Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner SPD: Schulz oder Schuld?
> Nach vorne schauen – das war die wichtigste Botschaft auf dem
> Landesparteitag der Berliner SPD am Samstag. Ein Versprecher offenbarte
> den Seelenzustand der Partei.
Bild: Glaube? Liebe! Hoffnung! Michael Müller (SPD), der Regierender Bürgerme…
Fast elf Stunden lang sitzen die Berliner Sozialdemokraten – oder genauer:
ihre rund 240 Delegierten – am Samstag im Neuköllner Estrel-Hotel zusammen.
Einen Einblick in die SPD-Seele sechs Tage nach der Wahlschlappe ihrer
Parteifreunde in Nordrhein-Westfalen lieferte aber schon die erste
Viertelstunde.
Da tritt zur Begrüßung Barbara Loth ans Mikrofon, Vizechefin der Berliner
Sozis, Ex-Stadträtin, Ex-Staatssekretärin, aber nicht gerade eine
Rampensau. Was schade ist, weil so nicht jeder ihren entscheidenden Satz
zum Post-NRW-Trauma mitkriegt: „Wir haben einen hervorragenden
Kanzlerkandidaten, Martin Schuld, äh, Schulz.“
Als Michael Müller, Partei- und Regierungschef, auf den Kanzlerkandidaten
zu sprechen kommt, sagt er dessen Namen extra deutlich gleich zweimal
hintereinander. Schulz selbst ist zuvor zwei Minuten lang per
Videobotschaft präsent. Recht nüchtern spricht er davon, dass die Berliner
SPD eine kämpferische Truppe sei und man sich nicht entmutigen lasse. Viel
Applaus löst das nicht aus.
Oft ist an diesem Tag noch zu hören, man werde kämpfen, sich nicht
unterkriegen lassen. Am glaubhaftesten klingt das noch bei Müller selbst.
Der verweist auf immer größere Sprünge in Umfragen, die sich schnell ändern
könnten.
## Kein Glaube
Auf den Gesichtern der Delegierten spiegelt sich allerdings kein
ungebrochener Glaube. Wie auch? In den Zeitungen auf den Tischen stehen die
neuesten Werte, nach denen die CDU weiter gewonnen, die SPD weiter verloren
hat. 38 zu 26 Prozent steht es, im März lagen beide noch bei 33.
Müller mahnt zur Geschlossenheit, „denn es wird genau geschaut, wie wir
miteinander umgehen“. Weniger Selbstbefassung, mehr positives Denken,
fordert er: Man müsse selbstkritische Debatten führen, „aber nicht nur!“.
Auch mal über Erfolge reden, statt immer nur zu fragen, „ob wir bis zum
letzten Komma alles richtig machen“.
Und dann sagt er einen Satz, mit dem er sich von Schulz abgrenzt, der in
seiner Messias-Zeit im März ankündigte, die Hartz-IV-Reformen korrigieren
zu wollen, ohne konkret nachzulegen. „Lasst uns nicht selbst immer wieder
über eine Arbeitsmarktreform aus dem Jahr 2003 reden“, fordert Müller: „I…
will nach vorne gehen.“
Die fünf KandidatInnen, die der Landesvorstand für die ersten Listenplätze
zur Bundestagswahl empfohlen hat, werden jedenfalls klar gewählt.
Spitzenkandidatin wird erneut Eva Högl. Sie hatte 2013 ihren Wahlkreis in
Mitte direkt gewonnen.
## Kein Spaß
Mit der CDU mag Högl künftig nicht mehr regieren – die Große Koalition
mache „überhaupt keinen Spaß“, sagt sie. Doch weder von ihr noch von
anderen der vorderen Kandidaten ist die Forderung nach einem rot-rot-grünen
Bündnis zu hören, wie es auf Landesebene besteht.
Für einen speziellen Moment sorgt der Lichtenberger Kevin Hönicke. Er
interpretiert das SPD-Mantra vom diskriminierungsfreien Zugang wohin auch
immer neu. „Wir können bei der Bundestagswahl Geschichte schreiben: Es gab
bislang noch nie einen Kevin im Bundestag“, sagt er – und die SPD stehe
dafür, dass Namen nicht den Werdegang bestimmen dürften. Tatsächlich
schafft er es auf einen Listenplatz, der 2013 für den Bundestag reichte.
Wählen sollen künftig nach einem Beschluss des Parteitags nicht nur
Volljährige. Die Antragskommission, einflussreiches Vorfilter-Gremium jedes
Parteitags, hatte sich dagegen ausgesprochen, doch die Mehrheit der
Delegierten sieht das anders – nun soll sich die Bundesebene der SPD mit
der Forderung nach einer Herabsetzung des Wahlalters befassen.
Aus einem anderen Antrag ist schon vor Sitzungsbeginn die Luft raus: Kein
Stadionneubau hatte der gefordert und einen Konflikt mit
Fußball-Bundesligist Hertha angebahnt. Doch just am Tag vor dem Parteitag
lenkte Hertha ein und will jetzt doch über einen Umbau des Olympiastadions
statt eines Neubaus nachdenken.
21 May 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Michael Müller
SPD Berlin
Landesparteitag
R2G Berlin
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
Stefan Evers
Peer Steinbrück
Kanzlerkandidatur
Kanzlerkandidatur
R2G Berlin
Thomas Heilmann
Raed Saleh
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bundestagswahl: Elefantenrunde ohne Elefanten
Vor Wirtschaftsvertretern treffen die sechs wichtigsten Berliner
Spitzenkandidaten erstmals aufeinander.
Der Berliner Wochenkommentar II: Doch nicht alles Müller, oder was?
Laut Umfrage des Instituts Civey ist gerade mal gut ein Viertel der
BerlinerInnen mit der Arbeit des rot-rot-grünen Senats zufrieden.
Berliner CDU im Umfrage-Hoch: Alles Evers oder was?
Gleich zwei Umfragen sehen die Union erstmals seit 2014 vorn. Das scheint
die Partei aber mehr der Schwäche der SPD zu verdanken, auch wenn sich ihr
Generalsekretär müht
Peer Steinbrück verärgert SPD: Wahlkampftipps vom Wahlverlierer
Der frühere sozialdemokratische Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gibt zwei
Interviews. Und erzürnt so seine Genossen.
Die SPD nach dem Ende des Schulz-Hypes: Das Kokain der Politik
20, 32, 26 Prozent – hoch und runter gehen die Umfragen und mit ihnen
taumelt die SPD. Wie kann die Partei damit umgehen?
Wahlprogramm der SPD: Eckpunkte werden doch vorgestellt
Die SPD will nun doch an diesem Montag Kerninhalte ihres Wahlprogramms
vorstellen, mit denen Kanzlerkandidat Schulz in die Wahlkampfphase zieht.
Berliner Koalition: Müller hält sich zurück
Für seine ersten 100 Tage zieht der Regierungschef eine positive Bilanz für
Berlin, will R2G aber nicht für die Bundesebene empfehlen.
CDU in Berlin: Reine Männersache
Ex-Senator Thomas Heilmann will in den Bundestag – via Zehlendorf: Diesen
Mittwoch entscheidet dort erstmals die Basis. Auch Frank Henkel will ins
Bundesparlament.
Abgeordnetenhaus: Nicht alles klar bei Rot-Rot-Grün
Linke und Grüne verweigern dem Fraktionschef der SPD zeitweise den Applaus.
Den bekommt Raed Saleh stattdessen von der Opposition – auch von der AfD
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.