# taz.de -- Kommentar Frankreichs Parlamentswahl: Macron, der Ersatzmonarch | |
> Viele Linke in Frankreich fordern eine demokratischere Republik. Die | |
> Bevölkerung kultiviert jedoch eine gewisse Nostalgie für die Monarchie. | |
Bild: Der französische Präsident Emmanuel Macron kommt gut an beim Volk | |
Zahlreiche Stimmen, vor allem von links, fordern die Ausrufung einer | |
sechsten Republik, demokratischer als die jetzige fünfte. Letztere sei zu | |
autoritär, zu monarchistisch und zu weit entfernt von der politischen | |
Realität des Landes. | |
Aber denkt die Bevölkerung genauso? Ist sie schockiert angesichts der | |
Übermacht des Präsidenten, der systematischen Unterrepräsentierung von | |
Minderheiten, kurz: angesichts der republikanischen Monarchie, die General | |
de Gaulle einst angestrebt hatte? Diese Frage stellt sich, denn: in seinem | |
konkreten Verhalten drückt das Wahlvolk im Grunde das genaue Gegenteil aus. | |
Zunächst durch die Wahl eines Präsidenten, der die Verfassung so lassen | |
will, wie sie ist, und der außerdem im Voraus angekündigt hatte, dass er | |
alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen werde, um das Land in seinem | |
Sinne zu reformieren – nicht zuletzt mithilfe von Verordnungen, die es ihm | |
erlauben, dem Parlament seine legislativen Vorrechte zu entziehen. Nun kann | |
er sich mit der Aussicht auf eine parlamentarische Mehrheit schmücken, die | |
die Opposition im Parlament de facto zerquetschen dürfte. | |
Dabei sollte man meinen, die WählerInnen würden ihr Votum korrigieren, | |
indem sie für die Nationalversammlung eine starke Opposition wählen, ob nun | |
links oder rechts, die den Präsidenten zwänge, eine Koalition zu bilden wie | |
in anderen europäischen Demokratien üblich. Nach ihrer Stimme gefragt, | |
erklärten viele WählerInnen, man müsse Macron „seine Chance geben“. | |
Tatsächlich bedeutet das, ihn mit einer gleichförmigen Masse von | |
Abgeordneten zu versehen, die bereit sind, ohne Zögern für alle seine | |
Projekte zu stimmen. | |
Offenbar kultivieren die Franzosen – ohne es sich einzugestehen – eine | |
gewisse Nostalgie für die Monarchie, als bereuten sie tief im Innern noch | |
immer, dass die Revolution Louis XVI. guillotiniert hatte, und suchten | |
einen Ersatz für ihn. Dieses Unterbewusstsein wird, den reformatorischen | |
Hoffnungen zum Trotz, die kommenden Wahlen dominieren. | |
Dieser Text ist Teil einer Kooperation der taz mit [1][der französischen | |
Tageszeitung Libération] [2][im Wahljahr 2017] | |
9 Jun 2017 | |
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## AUTOREN | |
Laurent Joffrin | |
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