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# taz.de -- Relaunch bei ZDFneo: Am Ende sticht der Krimi
> ZDFneo gibt sich eine neue Optik. Der Spartensender will hip und
> innovativ sein. Die Quoten kommen allerdings woanders her.
Bild: Formate wie die Serie „Blockbustaz“ mit Rapper Eko Fresh sollen ein j…
Dass der Sender seiner Zeit tatsächlich voraus ist, hat ZDFneo am
vergangenen Dienstag bewiesen. Da hatten sich die Mainzer dazu entschieden,
die eigentlich für Sonntag angekündigte Make-up-Korrektur des
Sendergesichts spontan vorzuziehen. Neues Logo, neue Typografie, neue
Farben. Bämm – so easy kann das beim Ableger des alten und schwerfälligen
Stammsenders ZDF gehen! Das passt zum Image des 2009 gestarteten ZDFneo,
das sich von Anfang an als „Experimentierplattform“ verstanden hat.
So hatte sich der damalige neo-Senderchef und heutige Programmdirektor des
„großen“ ZDF, Norbert Himmler, auf der IFA einst vor einem angemalten
Müllcontainer voller Wasser präsentiert, der mit Einstiegsleiter und
Luftmatratze zum Swimmingpool umfunktioniert worden war. „Um zu zeigen: wir
machen’s einfach mal anders.“
Seine Sender-Prämisse gilt noch heute: „Er soll jung und er soll hip sein –
er soll aber auch öffentlich-rechtlich sein.“ Diese eher bemüht wirkende
Jugendlichkeit erinnerte zwar an den einstigen Spaßwahlkampf der FDP, doch
in den folgenden Jahren zeigte ZDFneo immer mal wieder, dass es ihm ernst
war mit dem Wunsch, eine Innovationsplattform zu sein, die auch
Nachwuchstalenten eine Chance gibt.
Bezeichnend dafür ist das „TVLab“, das seit 2011 als Versuchslabor neue
Formate präsentierte und die Zuschauer über die Gewinner abstimmen ließ.
Inhaltlich war hier vieles unausgegoren oder einfach nicht überzeugend –
aber immerhin entstand so der Eindruck eines lebendigen Senders. Dazu kamen
prägende Formate wie „neoParadise“ mit Joko und Klaas, „Bambule“ mit S…
Kuttner und „Wild Germany“ mit Manuel Möglich – die mittlerweile jedoch
allesamt eingestellt sind.
„Wir haben viele tolle Formatideen realisiert und uns sowohl beständig als
auch selbstkritisch damit auseinandergesetzt“, erklärt Simone Emmelius,
seit 2012 Senderchefin von ZDFneo, die Entwicklung des Senders „So sind wir
immer präziser und fokussierter geworden.“ Emmelius arbeitet seit 1997 für
das ZDF an der Strategie seiner Digitalsender, hat also den Überblick. „Man
kann es vielleicht auch als profilierter bezeichnen. All das wollen wir in
unserem neuen Design zum Ausdruck bringen.“
## Olle Krimis steigern die Quote
Emmelius kann sich selbstbewusst zu präsentieren: Die Marktanteile des
Senders, der zum Start 2009 noch mit einer Quote von 0,0 Prozent für die
US-Comedyserie „30 Rock“ Häme über sich ergehen lassen musste, sind
mittlerweile beachtlich. Branchenmeldungen von Rekordquoten scheinen diese
Einschätzung zu bestätigen.
Schaut man sich aber diese Erfolge – mit Anteilen von um die sieben bis
acht Prozent – genauer an, wird deutlich, dass ZDFneo diese Zahlen fast
ausschließlich mit Wiederholungen bewährter Krimi-Formate des Hauptsenders
erreicht: „Wilsberg“, „Ein starkes Team“ oder „Einsatz in Hamburg“ …
allesamt erfolgreich im Hauptprogramm und werden hier wiederverwertet. „Das
Entscheidende ist hier eben, diesen Sendungen eine feste Adresse für ihre
Zielgruppe zu geben“, entgegnet Emmelius. „Also 25- bis 50-Jährigen das
Gefühl zu geben, immer ein Programm vorzufinden, das sie interessiert, wann
immer sie ZDFneo anschalten. Und ich müsste doch verrückt sein, das im
Hauptprogramm vorhandene tolle Angebot nicht genau so mit einzubeziehen,
wie beispielsweise englische, dänische oder belgische Serien, die ebenso
auf das Profil von ZDFneo einzahlen.“
Doch der Anteil der jüngeren Zuschauer bei den genannten Krimi-Reihen ist
weitaus kleiner, als die Gesamtzahl suggeriert, über die Hälfte liegen hier
über dem Alter der Zielgruppe. Insgesamt sieht ein zufällig ausgewählter
Wochentag im ZDFneo-Programm dann doch weniger innovativ aus als gedacht:
Wiederholungen von „Lanz kocht!“ und „Lafer!Lichter!Lecker!“ werden von
mehrfachen Slots der Trödelshow „Bares für Rares“ und den ZDF-Krimiserien
„Heldt“ und „Der Ermittler“ abgelöst, dazwischen darf der gute alte
„Columbo“ ermitteln oder die erstmals 2005 im Hauptprogramm ausgestrahlten
„Krimispezialisten“ der BBC. Am Donnerstagabend beschränkt sich das
Innovationsprogramm von ZDFneo auf das Aushängeschild Jan Böhmermann mit
seinem „Neo Magazin Royal“ und die Netflix-Serie „Orange Is The New Black…
## Böhmermann nur Freitag nachts
Andersherum, also mit der Übernahme von ZDFneo-Formaten ins Hauptprogramm,
tut man sich dagegen schwerer. Selbst Böhmermann muss sich immer noch mit
einem späten Freitagnachtplatz begnügen. Viel zu sehen bekommt man im
Hauptprogramm von der Innovationsschmiede nicht. „Das stimmt zwar rein
mengenmäßig, man muss sich dabei aber auch die finanziellen
Größenverhältnisse anschauen“, so Emmelius. „Das heißt, wenn von den
Sachen, die neo produziert tatsächlich etwas im Hauptprogramm läuft, dann
kann das alleine aufgrund der vorhandenen Menge nur wenig sein.“ Zudem
verweist die Senderchefin auf das Know-how der Mitwirkenden aus sogenannten
„Factual-“, also Reality- oder ungeskripteten Unterhaltungsformaten des
Spartensenders, das nun bei Produktionen des ZDF zum Tragen komme.
Bei neo setzte man zuletzt verstärkt auf die Produktion von eigenen Serien.
Ob und wann sich für den Sechsteiler „Tempel“ mit Ken Duken oder die jüng…
auf einem Pressetag vorgestellten Serien „Bruder – Schwarze Macht“ mit
Sibel Kekilli oder „Lobbyistin“ mit Rosalie Thomass jedoch Sendeplätze im
Hauptprogramm finden lassen, muss auch Emmelius offenlassen.
2 Oct 2017
## AUTOREN
Jens Mayer
## TAGS
ZDF
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