# taz.de -- Wahlanalyse für Berlin: Politische Kleinstaaterei | |
> Die CDU wurde in Berlin stärkste Kraft, aber hat Stimmen an FDP und AfD | |
> verloren. Auch Linken-Wähler wechselten zur AfD. | |
Bild: Die Berliner sind wählerisch: Keine Partei überzeugte mehr als 23 Proze… | |
Die ehemals großen Parteien CDU und SPD überzeugen in Berlin immer weniger | |
WählerInnen. Für die SPD stimmten bei der Bundestagswahl am Sonntag nur | |
noch magere 17,9 Prozent der BerlinerInnen, die Sozialdemokraten liegen | |
damit an dritter Stelle hinter der Linkspartei (18,8 Prozent). Die CDU | |
wurde zwar stärkste Kraft in der Hauptstadt, kam aber auch nur auf 22,7 | |
Prozent – sie holte also nicht mal ein Viertel der Stimmen. Die Grünen | |
blieben mit 12,6 Prozent nahezu konstant. | |
Von der Schwäche der ehemals Großen profitierten vor allem AfD und FDP. Die | |
Liberalen kamen in Berlin auf 8,9 Prozent, laut Landeswahlleiterin Petra | |
Michaelis wechselten 67.700 WählerInnen von der CDU zur FDP. Für die AfD | |
stimmten 12 Prozent der BerlinerInnen, etwas weniger als bundesweit. Die | |
Partei mobilisierte zahlreiche Nichtwähler, zog aber nach Angaben der | |
Landeswahlleiterin auch rund 54.000 Stimmen von der Linken ab. Über 46.000, | |
die zuvor CDU gewählt hatten, stimmten nun ebenfalls für die AfD. | |
Wie sehr Berlin politisch zerfasert, lässt sich auch beim Blick auf die | |
Ergebnisse in den Kiezen erkennen. Die CDU dominiert den Westen der Stadt. | |
Die FDP hat ihre Hochburgen in Schmargendorf, Grunewald und Dahlem. Viele | |
Grünen-Anhänger wohnen innerhalb des S-Bahn-Rings, es gibt jedoch auch eine | |
grüne Blase in Steglitz-Zehlendorf. Die Linkspartei ist vor allem im Osten | |
stark. Aber nicht nur dort: Sie bekam auch in Teilen des östlichen | |
Kreuzbergs und in Nordneukölln Mehrheiten, ebenso wie in einzelnen | |
Wahllokalen in Wedding. | |
Die AfD konnte vor allem in Ost-Bezirken punkten: In Marzahn-Hellersdorf | |
wurde die Rechts-außen-Partei mit 21,6 Prozent zweitstärkste Kraft hinter | |
der Linkspartei. Besonders hohe Stimmenanteile erhielt die AfD mit jeweils | |
über 23 Prozent an der Grenze zwischen Buch und Karow, dem Norden Marzahns, | |
Falkenberg und im nördlichen Hellersdorf. Auch am westlichen Stadtrand | |
findet die AfD Anhänger: In Spandau kam sie insgesamt auf 14,1 Prozent. | |
## Direktmandate | |
Bei den Erststimmen gab es im Vergleich zur Bundestagswahl 2013 nur wenig | |
Verschiebungen. In Mitte verteidigte die SPD-Abgeordnete Eva Högl ihren | |
Wahlkreis gegen den Ex-Landeschef der CDU, Frank Henkel. Der kam nur auf | |
Platz drei – hinter dem Kandidaten der Linken, Stephan Rauhut. Mit Spandau | |
und Neukölln holte die SPD zwei weitere umkämpfte Wahlkreise. | |
In Charlottenburg-Wilmersdorf verlor der SPD-Kandidat und ehemalige | |
Staatssekretär für Kultur, Tim Renner, gegen den CDU-Mann Klaus-Dieter | |
Gröhler. In Steglitz-Zehlendorf setzte sich mit Ex-Justizsenator Thomas | |
Heilmann ebenfalls ein Christdemokrat durch. Zwei weitere Direktmandate | |
holte die CDU in Tempelhof-Schöneberg und Reinickendorf. | |
Die Linkspartei bekam in vier Ostbezirken die meisten Erststimmen – Gregor | |
Gysi, Gesine Lötzsch, Stefan Liebich und Petra Pau erhielten das Mandat. | |
Die Grüne Canan Bayram verteidigte Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg | |
Ost, den ehemaligen Wahlkreis von Christian Ströbele. Allerdings wurde es | |
denkbar knapp: Bayram erhielt 26,3 Prozent der Stimmen und lag am Ende nur | |
1,4 Prozentpunkte vor dem Kandidaten der Linkspartei, Pascal Meiser. | |
Gegenüber der Wahl 2013 ist die Beteiligung in Berlin von 72,5 Prozent auf | |
etwa 75,6 Prozent leicht gestiegen. Bei der Auszählung gab es am Sonntag | |
Verzögerungen: Die elektronische Übermittlung der Stimmen aus den | |
Wahllokalen habe für eine Stunde völlig ausgesetzt und sei danach nur mit | |
Problemen gelaufen, sagte Landeswahlleiterin Michaelis am Montag. Die | |
Ursache sei noch unklar, einen Hackangriff schließe sie aber aus. | |
25 Sep 2017 | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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