# taz.de -- Parlamentswahl in Frankreich: Triumph mit Obergrenze | |
> Die Partei des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron hat eine | |
> klare Mehrheit bekommen. Die Wahlbeteilung war historisch tief. | |
Bild: Freut sich über den Wahlsieg von La République en marche: Präsident Em… | |
Paris taz | Die französischen Wähler und Wählerinnen wollten eine | |
regierungsfähige Mehrheit für Präsident Emmanuel Macron, aber lieber doch | |
keine allzu massive Vorherrschaft in der Nationalversammlung. Bei den | |
Stichwahlen hat die Regierungsmehrheit, bestehend aus Macrons „La | |
République en marche“ (REM) und dem zentrumsdemokratische Koalitionspartner | |
MoDem, laut ersten Hochrechnungen 355 der 577 Sitze errungen. | |
Die REM hat davon alleine 311 Mandate, das heißt mehr als die für eine | |
absolute Mehrheit erforderlichen 289. Dennoch liegt diese Ausbeute von | |
REM-MoDem klar unter dem seit Tagen angekündigten Erdrutsch mit 450 | |
Mandaten oder mehr, den die Umfrageinstitute nach dem ersten Wahlgang | |
prophezeit hatten. | |
Für alle anderen Parteien sehen im Gegenzug ihre Niederlagen sofort etwas | |
weniger dramatisch aus. Das bürgerlich-konservative Lager von LR-UDI kommt | |
schätzungsweise immerhin noch auf 125 Sitze und die Sozialisten mit ihren | |
Verbündeten auf 49, die linke Bewegung „La France insoumise“ (Die | |
„Unbeugsamen“) von Jean-Luc Mélenchon auf 19 und die Kommunisten (PCF) auf | |
11, während der Front National von Marine Le Pen, die selber erstmals ins | |
nationale Parlament einzieht, insgesamt acht Abgeordnete haben könnte. Auf | |
diverse andere (Regionalisten oder Autonomisten in Übersee) entfallen zehn | |
Sitze. | |
Das herausragende Merkmal ist es, dass das Stimmvolk bei den Stichwahlen | |
die Tendenz ganz offensichtlich korrigieren wollte, um der zukünftigen | |
Regierungsmehrheit keine krasse Übermacht zu geben. In der Opposition gibt | |
es wiederum keinen großen Block, sondern mehrere Gruppen, die die | |
Fraktionsstärke von mindestens 15 Mandaten erlangen. | |
## Historischer Tiefpunkt bei der Wahlbeteiligung | |
Außerdem ist die historisch tiefe Wahlbeteiligung von 42 bis 43% zu | |
unterstreichen: „Wozu nochmals wählen gehen, wenn ohnehin schon alles | |
entschieden ist und das Ergebnis im Voraus feststeht…“ So oder ähnlich | |
tönten die Entschuldigungen sehr vieler Wahlberechtigter, die es beim | |
vierten kurz aufeinanderfolgenden Wahltag nicht für notwendig hielten, | |
persönlich ihre Stimme abzugeben. | |
Wie dies aufgrund der Ausgangslage zu erwarten gewesen war, sank der Anteil | |
der Wählenden mit deutlich weniger als der Hälfte der Stimmberechtigten auf | |
einen historischen Tiefpunkt. Das sonnige Sommerwetter in weiten | |
Landesteilen war zudem auch nicht angetan, die Leute zur Erfüllung der | |
demokratischen Bürgerpflicht anzuhalten. | |
Es war am Ende fast erstaunlich, dass immerhin noch mehr als 40 Prozent der | |
Eingeschriebenen wählen gingen. Gültig ist das Resultat abgesehen davon | |
ohnehin, und die neue Mehrheit zugunsten von Emmanuel Macron kann ihre | |
gesetzgeberische Legitimität damit begründen. | |
Die Sozialisten, die in den vergangenen fünf Jahren unter Präsident | |
François Hollande regiert hatten, müssen eine verheerende Niederlage | |
einstecken. Nach dem Bekanntwerden der Resultate hat Parteichef | |
Jean-Christophe Cambadélis seinen Rücktritt angekündigt. Die Konservativen | |
(LR-UDI) haben dagegen ihre Schlappe in Grenzen halten können. | |
## Neulinge im Parlament | |
Beide früheren Regierungsparteien verlieren aber massiv Sitze und sind in | |
der Frage der Zusammenarbeit mit der Regierung intern gespalten. Bei den | |
unter den Parteibezeichnungen PS oder LR Gewählten könnte eine Reihe von | |
externen Macron-Sympathisanten ins Siegerlager der Regierungsmehrheit | |
überlaufen. | |
