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# taz.de -- Friedensmarsch in Köln: Zeichen gegen Terror
> Weniger als erwartet nahmen an der Auftaktkundgebung des Friedensmarsches
> teil. Ditib hatte die Veranstaltung vorab boykottiert.
Bild: „Gemeinsam gegen Terror“: In Köln demonstrierten am Samstag über 1.…
Köln taz | Gegen islamistischen Terror und Gewalt sind am Samstag in Köln
weitaus weniger Menschen als erhofft auf die Straße gegangen. Zur
Auftaktkundgebung des Friedensmarsches mit dem Motto „Nicht mit uns“ auf
dem zentralen Heumarkt kamen über 1.000 DemonstrantInnen. „Muslime für den
Frieden“, „Terrorismus hat keine Religion“ und „Hass macht die Erde zur
Hölle“ war auf ihren T-Shirts und Transparenten zu lesen. Erwartet worden
waren bis zu 10.000 TeilnehmerInnen.
Zu der Demonstration aufgerufen hatten die Islamwissenschaftlerin Lamya
Kaddor und der Friedensaktivist Tarek Mohamad. Lamya ist Gründungsmitglied
des Liberal-Islamischen Bundes. Mitgetragen wurde der Friedensmarsch vom
Zentralrat der Muslime in Deutschland, der Ahmadiyya Muslim Jamaat
Deutschland und der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Zu den
ErstunterzeicherInnen des Aufrufs gehörten auch dutzende PolitikerInnen
aller im Bundestag vertretenen Parteien.
„Unser Glaube ist friedlich“, machte die Autorin und Moderatorin Jacqueline
Bakir-Brader direkt zu Beginn der Demo deutlich. „Wenn Islamisten Menschen
auflauern und töten, geschieht das nicht in unserem Namen“, rief
Initiatorin Kaddor. Ihr Mitstreiter Mohamad betonte, der Friedensmarsch
richte sich gegen jede Form von Intoleranz – und rief zum Kampf gegen
„Terrorismus, Nationalsozialismus und Homophobie“ auf.
„Islam ist für mich Frieden, nicht Krieg“, sagte auch Meral Şahin von der
Kölner Interessengemeinschaft Keupstraße: 22 Menschen hatten
Rechtsterroristen des sogenannten „nationalsozialistischen Untergrunds“
(NSU) dort 2004 bei einem Nagelbomben-Attentat verletzt.
Von der relativ geringen Resonanz zeigten sich vor allem die Initiatoren
selbst enttäuscht. „Ich kann nicht verstehen, dass nicht mehr Menschen
gekommen sind“, sagte Kaddor.
## Boykott durch Ditib
Dazu beigetragen haben dürfte vor allem der Boykott der Veranstaltung durch
den größten muslimischen Dachverband in Deutschland, Türkisch-Islamische
Union der Anstalt für Religion (Ditib). „‚Muslimische‘ Anti-Terror-Demos
greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den
internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen“, erklärte
Ditib. Die Vereinigung, die tausende Moscheegemeinden in der ganzen
Republik vertritt, hat ihren Sitz in Köln, untersteht aber der türkischen
Religionsbehörde in Ankara.
Außerdem sei es Muslimen gerade im Fastenmonat Ramadan nicht zuzumuten
„stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und
demonstrieren“, erklärte Ditib – und erntete dafür scharfe Kritik über
Parteigrenzen hinweg: Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, die
Sozialdemokratin Aydan Özoğuz, warnte Ditib vor dem vollständigen Verlust
der Glaubwürdigkeit. Kritiker halten die Organisation für das Sprachrohr
des autoritär regierenden türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Grünen-Chef Cem Özdemir hält die Ditib-Absage für „mehr als fadenscheinig…
CDU-Kanzlerin Angela Merkel nannte sie diplomatisch „einfach schade“.
SPD-Bundesjustizminister Heiko Mass schrieb in einem Beitrag für den Kölner
Stadt-Anzeiger, mit der Absage isoliere sich Ditib „immer mehr“. Der
Verband dürfe „sich nicht wundern, wenn er so den Gegnern des Islam neue
Argumente liefert.“
Zuspruch bekamen Kaddor und Mohamad dagegen vom Vorsitzenden der
nordrhein-westfälischen SPD, Mike Groschek, und dem Vorsitzenden der Grünen
Landtagsfraktion im Düsseldorfer Landtag, Arndt Klocke – beide Politiker
waren in Köln vor Ort. Kaddor sei eine „mutige Frau“, sagte Klocke. „Die
Initiatoren dürfen sich von der Teilnehmerzahl nicht entmutigen lassen“,
meinte Groschek: Die Bewegung des „Islam von unten“ müsse weiter wachsen.
Weitere Demonstrationen gegen den Terror sind in Berlin und Hannover
geplant.
17 Jun 2017
## AUTOREN
Andreas Wyputta
## TAGS
NRW
Frieden und Krieg
Köln
Islamverband Ditib
Islam
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Terror
Islam
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