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# taz.de -- CDU Berlin: Wer ist hier der Böse?
> Wellmann gegen Heilmann: Vor dem zweiten Anlauf zur Kür des
> CDU-Bundestagskandidaten in Steglitz-Zehlendorf erschüttert ein
> Fälschungsskandal die Partei.
Bild: CDU-Kabale: Wellmann (links) ist unter Täuschungsverdacht und wirft selb…
Es war schon skurril genug bei der CDU in Steglitz-Zehlendorf: Erst stritt
man sich darüber, ob die Mitglieder ihren Bundestagskandidaten direkt
wählen dürfen. Als es dann dazu kam, gab es trotz vieler hundert Teilnehmer
ein Patt zwischen Karl-Georg Wellmann, seit 2005 Abgeordneter, und seinem
Herausforderer, dem Exsenator und CDU-Kreischef Thomas Heilmann.
Und nun soll auch noch Täuschung im Spiel sein: Der Justitiar des
CDU-Landesverbands hält Wellmann für mitverantwortlich dafür, dass bei
einer vorangegangenen Mitgliederumfrage um die Jahreswende herum rund 350
gefälschte Antwortkarten auftauchten. Der bestreitet das: Nicht er, sondern
Heilmann habe manipuliert.
245 zu 245 Stimmen lautete nach über fünf Stunden und zwei Wahlgängen das
Ergebnis, als vor zwei Wochen anstelle von Delegierten erstmals eine
Mitgliederversammlung über den Bundestagskandidaten entschied – besser:
entscheiden wollte. Es war nach Mitternacht in der Zehlendorfer
John-F.-Kenney-Schule, das Sitzfleisch reichte nicht mehr für einen
weiteren Wahlgang, über 100 Mitglieder schon weg, und man einigte sich auf
Vertagung. Diesen Sonntag soll es weitergehen, im Cole-Sports Centre in
Dahlem, wo jüngst noch hunderte von Flüchtlingen untergebracht waren.
Fünf Tage vorher tauchte nun am Dienstag ein Bericht einer vom
Landesvorstand eingesetzten Kommission mit Justitiar und nach Parteiangaben
unabhängigen Rechtsexperten auf. Darin ist zu lesen, man empfehle „eine
Strafanzeige wegen des Verdachts der Mittäterschaft gegen Herrn Wellmann
und seine weiteren Mitarbeiter“.
Hintergrund ist der Wechsel von der Wahl durch knapp 120 Delegierte hin zur
Mitgliederversammlung, bei der theoretisch alle 2.200 CDUler im Südwesten
abstimmen könnten. Für Strippenzieher gleich weder Partei ist so etwas ein
Graus, weil nur wenig beeinflussbar. Darauf setzte Heilmann, der zwar seit
2009 eine zentrale Figur auf Landesebene ist, aber weiter als
Quereinsteiger gilt.
Wellmann hingegen kam schon in Dahlem zur Welt, wo er seit vielen Jahren
den größten Berliner CDU-Ortsverband führt. Dass er eine Direktwahl
ablehnte, begründet er mit „organisatorischen Gründen“.
## Spürbare Kluft
Schon 2013 stand eine Abstimmung zwischen den beiden an, als beide den
vakant gewordenen Posten des ehrenamtlichen Kreisvorsitzenden haben
wollten. Doch Wellmann zog schließlich noch zurück, Heilmann sicherte ihm
seine Unterstützung im Bundestagswahlkampf jenes Jahres zu.
Viel haben sich die beiden seither dennoch nicht zu sagen: Als ein
Parteitermin beide bei der Werbung für einen Fahrrad-Schnellweg 2015 auf
dem Zehlendorfer S-Bahnsteig zusammenführte, war die Kluft spürbar, lange
bevor es nun um den Bundestag ging.
Nachdem Heilmann im Herbst bei einem Parteitag noch mit dem
Mitgliederprinzip gescheitert war, stieß er die besagte Mitgliederbefragung
an, bei der die gefälschten Stimmbögen auftauchten. Die war zwar rechtlich
nicht bindend, politisch hingegen schon: Nachdem sich dort eine Mehrheit
für das Mitgliederprinzip aussprach, konnte Ende Januar ein Parteitag nicht
anders, als die Satzung entsprechend zu ändern.
Die Parteispitze um Landeschefin Monika Grütters mag der Empfehlung,
Anzeige zu erstatten, nicht folgen: Sie legt es am Dienstag in die Hände
der Staatsanwaltschaft, Konsequenzen zu ziehen. Ein Sprecher der
Staatsanwaltschaft wurde mit der Ankündigung zitiert, man werde die
Vorgänge auswerten. „Wir appellieren an die Betroffenen, fair miteinander
umzugehen und alles zu unterlassen, was geeignet ist, das Ansehen der Union
zu beschädigen“, formuliert der Landesvorstand fast flehend in einer
Stellungnahme.
Die beiden, um die es geht, interpretieren diesen Aufruf auf ihre Weise:
Wellmann sieht eine Kampagne gegen ihn, hinter der Heilmann stecke und
kündigte gegenüber der taz eine Strafanzeige gegen den CDU-Justitiar an –
„wem nützt denn dieser Bericht?“
Heilmann wies das zurück: „Das ist der verzweifelte Versuch, mir eine
Intrige anzuhängen“, sagt er der taz, „die Fakten sprechen dagegen.“
14 Mar 2017
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
Thomas Heilmann
CDU Berlin
Karl-Georg Wellmann
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
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