Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neue Mini-Serie „Blaumacher“: Darf's ein bisschen derber sein?
> In sechs Folgen zeigt ZDFneo eine Selbstmord-Comedy. Dabei traut sich der
> Sender mehr, als man es von den Öffentlich-Rechtlichen gewohnt ist.
Bild: Frank (Marc Ben Puch) fühlt sich zunehmend unsichtbarer
Neue Antihelden braucht das Fernsehland: „Mein Name ist Frank Sporbert. Ich
bin Mitte 40. Halbzeit. Alles, was ich jemals wollte, war das Leben, das
ich jetzt habe. Und jetzt, wo es da ist –. Mein Leben ist so flach, ich
kann meinen eigenen Grabstein sehen.“ Also warum nicht gleich die Abkürzung
nehmen? Aber es ist gar nicht so einfach, sich mit der Flinte zu
erschießen, [1][wie das Vorbild Kurt Cobain].
Die erste Folge [2][der neuen sechsteiligen (Mini-)Serie] heißt auch gleich
„Teen Spirit“. Und wie bei Cobain ist Geld, zumindest dessen Fehlen, hier
nicht das Problem im gehobenen Einfamilienhausidyll.
Der kaum halb so alten höheren Unternehmensberaternachbartochter graut es
vor Harvard und Südfrankreich, da will sie sich den Strick nehmen. Treffen
sich zwei Seelenverwandte auf einer Wellenlänge. Folge eins endet mit einer
Verabredung: „Sehen wir uns morgen? Nur damit keiner von uns auf dumme
Gedanken kommt.“
## Altes und Gewagtes
Wenn alle [3][(Quoten-)Erwartungen auf dem Erstgeborenen lasten], dann
profitiert das jüngere Geschwisterchen oft von der längeren Leine. Oder:
Wenn ZDFneo in Tragikomödie macht, darf’s ein bisschen derber sein. Siehe
den vierteiligen Sextherapeutenwitz „Komm schon!“ (2015).
Überhaupt kommt einem bei „Blaumacher“ einiges bekannt vor. Nicht nur die
([4][aus Zach Braffs „Garden State“ übernommene]) totale Übereinstimmung …
Farbe und Muster von Kurzarmoberhemd und Tapetenhintergrund. Und wenn der
Schauspieler Josef Heynert – hier als angemessen tumber
Durchschnittsdeutscher Thomas Müller – dem Protagonisten Hörner aufsetzt,
dann erlebt der Zuschauer ein Déjà-vu, weil genau das auch Heynerts
Daueraufgabe im Rostocker „Polizeiruf“ ist. Nachbarstochter: „Mal ehrlich…
wegen der Frau n’ Stecker ziehen? Wenn du sie nicht fickst, dann hast du
sie doch auch nicht vermisst!“ Ihre eigene sexuelle Vorgeschichte kommt
dann in Folge zwei zur Sprache, Titel: „Blasehase“.
Böse pointierte Dialoge sind eine Königsdisziplin – und ein gefährlich
schmaler Grat, wenn der Autor nicht Wilder oder Tarantino oder Dietl heißt
(sondern Bernd Lange). Und ob all die Redundanzen nun lässig zitiert oder
doch eher billig abgekupfert sind – nach zwei Folgen erscheint beides
möglich. In jedem Fall muss man der alten Tante ZDF dankbar sein, wenn sie
nicht völlig neuen, aber eben noch nicht so ausgelutschten – richtig sagt
man wohl: unverbrauchten – Fernsehgesichtern (wie hier Marc Ben Puch und
Laura Berlin und zuvor den Ensembles von „Eichwald, MdB“ und „Komm schon!…
eine neue Bühne bereitet. Alldieweil Heino Ferch und seine zehn besten
Freunde das Hauptprogramm weiter alleine bespielen dürfen.
7 Jun 2017
## LINKS
[1] /Songfragmente-von-Kurt-Cobain/!5264186
[2] /Serienkolumne-Die-Couchreporter/!5386526
[3] /Kommentar-TV-Duell-bei-ARD-und-ZDF/!5042786
[4] /!603468/
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
TV-Serien
ZDF Neo
Komödie
Serien-Guide
öffentlich-rechtliches Fernsehen
ZDF
Die Couchreporter
Jakob Arjouni
Schwerpunkt Gegenöffentlichkeit
Bjarne Mädel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Relaunch bei ZDFneo: Am Ende sticht der Krimi
ZDFneo gibt sich eine neue Optik. Der Spartensender will hip und innovativ
sein. Die Quoten kommen allerdings woanders her.
Serienkolumne Die Couchreporter: Träume, Nazis, verschwundener Bart
„The Last Tycoon“ ist eine Hollywood-Serie über Hollywood – ein Ort hart…
Arbeit und traumhaft schön. Bis die Deutschen kommen.
Arjouni-Adaption „Am Ruder“: Dann eben Kasperletheater
Das ZDF verfilmt eine Kurzgeschichte von Jakob Arjouni. Doch dieses
Unterfangen scheitert leider an den schwachen Darstellern.
Welterklärer Flimmerkiste: Gegenkultur in Serie
Kaum ein Medium reagiert so schnell auf Wandel in der Gesellschaft: Serien
erklären uns die komplizierte Welt. Und trotzdem werden sie verteufelt.
Bjarne Mädel über Theater und Film: „Fernsehen fand ich oberflächlich“
Bjarne Mädel ist einem breiten Publikum als „Tatortreiniger“ bekannt
geworden. Ein Gespräch über Ernsthaftigkeit, Freundschaft und die beste
Diät.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.