Für die Regierung dagegen stellt sich wegen der hohen Sitzzahl ein Problem: | |
Die überwiegende Zahl ihrer Neulinge im Parlament hat keinerlei Erfahrung | |
mit den Prozeduren und Gebräuchen der Nationalversammlung. Das kann unter | |
anderem zu Pannen und peinlichen Disziplinarverstößen führen. | |
Die erste Aufgabe der riesigen REM-Fraktion wird darum darin bestehen, | |
diese Anfänger bei einem zweitägigen Einführungsseminar am kommenden | |
Wochenende für ihre Rolle anzulernen. Ihr erster Bewährungstest wird am 4. | |
Juli die Regierungserklärung von Premierminister Edouard Philippe mit | |
anschließendem Votum sein. | |
Danach sollen sie in einer bis Mitte August verlängerten Sondersession das | |
Eiltempo der Staatsführung halten, die nach einer Abstimmung über eine | |
Vorlage zur Moralisierung der Politik auch ihre umfassenden | |
Arbeitsmarktreformen noch während des Sommers im Dringlichkeitsverfahren | |
verabschiedet haben möchte. | |
18 Jun 2017 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
En Marche! | |
La République en Marche | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Schwerpunkt Frankreich | |
Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Rassemblement National | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Parlamentswahlen Frankreich | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rechtsextreme in Frankreich: Zerreißprobe im Front National | |
Uneinigkeit und eine gewisse Ratlosigkeit dominieren die Führungsspitze des | |
FN. Das Risiko einer Spaltung ist gewachsen. Es geht um die EU. | |
Kommentar Macrons Grundsatzrede: En Marche durch die Institutionen | |
Macron versprach den Franzosen eine „Revolution“. Tatsächlich baut er ein | |
paar politische Posten ab und seine eigene Machtfülle aus. | |
Grundsatzrede in Frankreich: Monsieur Macrons Allüren | |
In einer Rede vor dem Kongress in Versailles umreißt der Präsident die | |
Richtlinien seiner Politik. Kritik gibt es an seinem imperialen Gehabe. | |
Neue Regierung in Frankreich: Macron baut um | |
Die Regierungsumbildung fällt diesmal größer aus als bisher: Drei Minister | |
der Zentrumspartei MoDem traten wegen einer Scheinbeschäftigungsaffäre | |
zurück. | |
Rücktritte in Frankreich: Minister en marche | |
Nach Verteidigungsministerin Sylvie Goulard geben auch Justizminister | |
François Bayrou und Europaministerin Marielle de Sarnez ihren Posten auf. | |
Laetitia Avia, Abgeordnete in Frankreich: Macrons Vorzeigefrau | |
Sichtbares Symbol der Integration: Laetitia Avia stammt aus der Banlieue | |
und ist heute erfolgreiche Geschäftsanwältin und Abgeordnete. | |
Kommentar Parlamentswahl Frankreich: Das Unbehagen der Bevölkerung | |
Eine Mehrheit der Stimmberechtigten verweigert sich der Abstimmung. Der | |
Nährboden für den rechtsextremen Populismus existiert unverändert. | |
Ausländerpolitik in Frankreich: Skepsis scheint angebracht | |
In den ersten Wochen von Macrons Regierung hat sich an der Situation in | |
Paris, in Calais und an der französisch-italienischen Grenze nicht viel | |
getan. | |
Frankreichs neue Partei En Marche: Nett sein und lächeln | |
Emmanuel Macrons Partei wird bei der Parlamentswahl am Sonntag | |
wahrscheinlich die absolute Mehrheit gewinnen. Was treibt sie an? | |
Heiner Flassbeck über Macrons Politik: „Es fehlt eine gemeinsame Vision“ | |
Macron wird mit seiner Wirtschaftspolitik scheitern, prognostiziert Ökonom | |
Heiner Flassbeck. Auch weil er Deutschland in Sachen Löhne kopieren wolle. | |
Kolumne Air de Paris: Don Juan im Tsunami | |
Seine Bewegung „En Marche!“ ist auch bei der Parlamentswahl vorn: Emmanuel | |
Macron und das Schweigen, das gehört werden will. | |
Pro & Contra Politik Frankreich: Haben Macrons Reformen Chancen? | |
Macron steht auch bei der Parlamentswahl vor einem großen Sieg. Seine | |
Politik wird sehr unterschiedlich beurteilt. |