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# taz.de -- Analyse AfD-Fraktion im Bundestag: Das Tabu zerbröselt
> Die AfD will den Bundestag aufmischen – und das wird ihr auch gelingen.
> Zuerst kämpft sie aber intern: Petry will nicht der Fraktion angehören.
Bild: Und nu? Alexander Gauland und Frauke Petry
Es ist eine Zäsur. Erstmals in der jüngeren Geschichte [1][zieht eine
Partei rechts von der Union in den Bundestag] ein. Eine Partei, [2][die
Rechtsradikale in ihren Reihen hat und die Grenze zum Rechtsextremismus
immer wieder lustvoll überschreitet]. Die AfD wird mit 12,6 Prozent der
Wählerstimmen drittstärkste Kraft, im Osten liegt sie auf Platz zwei, in
Sachsen ist sie ganz knapp sogar stärkste Partei. Hier haben die
Rechtspopulisten auch drei Direktmandate geholt.
Die AfD-WählerInnen sind weder alle rechtsextrem noch wirtschaftlich
abgehängt. Klar ist: Auch so genannte bürgerliche WählerInnen lassen sich
von zunehmend rechten Sprüchen nicht mehr abhalten, für die AfD zu stimmen.
Lange galt in Deutschland ein Tabu, das uns vor der Entwicklung wie in
anderen europäischen Ländern bewahrte: Wer sich nicht klar vom
Rechtsextremismus distanzierte, hat im Bundestag nichts zu suchen. Doch
dieses Tabu, das sechs Jahrzehnte gehalten hat, zerbröselt.
Gleich nach den ersten Prognosen hat Alexander Gauland, Spitzenkandidat und
starker Mann der AfD, unter großem Jubel seiner Anhänger den künftigen Kurs
vorgegeben. Die AfD werde die Regierung „jagen“, sagte Gauland. „Und: „…
werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“ Das klingt aggressiv und
das soll es auch. Die AfD will das Klima im Bundestag verändern. In vielen
Landtagen ist bereits zu beobachten, wie erfolgreich die Rechtspopulisten
damit sind. Das Personal dafür haben sie: In den Bundestag ziehen
zahlreiche Männer ein, die nicht nur weit rechts stehen, sondern auch gerne
pöbeln. Stephan Brandner, Höcke-Vertrauter aus Thüringen, ist so ein
Beispiel, auch Jens Maier aus Sachsen.
Doch die AfD will weit mehr als den Bundestag aufmischen. „Wir werden
dieses Land verändern“, hat Gauland bereits am Sonntagabend gesagt. Die
Partei will ein gesellschaftliches Rollback – und Gauland selbst hat in der
Endphase des Wahlkampfes deutlich gemacht, wohin die Reise gehen soll. Mit
seinen Äußerungen über die Entsorgung von Aydan Özoğuz in Anatolien und
darüber, stolz auf die Soldaten der Wehrmacht zu sein, hat er zwei Themen
aufgemacht, in denen in den vergangenen Jahrzehnten Fortschritte mühsam
errungen wurden, die einem Teil der Gesellschaft nicht gefallen: das
Staatsbürgerschaftsrecht und die Geschichtspolitik.
Doch Gauland hat am Sonntagabend seine Partei auch zur – rhetorischen –
Mäßigung aufgerufen: „Bitte keine Sprüche, die uns später auf die Füße
fallen“, rief er seinen Anhängern zu. Der kluge Machtstratege weiß, dass 94
Sitze im Bundestag auch eine Gefahr sein können. Es werden AfDler in den
Bundestag einziehen, die die Landeslisten auffüllten, aber selbst in der
Partei wenig bekannt, politisch unerfahren und zudem unkalkulierbar sind.
Dass dies zum Problem werden kann, haben die Landtagsfraktionen bereits
gezeigt.
Der rechte Gauland-Flügel wird in der neuen Fraktion in der Mehrheit sein,
doch alle Strömungen der gespaltenen Partei sind vertreten. Streit und
Machtkämpfe, die während des Wahlkampfs mühevoll im Zaum gehalten wurden,
werden jetzt erneut aufbrechen. Das zeigte sich gleich am Montag: Frauke
Petry machte deutlich, dass sie der AfD-Fraktion im Bundestag nicht
angehören wird.
Kaum hatte sie die Neuigkeit verkündet, verließ sie eine gemeinsame
Pressekonferenz mit den SpitzenkandidatInnen Alice Weidel und Alexander
Gauland in Berlin. Damit sind die innerparteilichen Konflikte in der AfD
unmittelbar nach ihrem Wahlerfolg dramatisch eskaliert. Entscheidend wird
nun sein, wie viele Abgeordnete Petry folgen werden – und ob dies in die
Landtagsfraktionen überschwappt.
Petry hatte im Machtkampf um den Parteiausschluss von Rechtsaußen Björn
Höcke extrem an Einfluss verloren, die Spitzenkandidatur musste sie ihrem
parteiinternen Gegner Gauland und Alice Weidel überlassen. Als Anführerin
der sächsischen Landesliste hat sie für die AfD nun zwar das herausragende
Ergebnis erzielt: Die AfD ist in Sachsen nicht nur stärkste Kraft, Petry
hat im Erzgebirge auch ein Direktmandat geholt. Und das, obwohl während des
Wahlkampfes parteiinterne Gegner versuchten, ihr die Kandidatur dort
streitig zu machen. Doch Petry hat in der Partei viele gegen sich
aufgebracht, auch so manchen, der ihr eigentlich inhaltlich nahesteht. Und
das zuletzt wenige Tage vor der Wahl, als sie sich von den
AfD-SpitzenkandidatInnen distanzierte.
Vielleicht hat die AfD zunächst mal wieder vor allem mit sich selbst zu
tun.
[3][Lesen Sie mehr zur Bundestagswahl 2017 in unserem Schwerpunkt]
25 Sep 2017
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## AUTOREN
Sabine am Orde
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