# taz.de -- Französische Regierung unter Druck: Stress mit dem Sparhaushalt | |
> Macrons Regierung muss zusätzlich 4,5 Milliarden Euro einsparen. Das war | |
> so nicht eingeplant. Jetzt geht das Schwarzer-Peter-Spiel los. | |
Bild: Premierminister Édouard Philippe hatte sich den Umgang mit den Steuersen… | |
BERLIN taz | Frankreichs Regierung muss die Agenda ihrer Steuerpolitik | |
revidieren. Die Skeptiker ahnten es, und der oberste Rechnungshof hat es | |
inzwischen offiziell bestätigt: Frankreichs Staatsrechnung geht nicht auf. | |
Mit den bisherigen Vorgaben ist das erklärte, beschworene und auch | |
verfluchte Ziel, das Defizit unter die Schwelle von 3 Prozent BIP-Anteil zu | |
bringen, nicht zu erreichen. Wiederholt hatte die EU-Kommission der | |
Regierung in Paris in den vergangenen Jahren einen Aufschub gewährt, damit | |
diese endlich unter der geforderten Defizitgrenze bleibe. | |
Schuld an der Misere sind nach Ansicht der neuen Regierung wie üblich die | |
Vorgänger. Sie pochen auf den Bericht der obersten Buchprüfer, die sagen, | |
die Haushaltspolitik der Sozialisten am Ende der Amtszeit von Präsident | |
François Hollande grenze an „Unaufrichtigkeit“. Der Tadel schmerzt diese | |
umso mehr, als der Vorsitzende des Rechnungshofs, Didier Migaud, ein | |
Parteigenosse ist. | |
Der frühere Finanzminister Michel Sapin verwehrt sich gegen Migauds | |
Vorwürfe und meint, die Haushaltspolitik während der Präsidentschaft | |
Hollande sei im Gegenteil geradezu „in exemplarischer Weise seriös | |
gewesen“. Die neue Regierung von Emmanuel Macron – der im Übrigen als | |
Wirtschaftsminister von Hollande selber über die Finanzlage bestens | |
informiert gewesen sei – wolle nur die Verantwortung für reelle | |
Schwierigkeiten auf andere abwälzen. | |
## Böse Hinterlassenschaften | |
Das sei die alte Masche der Politik, mit der sich bei jedem Machtwechsel | |
die Staatsführung herausreden wolle. Doch Migaud bleibt dabei, dass es mehr | |
als nur ein paar unvorhersehbare und daher durchaus entschuldbare | |
Teuerungen seien. Er spricht von einem Loch in der Höhe von 8 Milliarden | |
Euro als Hinterlassenschaft. Um dennoch in diesem Jahr, wie gegenüber der | |
Europäischen Kommission versprochen, das Defizit im Staatshaushalt 2017 | |
unter die 3-Prozent-Marke zu bringen, brauche es mindestens 4,5 Milliarden | |
Euro zusätzliche Einsparungen. Das war so nicht vorgesehen. | |
Präsident Macron hatte vor seiner Wahl angekündigt, er wolle bereits für | |
die kommenden fünf Jahre rund 60 Milliarden sparen. Zugleich aber möchte er | |
für die Unternehmen und für die Privathaushalte bestimmte Steuern senken. | |
Das war eine finanzpolitische Herausforderung für die Akrobaten im | |
Finanzministerium. | |
Der aus der konservativen Partei „Les Républicains“ stammende | |
Premierminister Édouard Philippe wollte das realpolitisch anpacken. In | |
seiner Regierungserklärung verschob er die Auswirkungen der Steuersenkungen | |
einfach auf später. Macron will der großen Mehrheit (80 Prozent der | |
privaten Haushalte oder Steuerzahler) die bisherige lokale Wohnungssteuer | |
„taxe d’habitation“ erlassen und diesen Ausfall an Einnahmen durch leichte | |
Erhöhungen bei anderen Abgaben kompensieren. Außerdem sollen Investitionen | |
in Unternehmen von der „Solidaritätssteuer“ auf hohe Vermögen ausgenommen | |
werden. | |
Beide Änderungen wollte Philippe also erst am Ende der Präsidentschaft | |
Macron ins Programm nehmen. Damit hat er Macrons Glaubwürdigkeit und | |
Autorität infrage gestellt. Der Präsident stellt umgehend klar, seine | |
Steuerreformen würden noch in diesem Jahr beschlossen und könnten ab 2018 | |
in Kraft treten. | |
Die ohnehin knifflige Aufgabe des jungen Haushaltsministers Gérald Darmanin | |
wird damit zu einer Hexerei. Wie von Zauberhand hat er jetzt einen neuen | |
Plan veröffentlicht, der es ihm erlauben soll, die nötigen 4,5 Milliarden | |
Euro einzutreiben. Ganz im Stil der liberalen Politik soll dies mit | |
„weniger Staat“ geschehen. Alle Ministerien, inklusive Verteidigung, müssen | |
bei den Verwaltungskosten intern sparen, ohne deswegen zusätzlich | |
Beamtenstellen zu streichen. | |
Damit reicht Darmanin den Schwarzen Peter an seine Regierungskollegen | |
weiter, die in ihren Ministerien Jagd auf zum Fenster hinausgeworfenes Geld | |
machen sollen. Das dies tatsächlich existiert, sagt der jährliche Bericht | |
des obersten Rechnungshofs. Nur hatte bisher selten jemand diese mahnenden | |
Rapporte ernst genommen. | |
Lesen Sie [1][hier das Interview] mit dem Ökonom Heiner Flassbeck zu | |
Macrons Wirtschaftspolitik. | |
11 Jul 2017 | |
## LINKS | |
[1] /Heiner-Flassbeck-ueber-Macrons-Politik/!5416608 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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