# taz.de -- Berliner Koalition: Müller hält sich zurück | |
> Für seine ersten 100 Tage zieht der Regierungschef eine positive Bilanz | |
> für Berlin, will R2G aber nicht für die Bundesebene empfehlen. | |
Bild: Guter Dinge bei seiner 100-tage-Bilanz: Berlins Regierungschef Michael M�… | |
Michael Müller (SPD), der Chef der bundesweit ersten rot-rot-grünen | |
Koalition, mag keine Empfehlung für ein solches Bündnis auf Bundesebene | |
abgeben. „Ich werde mich da zurückhalten“, sagte Müller auf eine taz-Frage | |
hin bei einer 100-Tage-Bilanz der Landesregierung am Mittwoch. Müller ist | |
nächsten Dienstag Gast bei Bundestagsabgeordneten von SPD, Grünen und | |
Linkspartei, die seit Monaten die Chancen von Rot-Rot-Grün, kurz R2G, | |
ausloten. „da werde ich dann auch wie heute sagten, dass eine | |
Zusammenarbeit zwischen drei Parteien nicht einfach ist“, sagte Müller. | |
Der Regierende Bürgermeister hatte zuvor vor Journalisten eine positive | |
Bilanz der nach seiner Zählung ersten 100 Tage gezogen – tatsächlich sind | |
seit der Senatsbildung 132 Tage vergangen, doch Müller zählt erst ab einer | |
Senatsklausur am 9. Januar. „Versprochen, gehalten“, ist das Fazit von | |
Rot-Rot-Grün in einem Faltblatt, dass hinter 58 der 60 im Januar | |
verabredeten Projekte ein grünes Häkchen für „umgesetzt“ macht. Die beid… | |
Ausnahmen, Punkt 48 und 55, gehören allerdings zu den gewichtigeren der | |
Liste: Maßnahmen gegen steigende Mieten und mehr Klimaschutz. | |
Müller präsentierte die aus seiner Sicht positive Bilanz allein und ohne | |
seine Stellvertreter Klaus Lederer (Linkspartei) und Ramona Pop (Grüne) – | |
nach seinen Worten im Einvernehmen mit ihnen. Zu Verwerfungen in der noch | |
jungen Koalition sagte er, der Senat mache seine Arbeit und lasse sich auch | |
nicht von Streitigkeiten aufhalten. „Gutes Regieren zeichnet sich nicht | |
dadurch aus, dass es keine Konflikte gibt und dass man alles unter der | |
Decke hält“, sagt Müller. Auf eine von ihm 2016 noch angekündigte | |
„Strahlkraft“ seines Bündnisses mochte er sich aber nicht festlegen: „Das | |
ist etwas, was man nach 100 Tagen nicht abschließend beurteilen kann.“ | |
Parallel zur Bilanz skizzierte Müller auch, wie die Koalition mit dem | |
bislang so erfolgreichen Volksbegehren zur Offenhaltung des Flughafens | |
Tegel umgehen will. Dass es am 24. September, dem Tag der Bundestagswahl, | |
zum Volksentscheid kommt, ist für ihn Fakt. Man sei sich in der Koalition | |
einig und werde das auch im Senat beschließen, „ich weiß gar nicht, ob es | |
dazu noch einen Arbgeordnetenhaus-Beschluss geben muss.“ Den sieht das | |
entsprechende Gesetz durchaus vor: Theoretisch kann das Parlament das | |
Anliegen des Volksbegehrens übernehmen – dann gäbe es keinen | |
Volksentscheid. | |
„Wir werden uns selbstverständlich an der öffentlichen Diskussion | |
beteiligen“, sagt Müller, „wir werden auf die Risiken und Kosten hinweisen, | |
wenn Tegel am Netz bleibt“. An den von 100 auf 700 Millionen Euro | |
gestiegenen Lärmschutzkosten in Schönefeld am Stadtrand könne man ablesen, | |
„was auf uns zukommt, wenn Lärmschutz mitten in der Stadt umgesetzt werden | |
müsste“. Im Parlament war dazu jüngst von Kosten bis zu drei Milliarden | |
Euro zu hören. | |
Der Regierungschef kündigte zwar an, dass sich der Senat bei einer | |
Niederlage beim Volksentscheid mit der Forderung nach der Offenhaltung | |
auseinander setzen werde – „da kann man nicht einfach drüber hinweg gehen�… | |
Es gebe aber rechtliche Hindernisse und Gerichtsurteile – „man kann sich | |
eine Wirklichkeit nicht einfach herbei beschließen“ | |
CDU-Fraktionschef Florian Graf und der Generalsekretär der | |
Christdemokraten, Stefan Evers, warfen Müller und seinem Senat als Reaktion | |
zum wiederholten Male eine ideologiegesteuerte Politik zugunsten eigener | |
Klientel vor. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sah im Programm der ersten | |
100 Tage „nur eine Ideenskizze der Banalitäten“. Ein Talent könne man | |
Müller und seinem Linksbündnis jedoch attestieren, ergänzte CDU-Mann Graf, | |
„sie schaffen es treffsicher an den Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei zu | |
regieren“. Müller konterte derartige Vorwürfe, vor allem zu | |
radfahrerfreundlichen Plänen, voraus schauend ab: „Man kann nicht | |
rot-rot-grün wählen und eine schwarz-gelbe Verkehrspolitik erwarten.“ | |
19 Apr 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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