| # taz.de -- Kommentar EU-Gipfel: Tief gespaltene Union | |
| > Donald Tusk spricht Tacheles: Die EU ist tief gespalten, in der | |
| > Flüchtlings- wie in der Eurofrage. Neue Formen der Solidarität sind jetzt | |
| > gefragt. | |
| Bild: Hat keine Lust mehr auf Harmoniesauce und Merkels Sparkurs: EU-Ratspräsi… | |
| Es war ein Krach mit Ansage. Im Herbst hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk | |
| angekündigt, Entscheidungen auf EU-Gipfeln künftig anders vorzubereiten. | |
| Statt alle Konflikte in Harmoniesauce zu ertränken, wollte er Probleme der | |
| EU offen ansprechen, um sie dann leichter zu lösen. | |
| [1][Nun hat Tusk Klartext geredet] – und damit das letzte Treffen der 28 | |
| Staats- und Regierungschefs in diesem Jahr überschattet. Mit seinen | |
| Aussagen zur umstrittenen EU- Flüchtlingsquote, die er „ineffizient“ und | |
| „spalterisch“ nannte, hat der rechtsliberale Pole einen Eklat ausgelöst. | |
| Dass er es danach auch noch wagte, vor einer doppelten Spaltung der EU zu | |
| warnen, nahm ihm vor allem Kanzlerin Angela Merkel übel. Dabei hat Tusk ja | |
| recht: Neben dem neuen Graben zwischen Ost und West bei der Migration tut | |
| sich auch ein Riss zwischen Nord und Süd beim Euro auf. | |
| Jahrelang wurden diese Gräben ignoriert. Jetzt liegen sie offen zutage. Das | |
| ist ärgerlich, aber auch eine Chance, endlich realistische Lösungen zu | |
| finden. Leider sieht es nicht danach aus, [2][als ob dies auch gelingen | |
| würde]. Denn so richtig Tusks Diagnose ist, so falsch ist seine Therapie. | |
| ## Solidarität besser und anders organisieren | |
| Die Lösung der Flüchtlingskrise liegt nicht in einem Zurück zu den | |
| Nationalstaaten, wie Tusk suggeriert. Denn das wäre, angesichts der | |
| Verweigerung in Polen, Ungarn und Tschechien, das Ende der Solidarität. Die | |
| Lösung liegt darin, die Solidarität anders und besser zu organisieren. | |
| Statt mit verpflichtenden Quoten könnte es die EU mit freiwilligen | |
| Kontingenten versuchen, statt mit Zwangsgeldern mit Solidarbeiträgen für | |
| eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik. Der Westen sollte auf den | |
| Osten zugehen, statt ihn an den Pranger zu stellen. | |
| Ein neuer Ansatz ist auch in der Eurozone gefordert. Den Graben zwischen | |
| reichen Gläubigern im Norden und hoch verschuldeten Ländern im Süden wird | |
| man nicht durch eine verschärfte Sparpolitik überwinden, wie es Merkel mit | |
| ihrem Fiskalpakt vorhat. Der Pakt soll jetzt in EU-Recht überführt werden. | |
| Die Schwarze Null für alle ist jedoch ebenso wenig eine Lösung wie der | |
| Versuch, ein paar Milliarden aus dem EU-Budget für den Euro abzuzwacken. | |
| Vielmehr sollte die EU endlich die Vorschläge des französischen Staatschefs | |
| Emmanuel Macron aufgreifen und über ein eigenes Euro-Budget und neue Formen | |
| finanzieller Solidarität nachdenken. | |
| Doch da steht Merkel auf der Bremse, und das nicht erst seit der | |
| Bundestagswahl. Die CDU-Chefin blockiert schon seit Jahren jede große | |
| Euro-Reform. Hier offenbart sich eine dritte Spaltung der EU: Zwischen | |
| Besitzstandswahrern auf der einen und Reformern auf der anderen Seite. | |
| Merkel gegen Macron – das ist der neue, dritte Konflikt. | |
| Noch ist er nicht offen ausgebrochen. Doch wenn es weitergeht wie bisher | |
| und alle Probleme auf die lange Bank geschoben werden, dann droht 2018 ein | |
| böses Erwachen. Im nächsten Sommer will Tusk den gordischen Knoten | |
| durchschlagen – beim Euro und bei den Flüchtlingen. Die Chancen stehen | |
| schlecht, trotz Klartext – denn die Spaltung sitzt zu tief. | |
| 15 Dec 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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