# taz.de -- CDU in Berlin: Reine Männersache | |
> Ex-Senator Thomas Heilmann will in den Bundestag – via Zehlendorf: Diesen | |
> Mittwoch entscheidet dort erstmals die Basis. Auch Frank Henkel will ins | |
> Bundesparlament. | |
Bild: Das Ziel ihrer Wünsche: Die Ex-Senatoren Heilmann und Henkel wollen in d… | |
Etwas Mysteriöses umgibt eine Premiere bei der Berliner CDU. Erstmals darf | |
an diesem Mittwochabend die Basis direkt über einen chancenreichen | |
Kandidaten für die Bundestagswahl abstimmen: In Steglitz-Zehlendorf, dem | |
größten Kreisverband im Land, haben knapp 2.300 Parteifreunde die Wahl | |
zwischen ihrem langjährigen Abgeordneten Karl-Georg Wellmann (64) und ihrem | |
Kreisvorsitzenden und Exjustizsenator Thomas Heilmann (52). Doch statt das | |
als angesagte „Partizipation“ rauszustellen, vermeldet der Terminplan der | |
örtlichen CDU-Internetseite noch tags zuvor für den Mittwoch: „An diesem | |
Tag findet keine Veranstaltung statt.“ | |
600 bis 700 Mitglieder, also mehr als ein Viertel, erwarten Insider ab 19 | |
Uhr in der Aula der John-F.-Kennedy-Schule in Zehlendorf. Unter CDUlern ist | |
mehrheitlich die Einschätzung zu hören, Heilmann gehe mit Vorteilen ins | |
Rennen. Acht von elf Ortsverbänden stehen angeblich hinter ihm. Die aber | |
sind bei weitem nicht gleich groß – Wellmanns Ortsverband Dahlem allein hat | |
500 Mitglieder und ist damit der größte in der Berliner CDU überhaupt. | |
Es ist ein Wettstreit der Gegensätze: hier der geborene Dahlemer Wellmann, | |
der seinen Ortsverband seit 2001 führt, der schon mit Ende 20 Referent des | |
liberalen CDU-Sozialsenators Ulf Fink war. Dort der gebürtige Dortmunder | |
und PR-Unternehmer Heilmann, zwar nun auch in Dahlem zu Hause, aber ein | |
Seiteneinsteiger in der Berliner CDU, von der heutigen Landesvorsitzenden | |
Monika Grütters Ende 2008 direkt in die Parteispitze geholt. | |
Vor knapp vier Jahren stritten die beiden schon mal um ein Amt, bis | |
Wellmann zurückzog. Doch da ging es um den vakanten Posten des | |
Kreisvorsitzenden, nicht darum, Wellmann vom angestammten Platz zu | |
verdrängen – the sitting member heißt es im Englischen so schön. | |
„Platzhirsch“ nannte ihn der frühere Landeschef Frank Henkel vor einigen | |
Jahren mal. Wobei dieser Platzhirsch auch außerhalb seines Geheges | |
unterwegs ist, als Mitglied im außenpolitischen Ausschuss des Bundestags. | |
2012 war er auch der erste CDU-Abgeordnete, der Bundespräsident Christian | |
Wulff zum Rücktritt aufforderte. | |
## Neues Wahlprinzip | |
Bisher war es keine Mitgliedervollversammlung, sondern eine Konferenz | |
gewählter Parteidelegierter, die den Bundestagskandidaten bestimmte. In | |
anderen Bundesländern ist es teilweise schon länger üblich, die Basis | |
direkt entscheiden zu lassen – nicht so in Berlin. | |
Die Kreisverbände Pankow und Lichtenberg haben dieses Prinzip zwar | |
eingeführt. Doch wer dort Direktkandidat wird, ist so bedeutend wie der | |
Sack Reis, der in China umfällt – weil der CDU-Bewerber dort sowieso keine | |
Chance auf den Wahlkreissieg hat. Anders eben in Steglitz-Zehlendorf, wo | |
Wellmann seit 2005 dreimal in Folge gewann. 42,5 zu 29,2 Prozent lag er vor | |
vier Jahren vor der SPD-Bewerberin Ute Finckh-Krämer, die voraussichtlich | |
erneut Gegenkandidatin sein wird. | |
Würden weiter Delegierte entscheiden, wäre Wellmann im Vorteil, heißt es. | |
Darauf schien es hinauszulaufen, als im Herbst bei einem Parteitag ein | |
Antrag scheiterte, dieses Prinzip zu ändern. Doch per Mitgliederbegehren | |
konnte Heilmann die Neuerung noch durchsetzen. | |
Was nicht heißen soll, dass sein Sieg sicher ist. Der 52-Jährige, dem alles | |
zu gelingen schien, ob unternehmerisch oder in der Politik – er stand nach | |
der Abgeordnetenhauswahl gleich doppelt als Verlierer da. Zum einen | |
schaffte er es nicht, einen Steglitzer Wahlkreis gegen den erst 21 Monate | |
zuvor nach Berlin gekommenen SPD-Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen zu | |
gewinnen. Zum anderen mochten manche Parteifreunde nicht gelten lassen, | |
dass nur Frank Henkel an der CDU-Wahlniederlage schuld sein sollte. | |
Heilmann sei es doch gewesen, der die wenig erfolgreiche Kampagne | |
organisierte. | |
Dessen Unterstützer sehen das naturgemäß anders: Henkel und andere | |
konservativere Kräfte hätten Heilmann leider nicht so machen lassen, wie | |
der wollte, in Sachen Internet-Wahlkampf hätte der einiges mehr vorgehabt. | |
„Der Mann ist ein Geschenk für die Partei“, sagt ein CDU-Funktionär über | |
den Seiteneinsteiger. | |
## Henkel will weiter | |
Henkel selbst, nun nicht mehr Innensenator und Landeschef, sondern nur noch | |
in der dritten Reihe im Abgeordnetenhaus, will auch in den Bundestag. Die | |
Direktkandidatur in Mitte, wo er nach wie vor Kreisvorsitzender ist, bringt | |
ihn aber genauso wenig ins Bundesparlament wie die in Lichtenberg oder | |
Pankow: Henkel braucht einen vorderen Platz auf der CDU-Landesliste, die am | |
25. März aufgestellt wird. Dahin wollen aber auch andere – und die Liste | |
zieht sowieso nur, wenn der Partei mehr Mandate zustehen, als sie | |
Wahlkreise gewinnt. | |
Die verbliebenen Henkel-Getreuen erinnern ihre Parteifreunde daran, dass | |
Henkel ab 2008 als damals neuer Vorsitzender die zerstrittene Partei wieder | |
geeint habe. Doch alte Verdienste haben bei den Christdemokraten bislang | |
wenig weitergeholfen: Als Eberhard Diepgen nach seiner Abwahl als | |
Regierungschef 2002 in den Bundestag wollte, ließ ihn die Partei | |
durchfallen, genauso wie den vormaligen Spitzenkandidaten Friedbert Pflüger | |
vor der Europawahl 2009. | |
28 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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