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# taz.de -- Migrationspolitik in den USA: Trump spielt die Träumer-Karte
> Der US-Präsident knüpft den Verbleib junger Einwanderer im Land an eine
> Verschärfung der Migrationspolitik. Das ist zynisch – aber clever.
Bild: US-Präsident Donald Trump startet eine Offensive in der Zuwanderungspoli…
Berlin taz | Es wirkt schon seltsam, dass Donald Trump am Sonntagabend in
Sachen illegaler Einwanderung auf Twitter still hielt. Einige persönliche
Angriffe auf den republikanischen Senator Bob Corker, überschwängliches
Eigenlob für die Krisenarbeit der US-Regierung in Puerto Rico und ein
weiteres Nachtreten in Richtung der knienden NFL-Profis – mehr hatte der
US-Präsident nicht mitzuteilen.
Die am Sonntag bekanntgewordene migrationspolitische Offensive, die die
Trump-Regierung dem US-Kongress abringen will, blieb hingegen
unkommentiert. Aus gutem Grund, denn mit seinen Forderungen brüskiert Trump
nicht nur die oppositionellen Demokraten, sondern auch Teile der eigenen
Partei.
Der Präsident hat dem Kongress eine Liste von Forderungen gegen illegale
Einwanderung zukommen lassen, an die er einen Kompromiss zur Zukunft
jugendlicher Migranten knüpft, die bereits im Land sind.
Neben dem Trump'schen Klassiker – der Forderung nach einer durchggehenden
Grenzmauer zum Nachbarland Mexiko – besteht der Präsident auf der
Einstellung von 10.000 neuen Beamten für die Migrationsbehörde ICE sowie
auf der Kürzung öffentlicher Mittel für Städte, die sich nicht an der
Deportation illegaler Migranten beteiligen. Auch der Familiennachzug für
Einwanderer soll begrenzt werden.
Besonders hart dürften Trumps Forderungen junge Flüchtlinge aus
Mittelamerika treffen. Die US-Regierung will diese künftig bereits an der
Grenze abweisen oder schnell abschieben. Eltern aus Ländern wie Honduras
und El Salvador schicken ihre Kinder oft zu Beginn der Pubertät zu
Verwandten in die USA, um sie vor der Rekrutierung durch gewalttätige Gangs
zu schützen. Laut der US-Grenschutzbehörde suchten 2016 etwa 60.000
unbegleitete Jugendliche Schutz in den USA.
Anfang September [1][kippte Trump den Dream-Act (Daca)] seines
Amtsvorgängers Barack Obama, der fast 800.000 illegalen Einwanderern, die
als Minderjährige in die USA eingereist sind, vor Abschiebung schützte und
ihnen einen Weg zur Staatsbürgerschaft ermöglichte. Trump verlangte vom
Kongress, innerhalb von sechs Monaten ein Gesetz zur Zukunft der „Dreamer“
zu verabschieden.
## Vorschläge gleichen einer Erpressung
Nun knüpft Trump seine Zustimmung zum möglichen Verbleib der Dreamer an die
Umsetzung seines Forderungskatalogs im Kongress. Das könnte man als
politischen Reifeprozess des US-Präsidenten auffassen, denn immerhin
scheint Trump zu verstehen, dass Politik aus Geben und Nehmen besteht.
Seine Vorschläge gleichen aber eher einer Erpressung. Sollte es zu keinem
Kompromiss kommen, wären die Dreamer die Leidtragenden. Bis zu 300.000
Menschen könnten allein im kommenden Jahr ihren Aufenthaltsstatus
verlieren. Ihnen droht die Abschiebung.
Den Dreamern und ihren Unterstützern im Kongress läuft die Zeit davon.
Trump nutzt das aus. Es ist ein zynischer, aber politisch geschickter
Schachzug. Die meisten US-Amerikaner befürworten einen Verbleib von
Migranten, die sich bereits im Land befinden. Knapp ein Drittel will laut
Angaben des Meinungsforschungsinstituts Gallup aber weniger Einwanderung.
Mit der Verflechtung beider Themen setzt Trump den Kongress unter Druck.
Doch die Gegenseite lässt sich offenbar nicht einschüchtern. Die
demokratischen Oppositionsführer Nancy Pelosi (Repräsentenhaus) und Chuck
Schumer (Senat) erteilten Trump noch am Sonntag eine Absage: „Die Regierung
kann nicht allen Ernstes einen Kompromiss zur Hilfe für Dreamer
vorschlagen, der ein Gräuel für Einwanderer und einen Großteil der
US-Bevölkerung darstellt“, teilten sie in einer gemeinsamen Erklärung mit.
## Ungewisse Zukunft für die Dreamer
Doch trotz der zur Schau gestellten Standfestigkeit: Die Gegner von Trumps
Ausländerpolitik stehen vor einem Dilemma. Stimmen sie Trumps Forderungen
zu, wären zwar die Dreamer geschützt – aber auf Kosten neuankommender
Immigranten. Stimmen sie nicht zu, droht Dreamern die Abschiebung – dafür
wären Grenzmauer und Abschottungspolitik wohl vorerst vom Tisch.
Für eine Einigung müssten beide Seiten in entscheidenden Fragen einlenken.
Doch das ist unwahrscheinlich. Trump ist nicht dafür bekannt, Kompromisse
zu suchen – das zeigt die verpatzte Gesundheitsreform. Und auch die
Demokraten können sich – mit Blick auf die eigenen Latino-Wähler – ein
Einlenken kaum leisten. Opfer dieser Patt-Situation sind die Dreamer, die
einer ungewissen Zukunft entgegenblicken.
9 Oct 2017
## LINKS
[1] /Junge-Eingereiste-in-den-USA/!5445697
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
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