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# taz.de -- Einigkeit beim EU-Afrika-Gipfel: Sklaverei ist doof
> Einigkeit, wo sonst Dissens herrscht: Der EU-Afrika-Gipfel beschließt
> eine konzertierte Aktion zur Evakuierung internierter Migranten aus
> Libyen.
Bild: Ein Fußballspiel bietet einen seltenen Glücksmoment in einem Lager in L…
Abidjan taz | [1][Den Sklavenhandel in Libyen beenden] – das war der
kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Europäische und die
Afrikanische Union am Ende ihres zweitägigen Gipfels in Abidjan, der
Metropole der Elfenbeinküste, am Donnerstag einigten. Auch die Lösung, die
ihnen dazu vorschwebt, ist die denkbar kleinste: In einer konzertierten
Aktion sollen zunächst 3.800 Flüchtlinge, die in Lagern in der libyschen
Hauptstadt Tripolis festsitzen, ausgeflogen werden. Das verkündeten am
Donnerstagmittag die Präsidenten der beiden Organisationen, der Pole Donald
Tusk und der Guineer Alpha Condé.
Die Migranten sollen unter anderem nach Niger und Tschad gebracht werden.
Auch Ruanda und Nigeria haben angekündigt, Aufnahmeplätze bereit zu
stellen. Marokko, das erst voriges Jahr wieder Mitglied der Afrikanischen
Union wurde, will die für die Aktion nötigen Flugzeuge stellen.
Die Lage der MigrantInnen in Libyen hatte den Gipfel schon vor Beginn
überschattet. Nachdem der Fernsehsender CNN ein Video veröffentlicht hatte,
das eine Sklavenauktion in Libyen zeigt, war der Druck vor allem auf die EU
gewachsen. Viele AfrikanerInnen machen sie für die Situation
mitverantwortlich, weil sie der libyschen Regierung Geld und
Ausrüstungshilfe gibt und diese im Gegenzug Flüchtlinge festhält.
Am Mittwochabend hatte in Abidjan der libysche Ministerpräsident Fayis
al-Sarraj, der im eigenen Land praktisch machtlos ist, mit den Spitzen von
EU und AU sowie den wichtigsten Staatschefs zusammen gesessen. Libyen werde
dabei helfen, zu identifizieren, in welchen Lagern sich die „barbarischen
Szenen“ auf dem Video abgespielt hätten, sagte Frankreichs Präsident Macron
danach.
Al-Sarraj habe zugestimmt, dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der
Internationalen Organisation für Migration (IOM) „Zugang zu den Lagern in
seinem Machtbereich zu gewähren“, hieß es am nächsten Morgen. Ein
zweifelhaftes Zugeständnis – immerhin hatte die EU schon seit Beginn des
Jahres verkündet, genau das im Gegenzug für ihre Millionenhilfen für
al-Sarraj zu bekommen. Die EU und Italien stockten ihre Libyen-Hilfe am
Dienstag nochmal auf 285 Millionen Euro auf.
## Gegenseitige Abhängigkeit
Eine neue „Task Force“ aus EU, UN und AU soll nun das Ausreiseprogramm
koordinieren, die konkrete Abwicklung wird die IOM übernehmen. Von einer
möglichen Militärintervention in Libyen, die Macron zuvor ins Gespräch
gebracht hatte, war am Ende des Gipfels keine Rede mehr. Der amtierende
AU-Präsident Alpha Condé erinnerte bei der Abschlusspressekonferenz am
Donnerstag daran, dass nicht 3.800, sondern zwischen 400.000 und 700.000
afrikanische MigrantInnen in Libyen festsitzen.
Beide Seiten beschworen gleichwohl Gemeinsamkeiten, bemüht, die Differenzen
nicht offen zutage treten zu lassen. „Wir sind nicht hierher gekommen um
die Afrikaner zu belehren – und die Afrikaner sind nicht gekommen, um sich
von uns belehren zu lassen“, sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker. Die Zeiten der kolonialen Attitüden seien endgültig vorbei.
„Unsere gegenseitige Abhängigkeit war noch nie so stark“, sagte auch der
Präsident der Elfenbeinküste, der Gastgeber Alassane Ouattara.
Heraus kam wenig. Eigentlich war der Gipfel der „Jugend“ gewidmet, dies war
das offizielle Thema. Doch konkrete Zusagen für sie, gleich welcher Art,
gab es keine. Auch ein euro-afrikanisches Erasmus-Programm, dass eine
Jugenddelegation der beiden Kontinente gefordert hatte, kommt erstmal
nicht. Angela Merkel (CDU) widersprach derweil am Mittwochabend am Rande
des Gipfels Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Der war zur Vorbereitung
des Treffens als Vorhut von Merkel nach Abidjan gereist und hatte
vorgeschlagen, jedes Jahr „mehrere hunderttausend“ junge Afrikaner zur
Berufsausbildung nach Europa zu holen – sofern sie Vorkenntnisse haben und
nach drei bis vier Jahren freiwillig zurückkehren.
„Ich bin da erstmal etwas zurückhaltender“, sagte Merkel. Wenn man ins Auge
fasse, mit einzelnen Ländern Abkommen zu schließen, müsse zunächst die
Nachfrage abgewartet werden. „Ich denke nicht gleich in Hunderttausenden.“
Sie wolle sich nicht auf Zahlen festlegen. „Lassen Sie uns einfach mal
starten, dann wäre schon viel gewonnen.“ Von legalen Wege für
Arbeitsmigranten aus Afrika nach Europa, die Merkel selbst während ihrer
G20-Präsidentschaft ins Gespräch gebracht hatte, wollte sie nun nichts mehr
wissen: „Wenn Länder mit uns Rücknahmeabkommen machen, kann man das
anbieten“, sagte sie.
„Die Jugend“ muss nun wohl auf den nächsten Gipfel hoffen: Im Februar
kommen die Staatsoberhäupter von EU und AU erneut zusammen. In Senegals
Hauptstadt Dakar geht es dann um die Finanzierung der Global Partnership
for Education.
30 Nov 2017
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## AUTOREN
Christian Jakob
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