# taz.de -- Entlohnung von Essenskurieren: Arbeit auf Abruf | |
> Das Risiko werde vom Unternehmen auf die Fahrer verlagert, sagen | |
> Kritiker. Nun fordern Essenskuriere in Deutschland faire Löhne. | |
Bild: Ja, mir san mit'm Radl da | |
Berlin taz | In Deutschland gibt es rund 2.500 Foodora-Kuriere, zu ihnen | |
zählt auch Georgia Palmer. Die Studentin ist auf den Nebenjob angewiesen. | |
Unter dem Titel „Arbeitskampf auf dem Fahrradsattel“ wurde am Montag im | |
taz-Café diskutiert. | |
Die Bestellungen über Foodora funktionieren per App: Palmer loggt sich zu | |
Beginn ihrer Schicht ein. Die gesamte Arbeitszeit kann die App | |
nachverfolgen, wo sie sich befindet. Bestellt ein Kunde, erhält Palmer eine | |
Nachricht. Nimmt sie den Auftrag an, fährt sie zum Restaurant, holt das | |
Essen ab und liefert es dem Kunden nach Hause. Dafür erhält sie neun Euro | |
pro Stunde. Nach der Bestellung soll der Kunde die Mahlzeit in maximal | |
einer halbe Stunde erhalten. | |
Foodora-Sprecher Vincent Pfeifer ist zufrieden: „Die Kuriere haben feste | |
Verträge, wir bezahlen die Versicherungen und der Stundenlohn ist für | |
jemanden, der keine Ausbildung hat, gut.“ Clemens Melzer von der | |
unabhängigen Gewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU) will die gesamte | |
Branche dagegen durch die Kampagne „Deliverunion“ verändern. | |
Melzer kritisiert die Bezahlung und die Arbeit auf Abruf: „Die Fahrer | |
konkurrieren untereinander, sie wissen nie, wie viel Geld sie am Ende des | |
Monats verdienen oder wie viele Stunden sie in der nächsten Woche | |
arbeiten.“ Ein weiteres Problem seien die Arbeitsmittel, die die Fahrer | |
selbst bezahlen müssen. Jeder braucht ein Smartphone und ein Fahrrad. Für | |
den Handyvertrag oder Reparaturen am Rad müssen die Kuriere selbst | |
aufkommen. | |
Laut Palmer gibt es für Minijobber und Aushilfen keine Mindestanzahl von | |
Stunden, die sie monatlich leisten. Melzer sieht Foodora als Teil einer | |
„Gig-Economy“, bei der sich die Angestellten wie eine Band von Auftrag zu | |
Auftrag hangeln. | |
Die Kuriere seien nicht flexibel und müssten oft abends oder an Wochenenden | |
Schichten fahren, wofür sie keinen Bonus erhielten. Das Risiko werde vom | |
Unternehmen auf die Arbeiter verlagert. Pfeifer bestreitet das und | |
appelliert an die „Riderschaft“, angenommene Schichten auch zu fahren, | |
damit kein Chaos entstehe. | |
Melzer kritisiert, dass sich die Kuriere steigern und möglichst viele | |
Lieferungen pro Stunde machen müssten, da sie sonst weniger Schichten | |
bekämen. Pfeifer entgegnet: „Die Fahrer werden nicht mit der Peitsche durch | |
die Stadt gejagt.“ Den Fahrern ist jedoch unbekannt, nach welchen Kriterien | |
der Algorithmus funktioniert. Im Frühjahr schaffte Foodora zudem den | |
Wochenendzuschlag von einem Euro pro Stunde ab. Stattdessen soll es den | |
Fahrern zugute kommen, wenn sie viele Schichten annehmen, schnell liefern | |
und zuverlässig sind. | |
„Wir wollen eine Garantie, genug Schichten zu bekommen, die Kostenübernahme | |
von Arbeitsmaterialien und höhere Löhne“, forderte Georgia Palmer am | |
Montag. Protestaktionen sind nicht ausgeschlossen: Schon Ende Juni hatten | |
Fahrer während einer Raddemo alte Fahrradteile vor die | |
Deliveroo-Geschäftsstelle geworfen. | |
11 Jul 2017 | |
## AUTOREN | |
Laura Weigele | |
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