| # taz.de -- Flüchtlingsunterkünfte in Berlin: Das Warten leid | |
| > 20 Bewohner einer Notunterkunft in Berlin-Marzahn haben ab Freitag einen | |
| > Hungerstreik angekündigt. Umzug in Gemeinschaftsunterkunft zieht sich | |
| > hin. | |
| Bild: In einer Notunterkunft | |
| Kartoffeln, Kartoffeln und nochmals Kartoffeln. Er ertrage das Essen nicht | |
| länger, sagt ein 28-jähriger Syrer, der in einer Notunterkunft in der | |
| Bitterfelder Straße in Marzahn lebt. In einer Pressemitteilung haben die | |
| Bewohner der Einrichtung nun angekündigt, in den Hungerstreik zu treten. | |
| Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamts für Flüchtlinge (LAF), | |
| bestätigte am Freitag: „Diese Ankündigung ist uns bekannt.“ Der Betreiber, | |
| die Volkssolidarität, und das LAF bemühten sich, den Problemen abzuhelfen. | |
| Allerdings könne das noch einige Wochen dauern, sagte Langenbach. | |
| Das Problem in der Bitterfelder Straße 13 ist grundsätzlicher Natur. | |
| Solange eine Einrichtung als Notunterkunft deklariert ist, werden alle | |
| Bewohnerinnen und Bewohner mit Essen versorgt. Darüber hinaus steht ihnen | |
| lediglich ein Taschengeld von rund 140 Euro im Monat zu. Im Unterschied | |
| hierzu gibt es in Gemeinschaftsunterkünften Küchen. Die Flüchtlinge | |
| versorgen sich selbst und haben Anspruch auf bis zu 350 Euro, angelehnt an | |
| die Hartz-IV-Regelsätze. | |
| In Berlin gibt es laut LAF rund 19.500 Notunterkunftsplätze, von denen rund | |
| 12.000 belegt sind (Stand Mai 2017). Die Einrichtung in der Bitterfelder | |
| Straße 13 ist laut Lagenbach seit 21 Monaten belegt und gehört zu den eher | |
| kleineren Unterkünften. Die Mehrzahl der Bewohner kommt aus Syrien, einige | |
| aus Afghanistan. | |
| In der Pressemitteilung wurde der Beginn des Hungerstreiks für den | |
| gestrigen Freitag angekündigt. Ein 28-jähriger Syrer, der nicht mit Namen | |
| zitiert werden möchte, sagte zur taz, er wisse von rund 20 Leuten, die sich | |
| beteiligen wollten. Er selbst nehme bereits seit Donnerstag keine Nahrung | |
| mehr zu sich. Er lebe von Anfang an in der Unterkunft. Nach so langer Zeit | |
| sei man das Essen aus Großküchen, unabhängig von dessen Qualität, einfach | |
| leid. Viele kauften sich vom Taschengeld längst außerhalb eigene | |
| Lebensmittel. Diese im Heim zuzubereiten sei aber verboten, und es sei auch | |
| gar nicht möglich, weil es weder Kochgelegenheiten noch Kühlschränke gebe. | |
| Warum die Bitterfelder Straße 13 nicht einfach den Standard einer | |
| Gemeinschaftsunterkunft bekomme, fragte sich der Mann. Dass das ginge, habe | |
| er auf der anderen Seite der Straße gesehen. Die dortige | |
| Flüchtlingsunterkunft sei längst umgewandelt worden. | |
| Forderungen wie diese „werden stetig an uns herangetragen“, sagte | |
| LAF-Sprecher Langenbach. Mitarbeiter des LAF und der Volkssolidarität | |
| sprächen mit den Bewohnern. „Wir bemühen uns, das so schnell wie möglich zu | |
| regeln.“ Angesichts der vielen Notunterkünfte, die es freizuziehen gelte, | |
| ließe sich aber kein konkretes Datum nennen. | |
| 23 Jun 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Plutonia Plarre | |
| ## TAGS | |
| Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) | |
| Elke Breitenbach | |
| Geflüchtete | |
| Lageso | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Flüchtlinge | |
| Migration | |
| IGA 2017 | |
| Prostitution | |
| Unterbringung von Geflüchteten | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Protest gegen Sammelunterkunft: Geflüchtete wollen bleiben | |
| Flüchtlinge in Göttingen fürchten Zwangsverlegung in andere Unterkunft und | |
| machen ihrem Ärger mit einem offenen Brief Luft. | |
| Unterbringung von Geflüchteten in Berlin: „Es gibt ein Zweiklassensystem“ | |
| Zwei Jahre nach dem Flüchtlingssommer läuft weiterhin viel schief, sagt | |
| Diana Henniges von „Moabit hilft“. Zudem halte sich Rot-Rot-Grün sich nicht | |
| an Wahlversprechen. | |
| taz-Serie Marzahn-Hellersdorf: Die Freiheit im siebten Stock | |
| Am 8. Juli 1977 wurde die erste Platte in der Großsiedlung Marzahn gesetzt. | |
| Brigitte und Günther Klich gehörten zu den Ersten, die eine Wohnung im | |
| Plattenbau bezogen. | |
| Protest von Geflüchteten in Berlin: Küchen statt Fertigfraß | |
| 11.000 Flüchtlinge leben noch in Notunterkünften, wo sie nicht selber | |
| kochen können, sondern Fertigmahlzeiten bekommen. Dagegen regt sich | |
| Protest. | |
| Asylbewerber in Ostdeutschland: Die Flucht nach der Flucht | |
| Viele Geflüchtete verlassen Ostdeutschland in Richtung Westen. Teile der | |
| sächsischen Linken wollen jetzt eine Residenzpflicht. | |
| Bürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf: „Der aktivste AfDler hier ist ein W… | |
| Von außen betrachtet sieht vieles anders aus: Das zeigt sich im Gespräch | |
| mit Dagmar Pohle. Die Bürgermeisterin über Flüchtlinge, die AfD und wie sie | |
| nach Marzahn kam. | |
| Obdachlose Flüchtlinge in Berlin: Asylstatus: prostituiert | |
| Früher war Ali ein junger Afghane, der Schutz in Deutschland suchte. Heute | |
| ist er obdachlos, von Heroin abhängig und Stricher. | |
| Streit um Flüchtlingsheime: Gierso wieder im Boot | |
| Das Landesamt für Flüchtlinge will sich doch mit dem Heimbetreiber | |
| einigen, der kurzfristige Umzug von bis zu 900 BewohnerInnen ist erstmal | |
| vom Tisch. | |
| Ugandischer Politiker über Flüchtlinge: „Unsere Grenzen bleiben offen!“ | |
| In Uganda werde niemand abgewiesen, sagt Musa Ecweru, Minister für | |
| Flüchtlingsangelegenheiten. Denn man habe aus der Geschichte gelernt. |