# taz.de -- Den Numerus clausus umgehen: Zum Medizinstudium nach Polen | |
> Billig ist die englischsprachige Uni im Nachbarland Polen nicht – aber | |
> sie bereitet auf eine Karriere in Deutschland so gut vor wie auf eine | |
> internationale. | |
Bild: Nicht Stettin, sondern Halle-Wittenberg | |
WARSCHAU taz | Wer in Deutschland [1][kein glattes Einser-Abitur gemacht | |
hat], muss den Traumberuf Arzt nicht aufgeben. Denn es gibt ja das | |
englischsprachige Medizinstudium im östlichen Nachbarland. „Studieren im | |
polnischen Stettin ist schwer“, bekennt Magnus Schneider (26) aus Oslo, der | |
in einer deutsch-norwegischen Familie zweisprachig aufgewachsen ist. | |
„Niemandem wird etwas geschenkt. Aber alle hier im internationalen Programm | |
sind hochmotiviert.“ | |
Mit polnischen Kommilitonen hat Schneider dabei nur selten Kontakt. | |
„Natürlich trifft man sich in der Bibliothek oder der Mensa und unterhält | |
sich dann auch schon mal, aber über Alltägliches geht es nur selten | |
hinaus.“ Das liegt daran, dass die Studiengänge in polnischer und | |
englischer Sprache parallel laufen. | |
„Natürlich haben wir im Studium auch Polnisch-Unterricht, aber das Erlernen | |
der medizinischen Fachsprache in Englisch ist schon eine große | |
Herausforderung.“ Fachsimpeln mit den polnischen Studenten könne man also | |
nicht. „Aber es gibt auch Amerikaner oder Kanadier polnischer Herkunft, die | |
das internationale Programm absolvieren“, so Schneider. Die meisten in der | |
Gruppe allerdings seien Norweger, Schweden und Deutsche. | |
Die Studiengebühren für englischsprachige Medizinstudiengänge liegen in | |
Polen zwischen 8.000 und 12.000 Euro pro Jahr. „Das ist viel Geld“, so | |
Schneider, „aber mit einem Notendurchschnitt von 1,6 hätte ich weder in | |
Norwegen noch in Deutschland einen Studienplatz bekommen.“ Schon vor dem | |
Abitur habe er sich über Alternativen informiert. Stettin sei von Anfang an | |
in die engere Wahl gekommen, da die 420.000-Einwohner-Stadt gerade mal 12 | |
Kilometer von der deutschen Grenze, 130 von Berlin und rund 800 von Oslo | |
entfernt ist. | |
Zudem studieren traditionell viele Norweger in Polen. „Unser Staat leiht | |
uns Studenten dafür zinslos Geld“, so Schneider, „davon müssen wir am Ende | |
nur 60 Prozent zurückzahlen, wenn wir mit dem Diplom in der Tasche | |
zurückkommen. Das ist ein guter Deal.“ | |
Für Studierende aus Deutschland ist es schwieriger, eine Finanzierung für | |
das Medizinstudium in Polen zu finden. Die großen Stiftungen und der | |
Deutsche Akademische Austauschdienst fördern keine Studierenden, die unter | |
dem in Deutschland verbindlichen Numerus clausus liegen. Das mag ein Grund | |
dafür sein, warum im Jahr 2016 nur 1.040 Deutsche in Polen studierten – | |
aber 1.581 Norweger, 1.291 Schweden und 1.407 Spanier. | |
„Die enge Kooperation der Uni Stettin mit dem Lehrkrankenhaus im | |
nordrhein-westfälischen Hamm ist genial, weil man dadurch Einblick in das | |
deutsche Gesundheitssystem kriegt und sich überlegen kann, ob man in | |
Deutschland bleiben will“, so Schneider. Er überlegt, seinen Facharzt in | |
Hamm zu machen und dann zunächst nach Norwegen zurückzugehen. „Ob ich mich | |
am Ende dort oder in Deutschland niederlasse, weiß ich aber noch nicht“, so | |
der Medizinstudent. „Die USA kommen natürlich auch in Frage.“ | |
20 Dec 2017 | |
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## AUTOREN | |
Gabriele Lesser | |
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