# taz.de -- Publikumsbeteiligung bei ARD & Co.: Was ihr wollt | |
> Die Öffentlich-Rechtlichen sind für alle da – aber nicht alle dürfen beim | |
> Programm mitreden. Vorschläge, wie das gehen könnte, gibt es genug. | |
Bild: Mit Mikro ist Mitreden gleich viel einfacher | |
Jeder Mitarbeiter der Öffentlich-Rechtlichen sollte Robert Schäfer kennen. | |
Der 28 Jahre alte Informatikstudent aus Potsdam widmet seine Freizeit dem | |
Versuch, ARD, ZDF und Deutschlandradio besser zu machen. Mit der | |
Internetseite [1][rundfunk-mitbestimmen.de] will er herausfinden, wie die | |
gebührenfinanzierten Programme beim Publikum ankommen. | |
Die Idee seines Projekts: JedeR GebührenzahlerIn kann virtuell die | |
monatliche Rundfunkgebühr von 17,50 Euro symbolisch auf beliebige Sendungen | |
verteilen; zum Beispiel 3,53 Euro für die „Sportschau“, 2,48 Euro für den | |
„Zündfunk“ auf Bayern2 und den Rest von 11,49 Euro gleichwertig verteilt | |
auf das „Neo Magazin Royale“, die „Tagesschau“ und das „SWR2 Feature�… | |
ist die symbolische Gebührenverteilung nach Geschmack ein realistischer | |
Weg, dem Publikum mehr Gehör zu verschaffen? | |
Das Ganze sei ein Experiment, sagt Schäfer. „Wir wollen die Programmdebatte | |
beleben.“ In der Medienkompetenz der Beitragszahler liege „ein großer | |
Schatz verborgen“. Den zu heben gelingt aber bislang mäßig gut: Nicht | |
einmal 1.000 NutzerInnen sind auf rundfunk-mitbestimmen.de registriert und | |
nur ein Bruchteil der öffentlich-rechtlichen Sendungen gelistet, die | |
meisten davon aus dem Fernsehbereich. Die offensichtlich fernsehaffinen | |
NutzerInnen pflegen die Titel selbst ein; was nicht bekannt ist, findet | |
nicht statt, bekommt also auch kaum Unterstützung. Und fiele, dreht man die | |
Logik weiter, in der Konsequenz irgendwann aus dem Angebot. | |
Für die Kommunikationswissenschaftlerin Christine Horz von der Ruhr-Uni | |
Bochum ist das das größte Manko dieser Form der Publikumsbeteiligung: „Die | |
Idee ist ja, dass man bei den Öffentlich-Rechtlichen auch mit Sachen | |
konfrontiert wird, die einen nicht auf den ersten Blick interessieren, | |
sondern die einen vielleicht überraschen oder erhellen.“ | |
Horz betreibt mit [2][publikumsrat.de] selbst ein Projekt, das dem Publikum | |
zu mehr Bedeutung verhelfen will. Und sie gehört zum Kreis derer, die im | |
Spätsommer [3][„Zehn Thesen zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien�… | |
ins Internet genagelt haben. Eine davon lautete: „Mehr Transparenz ist | |
Voraussetzung für mehr Beteiligung.“ | |
## Eine feste Institution | |
Um die zu erreichen, kann sich Horz zweierlei vorstellen: Zum einen | |
könnten, wie in Nordrhein-Westfalen, einige Sitze der vorhandenen Rundfunk- | |
oder Fernsehräte für die Öffentlichkeit per Wahl geöffnet werden. Oder | |
etwas ganz Neues muss her: „So eine Art informatives, konsultatives | |
Gremium, das in den starken Dialog mit den Rundfunk- und Fernsehräten | |
eintritt.“ | |
Zuschauer- und Hörertelefone, Programmbeschwerden, Social-Media-Kanäle, | |
Sendungen wie der „WDR Check“, ReporterInnen im Außeneinsatz, Medienseiten | |
– wer sich zum Programm äußern oder Kritik üben möchte, findet auch jetzt | |
schon Gehör. Nur: Die eine feste Institution, die das Publikum im Namen | |
trägt und dauerhaft wie nachhaltig Input geben darf, die gibt es bislang | |
nicht. | |
Ob die große Strukturreform der Sender daran etwas ändern wird? Unklar. | |
Hier seien die Anstalten gefordert, sagt Heike Raab, Medienstaatssekretärin | |
aus Rheinland-Pfalz und Leiterin der Länderarbeitsgruppe „Auftrag und | |
Strukturoptimierung der Rundfunkanstalten“. „Entsprechende Initiativen – | |
beispielsweise aus den Gremien – würden sicher nicht auf Ablehnung stoßen.�… | |
Wie solche Institutionen arbeiten könnten, zeigen Österreich und die | |
Schweiz. Sowohl der ORF als auch die SRG haben feste Gremien, die | |
regelmäßig die Programme begutachten. Die 26 Mitglieder des Schweizer | |
Publikumsrats treffen sich jeden Monat. „Wir verstehen uns als | |
Feedback-Gremium, ohne Forderungen zu stellen“, erklärt Susanne Hasler, | |
Präsidentin des Rates. Dennoch hätten die Einlassungen Gewicht: „Wir hatten | |
bei einer Quizsendung mal das Gefühl, da würden schon sehr banale Fragen | |
gestellt“, sagt Hasler. Nach dem Austausch mit der Redaktion seien die | |
Fragen wieder anspruchsvoller geworden. | |
14 Dec 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://rundfunk-mitbestimmen.de/ | |
[2] http://www.publikumsrat.de/ | |
[3] https://xn--zukunft-ffentlich-rechtliche-91c.de/ | |
## AUTOREN | |
Dominik Schottner | |
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