. Der | |
| bisherige galt bereits seit 2003. Mitte Dezember erklärten die | |
| Gewerkschaften die Verhandlungen schließlich für gescheitert. Deshalb ist | |
| der Tarifvertrag zum 1. Januar des neuen Jahres ausgelaufen. | |
| Aktuell bekommen die studentischen Hilfskräfte einen Stundenlohn von 10,96 | |
| Euro. Das letzte Angebot der Kommunalen Arbeitgeber, kurz KAV, hatte eine | |
| dreistufige Lohnerhöhung vorgesehen: Zunächst hätte es ab Januar 12,13 Euro | |
| die Stunde gegeben, bis 2022 hätte man auf 12,50 Euro erhöht. Dies wäre | |
| eine Lohnerhöhung um insgesamt rund 14 Prozent gewesen, hieß es seitens des | |
| KAV. | |
| ## Gewerkschaften wollen 12,50 Euro pro Stunde | |
| Den Gewerkschaften reichte das nicht: Sie wollen einen Stundenlohn von rund | |
| 12,50 Euro bereits ab 2018. Wichtiger noch als die Lohnerhöhung ist den | |
| Gewerkschaften die Anbindung des studentischen Tarifvertrags an den des | |
| öffentlichen Diensts, kurz TV-L. Nach diesem Tarifvertrag bezahlt Berlin | |
| seine Landesbediensteten – also auch die Hochschulkräfte. Im TV-L gibt es | |
| regelmäßige Tarifrunden: Die GEW rechnet mit jährlichen Lohnerhöhungen von | |
| rund zwei Prozent für die Angestellten. | |
| Beziehe man die studentischen Hilfskräfte da nicht mit ein, behandle man | |
| sie weiterhin als „Beschäftigte zweiter Klasse“, sagt Udo Mertens. Ohnehin | |
| sei es „sehr fragwürdig“ seitens der KAV, die Tarifsteigerungen für die | |
| Studierenden bereits bis 2022 festschreiben zu wollen. „Da ist es | |
| schwierig, auf Inflation und steigende Lebenshaltungskosten zu reagieren.“ | |
| Genau das will man mit der Ankopplung an den TV-L erreichen: Konkret | |
| fordern die Gewerkschaften eine schrittweise Anbindung an die Entgeltgruppe | |
| 4. Das würde aktuell etwas weniger als 12,75 Euro Stundenlohn bedeuten – | |
| bei zwei Prozent Tarifsteigerung pro Jahr. | |
| Das seien nicht zu erfüllende „Maximalforderungen“, erklärt hingegen | |
| KAV-Geschäftsführerin Claudia Pfeiffer. Dabei sei man den Studierenden sehr | |
| weit entgegen gekommen: Die Arbeitgeber boten zusätzlich zum Lohnplus 30 | |
| Urlaubstage statt den bisherigen 25 und acht statt sechs Wochen | |
| Krankengeld. | |
| Die Studierenden hingegen hatten ursprünglich sogar 14 Euro Stundenlohn | |
| gefordert, eine Lohnsteigerung von 27 Prozent. Was sich viel anhört, sei | |
| lediglich „der Inflationsausgleich von 16 Jahren ohne jede Lohnerhöhung“, | |
| sagt Franziska Hamann-Wachtel, die für die Studentischen Hilfskräfte als | |
| Verhandlungsführerin mit in der Tarifkommission saß. Außerdem wolle man das | |
| vor einigen Jahren gestrichene Weihnachtsgeld zurück, das etwa acht Prozent | |
| des jährlichen Gehalts ausmache. | |
| ## Alleingang der TU | |
| Die TU Berlin will nun, da der alte Tarifvertrag ausgelaufen ist, allen neu | |
| eingestellten Hilfskräften 12,50 Euro zahlen. Für die „Altbeschäftigten“ | |
| gilt, bis eine Einigung gefunden ist, der alte Tarifvertrag. Der Alleingang | |
| der TU dürfte indes den Druck auf die Gewerkschaften erhöhen, durch die | |
| angekündigten Streiks doch noch ein besseres Angebot für die studentischen | |
| Beschäftigten herauszuholen: „Es wird den TU-Studierenden kaum vermittelbar | |
