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# taz.de -- AfD-Politikerin dampft aus Talkshow ab: Der rechte Trick mit der Op…
> Alice Weidel verlässt vorzeitig einen Live-Politiktalk im ZDF. Alles
> riecht nach Inszenierung: Schon wieder ist die AfD in der Opferrolle.
Bild: Alice Weidel von der AfD schmollt hier noch im ZDF-Studio
„Rücken Sie ein wenig auf?“, fragt Moderatorin Marietta Slomka, Die Runde
lacht und schließt rasch die Lücke, die sich vor wenigen Momenten aufgetan
hat. Ein Bild wie 2013. Die gute alte Zeit, als die parteipolitische
Landschaft in Deutschland noch in Ordnung war. Von links nach rechts am
Pult stehen nun also Katja Suding (FDP), Heiko Maas (SPD), Jürgen Trittin
(Grüne), Andreas Scheuer (CSU), Katja Kipping (Linke) und Ursula von der
Leyen (CDU). Es fehlt: Alice Weidel, Spitzenkandidaten der AfD und seit
Tagen Dauergast im Polit-TV. Denn die hatte nach etwa einer Stunde
ZDF-Livetalk – Titel: „Wie geht’s, Deutschland?“ – am Dienstagabend d…
Studio vorzeitig verlassen.
Was war geschehen? CSU-Generalsekretär Scheuer sagt Altbekanntes über
Flüchtlinge, als Weidel ihm ins Wort fällt und ihm vorwirft, er wolle
illegale Einwanderung legalisieren. Scheuer fordert sie im Gegenzug dazu
auf, sich von Gauland und Höcke zu distanzieren. Höcke sei für ihn „einfach
ein Rechtsradikaler“. Weidel murmelt noch einmal genervt „illegale
Einwanderung“ vor sich hin, sammelt ihre Blätter zusammen – [1][und
verlässt die Runde]. Applaus im Publikum. „Gehen Sie jetzt?“ fragt
Moderatorin Slomka ungläubig. Weidel winkt ab, die verbliebenen Politiker
blicken ihr erstaunt hinterher.
Im Verlauf der Sendung wurde Weidel vor allem von Heiko Maas und Jürgen
Trittin immer wieder hart angegangen. Doch ausgerechnet ein CSUler vermag
es, sie aus dem Studio zu treiben? Durchaus amüsant, wenn es nicht so ernst
wäre. Zumal Weidel nicht bekannt ist als Unterstützerin von AfD-Rechtsaußen
Björn Höcke.
Weidels durchchoreographierter Abgang wirkt wie eine inszenierte
Eskalation, ein PR-Manöver, das der AfD neue Schlagzeilen bringt. Kann ja
nicht schaden im Wahlkampf. Denn die Spitzenkandidatin muss in Sachen
Bekanntheitsgrad noch ordentlich aufholen. Und auch Wähler, die der AfD
durchaus positiv gegenüber stehen, können sich jetzt ihrer Sache noch
einmal gewiss werden: Seht her, die AfD, Opfer des Staatsfunks und der
etablierten Parteien! Rein in die Opferrolle. Ein bekannter Trick von
Rechten, der immer wieder funktioniert.
Ist es die AfD nicht selbst, die sich durch plumpe Inszenierung als Opfer
von wem oder was auch immer stilisiert, dann helfen Medien, wenn sie der
AfD eine Extrabehandlung zukommen lassen. Dann helfen Stadtverwaltungen,
die AfD-Politikern Auftrittsverbot erteilen oder andere Parteien, die sich
direkten Diskussionen mit der AfD verweigern. Es ist ein Dilemma.
Einerseits will man die AfD nicht zur normalen Partei erheben, andererseits
spielt man ihr damit immer wieder in die Karten.
## Minuten später die Pressemitteilung
Minuten nach Weidels Abgang verschickt die AfD eine Pressemitteilung. Kein
Wort darin von Scheuer. Stattdessen greift Weidel darin Moderatorin Slomka
an. Diese habe sich als „parteiisch und vollkommen unprofessionell
geoutet“, heißt es. Sie habe sich mit den „frechen Intoleranz“ und den
„plumpen Argumentation“ von SPD und Grünen gemein gemacht. „Ein weiterer
Grund, die Zahlungen des Rundfunkbeitrags zu verweigern“. Und schwupps,
gleich noch eine zentrale Wahlkampfforderung untergebracht. Als hätte man
es von langer Hand geplant.
„Ich bedanke mich bei ihnen, die Sie alle geblieben sind bei dieser
Sendung, um sich der Diskussion zu stellen“, schließt Slomka die Sendung am
Dienstagabend. Die Verbliebenen lächeln.
Slomka wirkte im Vergleich zu anderen TV-Moderatoren der vergangenen Wochen
und Tage ausgewogen, auch wenn sie Weidel mal ins Wort fiel, vielleicht
etwas barscher als sonst. Über den Umgang von Journalisten mit der AfD
lässt sich durchaus streiten. Sollen sie unterbrechen, korrigieren, ihre
persönliche Abneigung durchscheinen lassen? Gilt nicht das Ideal der
journalistischen Unabhängigkeit? Oder ist das im Umgang mit der AfD
überholt? Darüber muss diskutiert werden.
Besonders weil am Dienstag auch der Tag war, an dem sich das Parlament zum
letzten Mal in dieser Legislaturperiode im Paradies wähnen konnte, so ganz
ohne die AfD. In wenigen Wochen wird sich das ändern. Dann werden
Rechtsextreme im Bundestag sitzen. Und den werden die AfDler freiwillig so
schnell nicht wieder verlassen wie Weidel ein TV-Studio.
6 Sep 2017
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=zAXvwLdfiy0
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
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