# taz.de -- Arbeitsbedingungen bei Lieferdiensten: Protest mit Schrott | |
> Mitarbeiter der Lieferdienste Foodora und Deliveroo protestieren, weil | |
> sie die Reparaturkosten für ihr Fahrrad selbst tragen müssen. | |
Bild: Ein Fahrradkurier von Foodora im Einsatz | |
Vor der Zentrale der Lieferdienste Deliveroo und Foodora liegt ein großer | |
Haufen Schrott, der mal zu diversen Fahrrädern gehörte: kaputte Schläuche, | |
Bremsblöcke und Ketten, die in den vergangenen Monaten beim Einsatz der | |
FahrerInnen zu Bruch gingen. Am frühen Mittwochnachmittag protestieren | |
einige von ihnen, weil sie in Zukunft nicht mehr selber für Reparaturen an | |
ihren Fahrrädern aufkommen wollen. | |
Auch Leon Zimmer (Name geändert) beteiligt sich an dem kreativen Protest, | |
an dem sich laut Veranstalter rund 50 Fahrradkuriere beteiligten. Sein | |
letzter Auftrag lag zufällig in der Nähe, sonst hätte er es nicht | |
geschafft. Zimmer legt ein Paar verschlissene Bremsblöcke auf den | |
Schrotthaufen. | |
Zimmer ist seit einem Jahr bei Foodora fest angestellt. 40 Stunden die | |
Woche fährt er im Schichtsystem durch Berlin, versorgt hungrige Mäuler mit | |
bestellten Leibspeisen. „Ich mag den Job, du bist immer draußen, hältst | |
dich fit, triffst Leute.“ Selbst die zum Teil harten Arbeitsbedingungen – | |
es wird auch bei Wind und Wetter gefahren – machen ihm nichts aus. | |
Wären da nur nicht die „Steine“, die Foodora ihm und seinen KollegInnen in | |
den Weg legen würde. 25 Cent pro Stunde für Materialverschleiß habe sein | |
Arbeitgeber als Reaktion auf den Protest angeboten, was nicht einmal die | |
Materialkosten decken würde. „Es müsste doch so laufen: Wenn was am Rad, | |
unserem Arbeitswerkzeug, kaputt geht, geht der MitarbeiterIn in die nächste | |
Werkstatt und reicht im Anschluss die Rechnung ein“, fordert Zimmer. | |
## Umstrittenes Bewertungssystem | |
Neben der fehlenden Übernahme von Reparaturkosten kritisiert Zimmer auch | |
das System, mit dem jedeR FahrerIn alle zwei Wochen bewertet wird. Aus | |
diversen Faktoren wie Geschwindigkeit, Aufträge pro Stunde und Anzahl an | |
Wochenendeinsätzen errechne sich die numerische Effizienz der | |
MitarbeiterInnen. Die besten 15 Prozent würden belohnt, bekämen einen Euro | |
Stundenlohn mehr. | |
Ist man nicht schnell genug und/oder hat am Wochenende keine Zeit (oder | |
Lust) zum Arbeiten, verteile der Logarithmus einen Auftrag an einen | |
schnelleren Kollegen im Einsatzgebiet, was sich negativ auf die Effizienz | |
auswirke. Hinzu komme, dass die einstündige (unbezahlte) Pause zwischen den | |
Vierstundenschichten bei Weitem nicht immer eingehalten werden kann: | |
„Manchmal hat man noch zwei Aufträge auf dem Rücken, obwohl man kurz vor | |
der Pause steht. Das Mittagessen wird dann zwischen Tür und Angel oder auf | |
dem Fahrrad eingenommen“, so Zimmer. „Eine dynamische Pause würde uns da | |
helfen.“ | |
Nach genau 17 Minuten muss Zimmer die Demo verlassen und schwingt sich auf | |
den Sattel. Sein nächstes Ziel: ein Fast-Food-Restaurant in Mitte. | |
24 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Martin Horn | |
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