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# taz.de -- Ramadan-Friedensmarsch in Köln: Nicht im Namen des Islam
> Zahlreiche Muslime rufen zum Friedensmarsch gegen den Terror auf. Doch
> der Dachverband Ditib will nicht mitmachen.
Bild: Kölner auf dem Weg: In der Keupstraße leben viele Muslime
Berlin / Bochum taz | „Nicht mit uns“, lautet das Motto des
„Ramadan-Friedensmarsches“ am Samstag in Köln. Ein „mächtiges Zeichen g…
Gewalt und Terror“ soll die Demonstration am Samstag in Köln werden, zu der
die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und der Friedensaktivist Tarek
Mohamad „Muslime und ihre Freunde“ aus ganz Deutschland aufrufen.
„Wir lassen es nicht zu, dass Terroristen im Namen des Islams, aber auch
nicht im Namen anderer Religionen und anderer Ideologien Unschuldige töten
und alles beschmutzen, was uns als Menschen im 21. Jahrhundert wichtig
ist“, heißt es in dem Aufruf Kaddors und Mohamads, der von einem breiten
Bündnis aus Zivilgesellschaft und Politik unterstützt wird. Die
Demonstration, die um 13 Uhr auf dem Kölner Heumarkt beginnt, richte sich
gegen jeden Form von Extremismus, Terrorismus, Krieg und Diktatur.
Mitgetragen wird der Friedensmarsch vom Zentralrat der Muslime in
Deutschland, der Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, dem
Liberal-Islamischen Bund, der Türkischen Gemeinde in Deutschland und
zahlreichen weiteren Organisationen. Auch die Professoren der an den
Universitäten Münster und Osnabrück geschaffenen Lehrstühle für Islamische
Theologie, Mouhanad Khorchide und Bülent Ucar, sind unter den
Unterstützern.
Zu den Unterzeichnern des Demoaufrufs gehören ebenso Navid Kermani,
Friedenspreisträger des deutschen Buchhandels, die TV-Moderatorin Nazan
Eckes, der Schriftsteller Feridun Zaimoğlu und der Anwalt Mehmet
Daimagüler, der im Münchener NSU-Prozess Vertreter der Nebenklage ist.
Als „richtig gute Aktion“ bezeichnete die Integrationsbeauftragte der
Bundesregierung, Aydan Özoguz, die Demonstration. Sie unterstütze es, dass
die Initiatoren „gemeinsam und sichtbar islamistischen Terror verurteilen
und für das gemeinsame, friedvolle Zusammenleben über Religionsgrenzen
hinweg demonstrieren“ wollen. Terroristen hätten „kein Recht, sich bei
ihren Morden auf eine Religion zu berufen“.
## Der größte muslimische Dachverband boykottiert das Event
Zahlreiche Landes- und BundespolitikerInnen haben sich dem Demoaufruf
angeschlossen. Die Liste der UnterstützerInnen reicht von
Nordrhein-Westfalens designiertem Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU)
über SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Grünen-Chef Cem Özdemir bis zum
Linkspartei-Vorsitzenden Bernd Riexinger.
Die geplante Veranstaltung zeige, „dass sich eine solidarische und
vielfältige Gesellschaft durch Anschläge nicht spalten lässt, sondern
zusammenrückt“, sagte Riexinger. Für FDP-Chef Christian Lindner
symbolisiert der Friedensmarsch „eine Demonstration unserer weltoffenen,
liberalen Gesellschaft und ein klares Bekenntnis der hier friedlich
lebenden Muslime zu unserer Werteordnung“.
Allerdings: Der größte muslimische Dachverband wird nicht mit dabei sein.
Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib), die ihren
Sitz in Köln hat, boykottiert das Event. Muslime seien „keine
Verhandlungsmasse, die sich nach Belieben hierhin oder dorthin zitieren
lässt“, heißt es verschnupft in einer am Mittwoch veröffentlichten
Erklärung. Muslimische Anti-Terror-Demos stigmatisierten die Muslime und
spalteten die Gesellschaft.
Außerdem sei es Muslimen im Fastenmonat Ramadan nicht zumutbar,
„stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und
demonstrieren“, so der Verband weiter. „Öffentlich wirksame Aktionen
begrüßen wir, lehnen jedoch die Art und Weise, wie dieser angekündigte
Marsch organisiert wurde, ab.“ Der Ditib-Vorstand wirft den Organisatoren
„eine öffentliche Vereinnahmung und Instrumentalisierung“ vor.
## Intervention aus der Türkei?
Die schroffe Absage überrascht. Noch Anfang der Woche hatte sich
Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga aufgeschlossen gezeigt. „Wir haben schon
bisher jeden Anschlag aufs Schärfste verurteilt“, sagte er dem Kölner
Stadt-Anzeiger. „Wenn diese Initiative dazu beiträgt, dass dies künftig in
der breiten Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird, wäre ich sehr
glücklich.“
Mit Empörung reagierte der grüne Bundestagsabgeordnete Volker Beck auf den
Sinneswandel. Die Erklärung der Ditib sei „ihr gesellschaftspolitischer
Offenbarungseid“. Damit habe sich der Verband „als Teil der deutschen
Zivilgesellschaft abgemeldet“. Beck vermutet dahinter eine Intervention aus
der Türkei. „Wer glaubt, dass die demonstrative Absage eine Kölner
Entscheidung und nicht eine aus Ankara ist, glaubt auch an den
Weihnachtsmann“, sagte er. Die Ditib ist eng verbandelt mit der
islamistischen AKP-Regierung.
Der einflussreiche AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu zeigte sich zufrieden
mit der Ditib-Entscheidung. „Ich begrüße die Haltung der großen Islamischen
Religionsgemeinschaften“, teilte der in Deutschland aufgewachsene
Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des türkischen Parlaments mit.
„Die Bezeichnung ‚islamistischer Terrorismus‘ diffamiert Muslime und stel…
sie unter Generalverdacht“, so Yeneroğlu weiter. „Deshalb rufe ich die
Muslime dazu auf, gerade nicht an der Demo teilzunehmen.“
16 Jun 2017
## AUTOREN
Pascal Beucker
Andreas Wyputta
## TAGS
Islam
Muslime
Muslime in Deutschland
Köln
Osnabrück
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
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Terror
Schiiten
Right Trash
Schwerpunkt AfD
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