| # taz.de -- Falk Richter zurück am Schauspielhaus: In der Unwirklichkeitsmasch… | |
| > Am Schauspielhaus hat der Regisseur Falk Richter das Theater lieben | |
| > gelernt. Jetzt kehrt er mit Elfriede Jelineks Trump-Text „Am Königsweg“ | |
| > zurück | |
| Bild: Der Hamburger Regisseur Falk Richter | |
| Während seiner Schulzeit wurde er mit dem Bus ins Schauspielhaus gekarrt, | |
| sah Ilse Ritter in großen Rollen, Inszenierungen von Zadek, Minks und | |
| Giesing. Und entdeckte seine Liebe zum Theater. Jetzt, einen Zeitsprung | |
| entfernt, inszeniert er selbst dort – unter anderem mit Ilse Ritter: Am | |
| kommenden Samstag bringt Falk Richter die Uraufführung von Elfriede | |
| Jelineks „Am Königsweg“ auf die Bühne. | |
| Die österreichische Dramatikerin und Nobelpreisträgerin begann mit dem | |
| Schreiben noch an jenem Novemberabend, an dem Donald Trump zum Präsidenten | |
| gewählt wurde. Vor Trumps Inauguration hatte die Autorin eine erste Fassung | |
| fertiggestellt. „Das Leben ist unerklärlich. Sie haben gewählt und wissen | |
| nicht, wen sie gewählt haben, obwohl sie selbst gewählt haben“, heißt es | |
| darin. Der 45. US-Präsident selbst kommt in dem Text explizit nicht vor – | |
| der Teufel wird nicht beim Namen genannt. Stattdessen geht es um Könige als | |
| Stellvertreter für die Präsidenten, die modernen Monarchen. Und um ihre | |
| Gier nach Geld und Macht, um Volksverachtung und Selbstinszenierung. | |
| Manchmal wird Jelineks Text sehr konkret, dann schreibt sie von einen | |
| twitternden Blinden, der die Stimmen der Massen stiehlt, weil er selbst | |
| keine hat. Und von einer Showfigur, deren wahres Gesicht verborgen bleibt. | |
| Dann wieder stellt sie grundsätzlichere Fragen wie: Wieso treten | |
| Rechtspopulismus und Superkapitalismus stets gemeinsam auf? Und warum steht | |
| der Verblendung der neuen Rechten keine Hellsicht der Gegner gegenüber? Es | |
| ist ein Text, voll von Metaphern, Anspielungen und Bezügen, mit Elfriede | |
| Jelinek selbst als blinder Seherin, einem König als blinden Ödipus, der die | |
| Pest bringt und doch noch in seinem golden Türmchen sitzt und in die Welt | |
| hinaus „zwitschert“. | |
| Ende März wurde mit „On the Royal Road. The Burgher King“ eine stark | |
| verkürzte Fassung des Stücks am Segal Theatre in New York in englischer | |
| Sprache ur-gelesen, Falk Richter nun übernimmt die tatsächliche | |
| Uraufführung. Und er hat sich, glücklicherweise, dafür entschieden, eine | |
| Auswahl aus dem wütenden und auch verzweifelten 100-seitigen | |
| Textflächenkonvolut zu treffen. | |
| „Es war eine Suche danach, diese neurechte Bewegung, die jetzt weltweit an | |
| die Macht drängt, und diese kulturrevolutionäre Stimmung, die gerade | |
| herrscht, fassen zu können, die mich durch das Stück gezogen hat“, sagt er. | |
| „Am Ende kommt alles, was Jelinek geschrieben hat, in meiner Inszenierung | |
| in gewisser Weise vor, wenn auch nicht immer als Text, und ist ins Video, | |
| ins Bühnenbild, in den Tanz oder ins Kostüm eingeflossen.“ | |
| Auch dieses Mal arbeitet Richter mit den Mitteln, die seinen analytischen, | |
| distanziert-ästhetischen Regiestil prägen: Tanz, Musik und Video. „Aber es | |
| gibt – im Gegensatz zu meinen bisherigen Arbeiten – eine opulentere | |
| Ausstattung, in der alle Zeiten und Stile durcheinanderfallen“, sagt | |
| Richter. „Der kulissenhafte Prunk, dieses dauernde Sichverkleiden und etwas | |
| Vorspielen, bilden den Ausgangspunkt für die ästhetischen Überlegungen für | |
| diese Inszenierung.“ In dieser „Unwirklichkeitsmaschine“, die Richter | |
| zusammen mit der Bühnenbildnerin Katrin Hoffmann und dem Kostümbildner Andy | |
| Besuch entworfen hat, wisse bald niemand mehr, was wahr ist und was falsch, | |
| welche Machtinteressen durch die dauernde Berieselung durch | |
| Skandalentertainment und Schocknachrichten verdeckt werden sollen. | |
| Es gehe also um Fake, aber auch um diesen „seltsamen Bad-Taste-Prunk“ und | |
| um die ganze Ideologie, die sich hinter all dem verberge, sagt Richter: | |
| „Die weiße, männliche Vorherrschaft, Rassismus, Vernichtung und Ausbeutung, | |
| und um die Frauen, die wie Models aussehen, die gefälligst die Klappe | |
| halten sollen und eher Objekte als Menschen sind.“ | |
| Längst ist der gebürtige Hamburger an renommierten nationalen und | |
| internationalen Bühnen zu Hause. Und inszeniert dort vor allem – und das | |
| sehr erfolgreich – seine eigenen Texte. Zu den bekanntesten zählen „Gott | |
| ist ein DJ“, „Unter Eis“, „Trust“ und „Fear“. Sie entstehen in ei… | |
| in Progress mit Schauspielern, Musikern, Tänzern. Dann ist Richter tagsüber | |
| Regisseur, abends und nachts Autor. Inszenieren ist für den 47-Jährigen ein | |
| schriftstellerischer Prozess, „aber mit erweiterten Mitteln“. | |
| Dass er nun den Text einer anderen inszeniert, ist für Richter umso mehr | |
| eine spannende Herausforderung. „Jelinek ist eine Autorin, die mich sehr | |
| interessiert“, sagt er. „Und das Thema liegt mir sehr.“ Vielleicht ist es | |
| ja der Beginn einer neuen Freundschaft. Mit Heimathafen Hamburg. | |
| „Am Königsweg“: Freitag, 27.10., 19.30 Uhr, Schauspielhaus. Weitere | |
| Aufführungen: 29.10., 3.11., 26.11., 5.12., 15.12. | |
| 22 Oct 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Ullmann | |
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