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# taz.de -- Drei Direktmandate für die AfD: Die glücklichen Rechten
> Die AfD zieht mit 94 Abgeordneten in den Bundestag ein. Darunter sind
> drei Direktmandatsieger. Eine von ihnen, Frauke Petry, verlässt nun die
> Partei.
Bild: Da lacht er: AfD-Direktmandatsieger Karsten Hilse
Berlin taz | Am Tag danach gibt sich Karsten Hilse cool. Überrascht habe
ihn sein Wahlsieg nicht wirklich, sagt der 53-jährige Bautzner und
Polizist. Er habe schließlich seit anderthalb Jahren auf der Straße
gestanden und mit den Leuten gesprochen. Rund 250 Helfer hätten ihn dabei
angeblich unterstützt. „Und jetzt fahren wir die Ernte ein.“
12,6 Prozent erzielte die AfD am Sonntag bei der Bundestagswahl, das
reichte für 94 Mandate. Drei davon gewannen die Rechtspopulisten auch
direkt – allesamt in Sachsen. Sie gingen an AfD-Bundeschefin Frauke Petry,
an den Malermeister Tino Chrupalla – und an Karsten Hilse.
Seit 30 Jahren ist Hilse Polizist, wenige Jahre nach dem Berufseinstieg
schützte er bei den Pogromen in Hoyerswerda die Heime für Asylbewerber und
Vertragsarbeiter. „Ein Schock“, nannte er die Erfahrung in
Zeitungsinterviews. Dass Hilse heute in genau der Partei ist, die solche
Stimmungen wieder anfacht, weist er zurück.
Der dreifache Vater spricht lieber von einem starken Staat. „Garagen werden
bei uns ausgeräumt, ganze Kuhherden abtransportiert.“ Hilse glaubt:
Organisierte Banden aus Osteuropa steckten dahinter, es brauche wieder
Grenzkontrollen. Und er behauptete auch schon mal, 90 Prozent aller
Polizisten würden AfD wählen.
Damit luchste Hilse der CDU das Direktmandat in Bautzen ab – das die
Christdemokraten dort seit dem Mauerfall hielten. Hilse wählte früher
selbst die CDU, dann wurde ihm die Partei zu mittig. In Bautzen gehe es
vielen so, behauptet er. Auch deshalb der Wahlsieg. „Viele denken hier sehr
konservativ. Und das ist gut.“
## Erst Pegida, jetzt im Bundestag
Das zweite Direktmandat ergatterte Tino Chrupalla, gleich im benachbarten
Wahlkreis Görlitz, kurz vor der polnischne Grenze. Der Malermeister, 41
Jahre und dreifacher Vater, ist ein parteipolitischer Neuling. Erst seit
anderthalb Jahren ist er Mitglied der AfD, regelmäßig aber war er
Pegida-Gänger.
Auch Chrupalla wettert über die Grenzkriminalität und einen „beängstigenden
Linksruck“ im Land. Sein Spezialthema: die Russlandsanktionen. Chrupalla
will sie abschaffen. Der ganze Landkreis leide darunter, vor allem die
Metallbranche. Gehe es so weiter, werde seine Region zum „Armutsgebiet
Europas“. Chrupalla verdrängt mit seinem Wahlsieg einen CDU-Promi aus dem
Bundestag: CDU-Fraktionsvize Michael Kretschmer, auch sächsischer
Generalsekretär, der nicht über die Landesliste abgesichert war.
## Die Parteichefin gewinnt – und sucht den Eklat
Das dritte Direktmandat holte die AfD-Bundeschefin selbst: Frauke Petry.
Die 42-Jährige gewann den Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
deutlich mit 37,4 Prozent. Der CDU-Kandidat kam auf nur 28,8 Prozent. Auch
bei den Zweitstimmen erzielt die AfD in dem Wahlkreis ihr bestes Ergebnis
in Sachsen: 35,5 Prozent. Die Region gilt seit Langem als erzkonservativ,
früher war sie Hochburg der NPD.
Die Petry-Wähler werden mit ihrer Stimme indes die AfD kaum unterstützen:
Noch am Montag – Tag eins nach der Wahl – erklärte Petry, nicht in die
AfD-Bundestagsfraktion zu gehen. Die Partei habe sich zuletzt radikalisiert
und sei zu einer konservativen Realpolitik nicht im Stande. Sie werde nun
als „Einzelabgeordnete“ im Bundestag wirken, so Petry. Postwendend
forderten mehrere Parteiobere, die Bundeschefin müsse die AfD verlassen.
Das verkündete Petry dann auch am Dienstag. „Klar ist, dass dieser Schritt
erfolgen wird“, sagte sie am in Dresden, allerdings ohne einen genauen
Zeitpunkt zu nennen. Ihr Ehemann Marcus Pretzell, Landes- und Fraktionschef
der AfD in Nordrhein-Westfalen, will Partei und Fraktion ebenfalls
verlassen. Diesen Schritt habe Pretzell für die nächste Fraktionssitzung
angekündigt, sagte AfD-Fraktionssprecher Michael Schwarzer am Dienstag in
Düsseldorf.
[1][ Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2017 in unserem Schwerpunkt ]
26 Sep 2017
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## AUTOREN
Konrad Litschko
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