| # taz.de -- EU-Vorgaben für Autoindustrie: Ein bisschen weniger Abgase | |
| > Die EU-Kommission legt neue Klimaschutzvorgaben für die Autoindustrie | |
| > fest. Es ist ein Kompromiss. Kritik daran kommt von allen Seiten. | |
| Bild: Die EU-Kommission kommt der Autoindustrie entgegen | |
| Brüssel taz | „Wir haben oft zusammengesessen und viel Kaffee getrunken.“ | |
| Mit diesen Worten umschrieb Maroš Šefčovič, Vizepräsident der | |
| EU-Kommission, das Ringen um die neuen Klimaschutz-Vorgaben für die | |
| Autoindustrie. Dabei standen sich nicht nur Umweltschützer und | |
| Industriepolitiker gegenüber. Auch die Autolobby hat ein gehöriges Wörtchen | |
| mitgeredet. | |
| Das Ergebnis ist ein Kompromiss, der keinen richtig zufriedenstellt. Um 30 | |
| Prozent sollen die Autohersteller die CO2-Emissionen zwischen 2021 und 2030 | |
| senken. Darüber hinaus will die Kommission bis 2030 möglichst 30 Prozent | |
| der Neuwagen mit Elektro- oder anderen alternativen Antrieben auf die | |
| Straße bringen. Eine Quote für Elektroautos soll es aber nicht geben. | |
| Dabei hatte die Quote im ersten Kommissions-Entwurf noch gestanden – genau | |
| wie Sanktionen für den Fall, dass die Flotten nicht schnell genug auf | |
| innovative Motoren umgestellt werden. Doch statt auf Strafen setzt die | |
| EU-Behörde nun auf Anreize mittels Bonuspunkten für sauberere Antriebe. | |
| Umweltschützer kritisieren das als umweltschädlichen Ablasshandel. Den | |
| Autokonzernen hingegen geht es viel zu weit. Dabei kann vor allem die | |
| deutsche Autolobby zufrieden sein. Sogar der Kabinettschef von | |
| Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Deutsche Martin Selmayr, | |
| wurde von den deutschen Herstellern bearbeitet. | |
| Selmayr will die Wünsche zwar an Klimakommissar Arias Cañete weitergeleitet | |
| haben. Doch bei der Vorstellung des Entwurfs traten noch drei weitere | |
| Kommissare auf die Bühne – ein Zeichen, wie brisant das Dossier ist. | |
| ## Es geht um Kosteneffizienz | |
| Neben Cañete und Šefčovič verteidigte Verkehrskommissarin Violeta Bulc den | |
| Kompromiss. „Natürlich war es schwer, ausgewogene und ambitionierte | |
| Vorschläge zu formulieren“, sagte sie. Eher industriefreundliche Akzente | |
| setzte Canñete. Es sei darum gegangen, einen „kosteneffizienten“ Vorschlag | |
| zu machen, betonte er. | |
| Allerdings ist umstritten, ob die neuen Vorgaben ausreichen, um die | |
| Klimaziele der EU zu erreichen. Zweifel hat das Umweltbundesamt. „Die | |
| Vorschläge der Kommission sind viel zu niedrig. Wir brauchen eine Minderung | |
| der CO2-Flottengrenzwerte von fast 70 Prozent im Jahr 2030“, kritisiert | |
| Amtschefin Maria Krautzberger. Ähnlich argumentiert der grüne | |
| Europaabgeordnete Sven Giegold. „Mit dem Vorschlag der EU-Kommission | |
| erreichen wir die Pariser Klimaziele nicht“, sagte er. | |
| Nötig seien mindestens 60 Prozent weniger Emissionen. Dagegen hält der | |
| CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Die „Forderung der Grünen und von | |
| Umweltverbänden nach einer 40-prozentigen oder sogar 60-prozentigen | |
| Absenkung halte ich für absurd.“ | |
| ## SPD-MinisterInnen sind sich uneins | |
| Streit um die neuen Umwelt-Ziele gibt es auch in Berlin. Zwei SPD-Politiker | |
| – Außenminister Sigmar Gabriel und Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth �… | |
| hatten sich mit zwei völlig entgegensetzten Aussagen an Klimakommissar | |
| Cañete gewandt. Gabriel hatte in einem Brief vor möglichen Sanktionen ab | |
| 2025 gewarnt. Ansonsten sei die „Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der | |
| Branche“ bedroht. | |
| „Um der Vermutung entgegenzutreten“, dass Gabriels Schreiben „abgestimmten | |
| Postionen“ der Bundesregierung entspricht, „teile ich Ihnen die Auffassung | |
| des für das Dossier zuständigen Bundesumweltministeriums mit“, schreibt | |
| Flasbarth. Und zwar: „Eine anspruchsvolle Post-2020-PKW-Regulierung mit | |
| verbindlichen Zwischenzielen für das Jahr 2025“ sei Voraussetzung, die | |
| europäischen Klimaziele zu erreichen. | |
| Die Kommission entschloss sich zu einen Kompromiss: Sie zog ein | |
| 15-Prozent-Ziel für 2025 ein, hält sich bei Sanktionen aber bedeckt. | |
| 8 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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