| sein, wenn sie wieder zurückstecken müssen“, sagt Hamann-Wachtel, die als | |
| studentische Hilfskraft in einem Forschungsprojekt der TU arbeitet. | |
| Der Senat hat übrigens wenig Einfluss auf die Verhandlungen: Zwar sind die | |
| Uni-Beschäftigten beim Land angestellt. Doch die Unis handeln ihre | |
| Tarifverträge über den Kommunalen Verband der Arbeitgeber autonom mit den | |
| Gewerkschaften aus. „Indirekt hat das Land nur insofern Einfluss, als dass | |
| der Senat in den Hochschulrahmenverträge die Finanzmittel festlegt, die die | |
| Unis ausgeben können“, sagt Mertens von der GEW. „Und natürlich kann das | |
| Land da erwarten, dass die geltenden Tarifverträge eingehalten werden.“ | |
| Im Klartext: Koppelt man die Studierenden nicht an die Lohnsteigerungen in | |
| TV-L, müsste sich auch Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) in die | |
| Debatte einschalten. | |
| 2 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
| ## TAGS | |
| Streik | |
| Studierende | |
| Berliner Hochschulen | |
| Lohn | |
| Prekäre Arbeit | |
| Tarifvertrag | |
| Schwerpunkt 1968 | |
| Streik | |
| Arbeitskampf | |
| Universität | |
| Numerus Clausus | |
| Deutsche Universitäten | |
| Humboldt-Universität | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft: Lange Nacht mit prekärer Forschung | |
| Beschäftigte an den Unis wollen mit Protestaktionen zur Langen Nacht der | |
| Wissenschaften auf ihre schlechten Arbeitsbedingungen aufmerksam machen. | |
| Streik der studentischen Mitarbeiter: Einigung über Tarifvertrag | |
| Arbeitgeberverband und Gewerkschaften stimmen neuem Tarifvertrag zu. | |
| Studentische Beschäftigte bekommen ab sofort mehr Geld. | |
| Studierenden-Streik in Frankreich: Gespalten gegen die Reform | |
| An der Universität Paris-Nanterre begann die französische 68er-Bewegung. | |
| Jetzt wird dort erneut gestreikt. Nicht allen gefällt das. | |
| Warnstreik der studentischen Hilfskräfte: Ausgenutzt und unterbezahlt | |
| Seit 17 Jahren haben die 8.000 studentischen Hilfskräfte in Berlin keine | |
| Lohnerhöhung bekommen. Nun wollen sie einen neuen Tarifvertrag. | |
| Arbeitskampf: Senat macht keinen guten Job | |
| Am Dienstag streiken die studentischen Hilfskräfte für mehr Lohn. Das Land | |
| Berlin ist oft ein prekärer Arbeitgeber – nicht nur an den Unis. | |
| Der Berliner Wochenkommentar I: Ordentlich Rambazamba! | |
| In der Woche eins ohne geltenden Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte | |
| ist es an den Unis ruhig geblieben. Noch. | |
| Den Numerus clausus umgehen: Zum Medizinstudium nach Polen | |
| Billig ist die englischsprachige Uni im Nachbarland Polen nicht – aber sie | |
| bereitet auf eine Karriere in Deutschland so gut vor wie auf eine | |
| internationale. | |
| Schwere Vorwürfe gegen Uni-Assist: Der deutsche Hochschul-Hürdenlauf | |
| Deutsche Unis sind im Ausland beliebt. Doch wer studieren möchte, muss sich | |
| mit der zentralen Prüfstelle Uni-Assist herumschlagen. | |
| Semesterticket an der HU: Studierende müssen zustimmen | |
| An der Humboldt-Universität stimmen die Studierenden über das | |
| Semesterticket ab. Gibt es keine Zustimmung, fällt es ab kommendem Semester | |
| weg. |