# taz.de -- Bayern und die SPD: Seid umschlungen, Genossen! | |
> Auf dem Parteitag der bayerischen SPD gibt sich Martin Schulz | |
> kämpferisch. Die Verluste in NRW scheinen im Jubel der TeilnehmerInnen | |
> vergessen. | |
Bild: Muss am Ball bleiben: Martin Schulz auf dem SPD-Parteitag in Bayern | |
„Ich hab seine Sandale, ich hab seine Sandale!“, scherzt Florian Pronold, | |
bis Samstag noch Chef der Bayern-SPD. Er fühlt sich an Monty Pythons „Das | |
Leben des Brian“ erinnert, als er vor der Tür des Schweinfurter | |
Konferenzzentrums steht und auf den Messias wartet. | |
Dann schließlich, es ist Sonntag, 11.30 Uhr, fährt er vor. Martin Schulz | |
steigt aus, wird von Pronolds frisch gekürter Nachfolgerin Natascha Kohnen | |
in den Arm genommen, gratuliert, wirft den Fernsehreportern eine Spitze | |
gegen die Union zu, jetzt wird alles gut. | |
Der Schulz-Hype ist nicht vorüber, er hat sich nur versteckt – hier im | |
Kongresszentrum in Schweinfurt. Hier hat sich die bayerische SPD an diesem | |
Wochenende zum Parteitag versammelt. Als ihr Kanzlerkandidat in den Saal | |
einzieht, kennen die Delegierten, die seit zwei Tagen Berichte und Anträge | |
und Änderungsanträge über sich haben ergehen lassen, kein Halten mehr: | |
Jubel, „Martin“-Chöre und rote Fahnen. | |
## Düsseldorf liegt in Australien | |
Nordrhein-Westfalen? War da was? Vergessen! Düsseldorf scheint an diesem | |
Wochenende irgendwo in den australischen Outbacks zu liegen. Was | |
interessieren Wahlergebnisse von vor einer Woche? Lehren für die | |
Bundestagswahl ziehen? Ach was, das war doch eine rein regionale | |
Wahlentscheidung. Nordrhein-Westfalen, das steht hier allenfalls für das | |
Land, aus dem der Messias kommt. Auf den Schildern, die die Genossen in die | |
Höhe recken, steht: „London, New York, Paris, Würselen“. | |
Schulz enttäuscht die Erwartungen nicht, anderthalb Stunden rackert er sich | |
ab, enthusiasmiert den Saal, spricht von Europa, das kein Selbstzweck sein | |
dürfe, der Aufrüstungslogik eines Präsidenten Trump, der man sich nicht | |
unterwerfen dürfe, Familienarbeitszeit, Ganztagsschulen und einer | |
Weiterentwicklung der Bundesagentur für Arbeit zur Bundesagentur für | |
Qualifikation. Man verteile keine Wohltaten. „Die gerechte Verteilung steht | |
den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes zu“, ruft er, „deshalb kämpfen | |
wir dafür.“ Die Delegierten springen auf. | |
So gibt Schulz der Veranstaltung noch einen kämpferischen Anstrich. Einer | |
Veranstaltung, die zuvor, wie es ein führendes Parteimitglied hinter | |
vorgehaltener Hand nannte, „eher dünn“ war. Höhepunkt des Vortags war die | |
wenig überraschende Wahl Kohnens. Bayerns Sozialdemokraten hatten bereits | |
in einer Mitgliederbefragung für die bisherige Generalsekretärin gestimmt, | |
die Delegierten bestätigten das Votum mit 88,3 Prozent. | |
## Die SPD will in Bayern regieren | |
Minutenlang nimmt Kohnen Umarmungen der Parteifreunde entgegen. Die | |
Botschaft ist klar: Seid umschlungen, Genossen! Jetzt zähle wieder | |
Teamwork, es dürfe nicht die eine geben, die vorne vortanze, sagt Kohnen. | |
Landtagskollege Florian von Brunn gehört zu den wenigen, die es bei der | |
Gratulation bei einem schnellen Händedruck belassen. Von Brunn war ihr | |
stärkster Mitbewerber, hatte die Konkurrentin teils scharf angegriffen. Er | |
plädierte für eine angriffslustigere Oppositionspolitik, die SPD müsse die | |
CSU viel mehr vor sich hertreiben. | |
Die Abteilung Attacke überlassen die bayerischen Genossen nun dem Besucher | |
aus Würselen. Kohnen dagegen spricht ihr Mantra: Die Sozialdemokraten | |
dürften sich nicht an der regierenden CSU abarbeiten. Die Rede hat etwas | |
Pastorales, die 49-Jährige fordert Toleranz und Solidarität mit den | |
Schwachen und Benachteiligten. Die Politik müsse den Menschen die Angst | |
nehmen. Wahre Stärke sei es, zu teilen und für andere da zu sein. Dann | |
schwärmt sie sogar von Bayern als „starkem wirtschaftlichem Motor“. „Es | |
muss unmissverständlich klar sein: Wir wollen in Bayern regieren.“ Klar. | |
21 May 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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