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# taz.de -- Pro & Contra Politik Frankreich: Haben Macrons Reformen Chancen?
> Macron steht auch bei der Parlamentswahl vor einem großen Sieg. Seine
> Politik wird sehr unterschiedlich beurteilt.
Bild: Und dann war da nur noch einer: Emmanuel Macron
## Ja
Frankreich und Europa hätte nichts Besseres passieren können als die Wahl
dieses französischen Präsidenten. Denn Emmanuel Macron ist das Gegenteil
eines engstirnigen Nationalisten, der dem auch unter Linken verbreiteten
Glauben nachhängt, in einer globalisierten Weltwirtschaft könnten kleine
Königreiche etwas gegen multinationale Konzerne ausrichten. Macron ist ein
überzeugter Europäer. Mehr noch: Der Linksliberale will das
sanierungsbedürftige Haus Europa von Grund auf renovieren.
Macrons Chancen, das EU-Spardiktat der Bundesregierung zu durchbrechen und
eine gerechtere Verteilung zwischen Nord und Süd zu ermöglichen, stehen
gut. Und das liegt ironischerweise daran, dass Macron eben kein Linker ist.
Der könnte – siehe Alexis Tsipras in Griechenland – leicht isoliert und als
weltabgewandter Spinner abgetan werden. Macron dagegen könnte es gelingen,
Regierungen von Portugal bis Italien hinter sich zu scharen. Nicht dem
französischen Präsidenten droht so die Isolation, sondern dem deutschen
Finanzminister Wolfgang Schäuble.
Dass das kein Selbstläufer wird, ist selbstverständlich. Dass Macron als
Erstes die traurige wirtschaftliche Lage in seiner Heimat vorgehalten wird,
auch. Doch Macron hat begriffen, dass Reformen in Europa nur aus einer
Position der Stärke heraus möglich sind. Auch deshalb sind seine
Vorstellungen einer sozial- und wirtschaftspolitischen Reform richtig.
Der mit verbeamteten Sesselfurzern durchsetzte französische Staat mit
seinem undurchdringlichen Regelwerk an Gesetzen und Verordnungen ist
nämlich keineswegs, wie manche Gewerkschafter glauben machen, in erster
Linie eine Errungenschaft der Arbeiterklasse. Es handelt sich in Wahrheit
vor allem um ein träges bürokratisches Monster, das Veränderungen
verhindert. Macron will dieses Monster aus Partikularinteressen bändigen.
Das wird nicht ohne Krach klappen. Doch mit einer absoluten Mehrheit in der
Nationalversammlung stehen die Chancen besser als jemals zuvor. (Klaus
Hillenbrand)
## Nein
Macrons Wirtschaftsprogramm kann nicht funktionieren. Denn er verspricht
Wohltaten für alle – ohne zu erklären, wie er die Nachlässe bei den Steuern
und Sozialabgaben finanzieren will. Die Ärmsten sollen genauso profitieren
wie die Unternehmer. Das Ergebnis ist abzusehen: Die Defizite im
französischen Staatshaushalt dürften weiter steigen.
Mit seinem realitätsfernen Wohlfühlprogramm hat Macron gezeigt, dass er
weiß, wie man Mehrheiten gewinnt. Die Wähler wollen keine durchgerechneten
Programme, sondern setzen auf das Prinzip Hoffnung.
Den „echten“ Macron wird man also erst in den nächsten Monaten
kennenlernen, wenn er tatsächlich regiert. Doch Skepsis ist angebracht,
dass er Erfolge einfahren kann. Denn Macron hält an der falschen
Reihenfolge fest: Erst will er sein eigenes Land reformieren – dann Europa.
Es klingt zwar logisch, zunächst „eine Position der Stärke“ anzustreben,
bevor man sich mit seinen Nachbarn auseinander setzt. Doch damit verkennt
Macron die Machtverhältnisse. Frankreich kann nicht aus eigener Kraft
erstarken. Dem Land kann es nur besser gehen, wenn sich Deutschland wandelt
und seine Exportüberschüsse abbaut. Macron, will er eine Chance haben, muss
Deutschland sofort attackieren.
In Deutschland ist es beliebt zu glauben, dass Frankreich ein sklerotisches
Land sei, in dem „verbeamtete Sesselfurzer“ ein „bürokratisches Monster�…
aufblähen würden. Dies ist erstens ein Zerrbild, das zweitens nichts
erklärt: Die Franzosen hatten schon immer eine hohe Staatsquote, waren aber
trotzdem ein extrem erfolgreiches Industrieland.
Erst neuerdings fahren die Franzosen Außenhandelsdefizite ein, während die
deutschen Exportüberschüsse explodieren. Nicht die Franzosen sind das
Problem – sondern die Deutschen, die Lohndumping betreiben. Macron wird
politisch nur überleben, wenn er klarmacht: Die Gehälter in Deutschland
müssen steigen. Mächtige Bündnispartner hätte er. Das Gleiche sagen auch
der Internationale Währungsfonds (IWF) und die OECD. (Ulrike Herrmann)
12 Jun 2017
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
Klaus Hillenbrand
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