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# taz.de -- Verlage auf Frankfurter Buchmesse: Keine Invasion von rechts
> Auf der Buchmesse werden wieder fragwürdige rechte Verlage vertreten
> sein. Doch der Trubel, der darum gemacht wird, ist übertrieben.
Bild: Seit Jahren in der Diskussion: Dürfen rechte Verlage auf der Buchmesse a…
Im Grunde ist jede Messe nur eine Bühne, auf der Waren feilgeboten werden.
Das entsprechende Gut auf einer Buchmesse ist weniger das Buch, das auch,
im ideellen Sinne aber vor allem ein Konzert vielfältigster Stimmen und
Meinungen. Problematisch wird es immer dann, wenn schrille Dissonanzen sich
in dieses Konzert mischen – Stimmen und Meinungen, denen an Vielfalt nicht
unbedingt am Herzen liegt.
Alle Jahre wieder liegt denn auch bei der Frankfurter Buchmesse ein
besonderes Augenmerk auf der Präsenz von Verlagen, [1][die Waren
überwiegend rechtsradikalen Inhalts im Portfolio führen] – auch wenn sie
selbst ihre Publikationen gerne mit dem Label „rechtskonservativ“ oder
„rechtsintellektuell“ etikettieren. Mit der AfD im Bundestag und einem nun
auch in Wahlergebnissen sich niederschlagenden Rechtsruck im Lande steigert
sich in diesem Jahr die Aufregung zur Hysterie.
[2][Vor einem „Schaulaufen der Rechten“ warnt die Frankfurter Rundschau],
und das deutsche PEN-Zentrum fordert in einer öffentlichen Erklärung von
der Buchmesse, eine Veranstaltung der rechtsextremen Stiftung „Europa Terra
Nostra“ zu unterbinden. Es sei falsch verstandene Toleranz, solchen
Organisationen, die sich dezidiert gegen den Pluralismus wendeten, auf der
Buchmesse eine Bühne zu bieten.
Seitens der Veranstalter gibt es aber gar nichts zu unterbinden: „Es ist
uns schlicht nicht bekannt, ob oder wo eine solche Veranstaltung
stattfinden soll. Bei uns jedenfalls nicht“, erklärte Pressesprecherin
Katja Böhne der taz. Nicht jede Party, die während der Messe irgendwo in
Frankfurt abgehalten ist, sei eine Messeveranstaltung. Dennoch seien zwei
Bücher, an denen unter anderen der britische Rechtsradikale Nick Griffin
und Udo „NDP“ Voigt beteiligt waren, von der Rechtsabteilung des
Börsenvereins auf eine mögliche Verfassungsfeindlichkeit geprüft worden –
ohne Beanstandung, die einen „Ausschluss“ rechtfertigen würde.
Buchmessen-Direktor Juergen Boos sagt: „Für uns ist das Grundgesetz der
Maßstab. Alles, was über das Grundgesetz gedeckt ist, kann hier in
Deutschland seine Meinung äußern.“
## Messeleitung praktiziert einen „aktiven Umgang“
Ausgeschlossen wurde bisher nur 1989, und zwar der Iran im Zusammenhang mit
der Fatwa gegen Salman Rushdie: „Damals wurden Verleger verfolgt und sogar
umgebracht“, gibt Böhne zu bedenken. Zwar würden einzelne Titel inhaltlich
geprüft, eine generelle Durchsicht sei angesichts der Fülle auf der
weltweit größten Buchmesse „schon rein organisatorisch nicht zu
bewältigen“.
Ohnehin scheint der Trubel um „die Rechten“ auf der Buchmesse ein wenig
übertrieben. Weder lässt sich den Verantwortlichen etwas vorwerfen, noch
kann man von einem rechtsradikalen Run auf die Messe sprechen. Im
Gegenteil. Zwar existiert aus verständlichen Gründen bei der Buchmesse
„keine Liste“ unerwünschter Teilnehmer. Dennoch wird intern darauf
hingewiesen, dass es diesmal „vielleicht viereinhalb statt dreieinhalb“
dezidiert rechtslastige Verlage gebe – wobei das „halb“ auf die Grauzone
verweist, in der manche Verleger operieren.
Anwesend ist die Junge Freiheit. Anwesend ist das Magazin Cato (Claim:
„Ihre Arche für die Stürme von morgen“), das als Imprint im
Manuscriptum-Verlag von Manufactum-Gründer Thomas Hoof erscheint, der auch
den verurteilten Volksverhetzer Akif Piriçci verlegt. Wieder anwesend ist
auch der „rechte Vordenker“ Götz Kubitschek mit seinem Verlag Antaios
(„Finis Germania“), auf 12 Quadratmetern und ohne sein Magazin Sezession.
Das war’s auch schon. Bei knapp 7.150 Ausstellern aus aller Welt – darunter
gewiss auch viel fragwürdiger Mist – ist das nicht gerade eine Invasion zu
nennen.
Immerhin erwartet Antaios für einen Umtrunk neben Pirinçci auch den
identitären Seebären Martin Sellner, dessen Flüchtlingsverhindungskutter
„C-Star“ im Mittelmeer wiederholt Schiffbruch erlitten hat. Gegen derlei
Prominenz setzt die Messeleitung einen „aktiven Umgang“ und platzierte
schräg gegenüber vom Antaios-Stand kurzfristig die Amadeu-Antonio-Stiftung.
Beide Seiten, so liest man, freuen sich schon sehr über den Austausch von
Meinungen.
9 Oct 2017
## LINKS
[1] /Rechte-Verlage-auf-der-Buchmesse/!5347583
[2] http://www.fr.de/kultur/buchmesse-frankfurt/frankfurter-buchmesse-sellner-k…
## AUTOREN
Arno Frank
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