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# taz.de -- Zu Besuch in der CDU-Wahlkampfzentrale: Eine Haustür zu Übungszwe…
> Erst Edeka, jetzt Merkel: Die Agentur „Jung von Matt“ soll den Wählern
> die CDU verkaufen. Deren Generalsekretär simuliert schon mal
> Haustürwahlkampf.
Bild: Gott sei Dank: dem Generalsekretär erscheint ein Merkel-Fan
BERLIN taz | „Willkommen in unserem Maschinenraum“, sagt Peter Tauber. Der
Generalsekretär der CDU wirkt aufgeräumt. Im zweiten Stock des
Konrad-Adenauer-Hauses hat seine Partei ihre Wahlkampfzentrale
eingerichtet. Von hier aus wird in den kommenden sechs Monaten alles
koordiniert, was zum Wahlsieg führen soll. Angela Merkel schaue übrigens
„regelmäßig vorbei“, versichert Tauber.
Doch wie ein Maschinenraum sieht die halbe Etage nicht aus. Statt zu
hämmern wird auf Tastaturen geschrieben, statt Maschinenlärm tröpfelt
Lounge-Musik aus Deckenlautsprechern. Statt der Werkbank steht mitten im
Raum ein aus rohen Balken gezimmertes Häuschen, darin ein
Besprechungstisch. An den umliegenden dreißig Schreibtischen schauen junge
Menschen konzentriert auf Flachbildschirme, auf einem Sideboard liegt das
Heft „Politische Kampagnen auf Facebook“. Geöffnete Kartons mit Flyern,
Kulis und Luftballons sucht man vergebens.
Der Wahlkampf im Jahr 2017, sagt Jean-Remy von Matt, sei eben nicht
vergleichbar mit dem von vor vier Jahren. „2013 ging es darum, keine Fehler
zu machen – das wäre jetzt zu wenig.“ Der Schweizer von Matt redet mit
leiser Stimme und entspricht schon habituell nicht dem Klischee vom
knalligen Werber. Seine Agentur Jung von Matt hat von der CDU den Zuschlag
für diese Kampagne bekommen. Der Auftrag, nämlich eine konservative Partei
in ihrer Mitte-Sinnkrise an der Macht zu halten, sei eher ungewöhnlich,
räumt er ein. In der Agentur habe es durchaus Debatten darum gegeben. Aber
in Zeiten, da die Demokratie von rechts bedroht werde, „muss man sich schon
mal bekennen“. Sagt's und dreht lächelnd seine blaue Krawatte um: An ihrer
Spitze ist das Logo der Jungen Union aufgedruckt.
Tatsächlich steht die Hamburger Agentur Jung von Matt eher für
emotionalisierende PR. Von ihr stammt der Edeka-Weihnachtsclip, in dem ein
Rentner auf seine Familie wartet. Aber auch die Sixt-Kampagne, die mit
einer Angela Merkel mit Sturmfrisur für Miet-Cabrios wirbt.
Nun also wieder diese Angela Merkel. Und ein Wahlkampf, in dem es eher auf
eine seriöse Anschlussfähigkeit ankommt. Merkels Fähigkeit, die Massen zu
rocken, gilt bekanntlich als begrenzt. Bei dem leisen Schweizer scheint sie
damit in guten Händen zu sein. „Frau Doktor Merkel“, wie er sie wiederholt
nennt, gelte als „alles andere als beratungsresistent. Ich bin sehr guten
Mutes, dass wir sie toll inszenieren können.“ Nun denn.
## Dritter Wählertypus: der Merkel-Fan
In einer anderen Ecke der zweiten Etage zeigt unterdessen Peter Tauber,
dass er Haustürwahlkampf kann. Die Campaigner haben zu Übungszwecken eigens
eine Tür entwickelt, an der die Wahlkämpfer üben können. Dahinter
erscheinen auf einem Screen verschiedene Typen. Etwa der Erstwähler, der
sich gern „etwas Material“ aufschwatzen lässt, oder der Nichtwähler, der
wütend mit der Polizei droht. „Da heißt es freundlich bleiben und sich
schnell verabschieden“, schildert der Generalsekretär seine Erfahrungen aus
dem Saarland-Wahlkampf.
Dort hat die CDU an 75.000 Türen geklingelt. Ob sie tatsächlich deshalb
gewonnen hat, bleibt dahingestellt. In der allgemeinen Wahrnehmung gilt
Haustürwahlkampf eher als Belästigung; da könnte auch Merkel persönlich vor
der Tür stehen.
Der dritte Wählertypus ist übrigens der Merkel-Fan, hier in der
CDU-Zentrale verkörpert durch eine Frau, die aus dem Schwärmen gar nicht
mehr rauskommt. Da bleibt nicht viel zu tun als einen guten Tag zu wünschen
und weiterzuziehen. Am interessantesten, das sagt auch Jean-Remy von Matt,
seien eben die Wechselwähler. „und die kriegt man eher am Ende des
Wahlkampfes.“
3 Apr 2017
## AUTOREN
Anja Maier
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
CDU
Peter Tauber
Werbung
Küppersbusch
Schwarz-rote Koalition
Thomas Heilmann
Lesestück Recherche und Reportage
CDU/CSU
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