# taz.de -- Versöhnung zwischen CDU und CSU: Demnächst in der Kantine | |
> Bei ihrem Spitzentreffen wollen die Schwesterparteien zeigen, dass sie | |
> doch eine Union sind. Zu nahe wollen sie sich trotzdem nicht kommen. | |
Bild: Wieder Freunde? Horst Seehofer und Angela Merkel | |
MÜNCHENtaz | Aber nein, natürlich geht es nicht darum, die Friedenspfeife | |
zu rauchen, wenn sich die Präsidien von CDU und CSU am Sonntag und Montag | |
treffen. Als ob es Unstimmigkeiten zwischen den beiden Parteien gäbe! Nicht | |
doch. „Wir wollen und müssen uns treffen, weil es eine neue innenpolitische | |
Lage gibt und weil die ganze Welt im Umbruch ist. Deshalb ist es kein | |
Versöhnungs-, sondern ein Zukunftsgipfel“, kündigte Horst Seehofer | |
dementsprechend in der Bild am Sonntagan. | |
Und: „Angela Merkel wird nach diesem Gipfel die gemeinsame | |
Kanzlerkandidatin von CSU und CDU sein.“ Mit ihr könne die CSU die meisten | |
ihrer Vorstellungen realisieren. „Angela Merkel repräsentiert Deutschland | |
nicht nur erstklassig, sondern führt auch auf internationaler Ebene.“ | |
Horst Seehofer erfreut sich zwar in der deutschen Politik einer gewissen | |
Bekanntheit, dennoch zur Erinnerung: Seehofer ist CSU-Chef und der Mann, | |
der in den vergangenen Wochen keine Gelegenheit ausließ, das gemeinsame | |
Treffen der beiden Präsidien in Frage zu stellen. Es sei nicht sinnvoll, so | |
argumentierte er dann stets, wenn man sich nicht geschlossen präsentieren | |
könne. Da sei er sich mit Merkel einig. | |
Hat nun also tatsächlich zusammengefunden, was zusammengehört? Die | |
politischen Positionen der beiden Parteien haben sich in den vergangenen | |
Wochen nicht geändert, auch atmosphärisch hat sich zuletzt nicht allzu viel | |
getan: Bemühung um Deeskalation, aber ohne Euphorie – dieser Marschroute | |
schienen die Parteivorsitzenden wie auch der Großteil der übrigen | |
Unionspolitiker zu folgen. | |
So bestehen die Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Union nach wie vor, | |
und zwar bei mehreren Themen: Ausbau der Mütterrente, bundesweite | |
Volksentscheide, doppelte Staatsbürgerschaft. Und natürlich bei der | |
Obergrenze. Dass es hier zum Wahlkampfauftakt noch zu einem Kompromiss | |
kommen würde, war allgemein ausgeschlossen worden. | |
## Paradoxes Kalkül | |
Einerseits ist allen Beteiligten klar, dass man nach der Bundestagswahl | |
eine sowohl für Seehofer als auch für Merkel gesichtswahrende Formel wird | |
finden müssen, sollte die Union auch die nächste Regierung führen können. | |
Andererseits, so argumentieren CSU-Insider, würde jeder Kompromiss vor der | |
Wahl auf Kosten eines der beiden Parteichefs gehen – und damit zulasten des | |
Gesamtwahlergebnisses. Das paradoxe Kalkül: Nur eine – in Maßen – uneinige | |
Union kann gemeinsam stark marschieren. | |
Die beiden Generalsekretäre Peter Tauber und Andreas Scheuer bereiteten den | |
Gipfel bei mehreren Treffen präzise vor, am vergangenen Sonntag beschlossen | |
Merkel und Seehofer bei einem Vier-Augen-Gespräch final, an der Sitzung | |
festzuhalten. Die rund 40 Teilnehmer kommen nun am Sonntagnachmittag in der | |
Kantine der neuen CSU-Zentrale in München zusammen. | |
Auf dem Programm stehen eine Bilanz der Zukunftskongresse aus dem | |
vergangenen Jahr, eine zweistündige „Kreativdiskussion“, eine | |
Strategieberatung und Gegrilltes. Am Ende soll ein Fahrplan für die | |
Erstellung eines gemeinsamen Wahlprogramms stehen. Und eine offizielle | |
Kanzlerkandidatin Angela Merkel. | |
## Enttäuschung auf Facebook | |
Dass diese bei vielen CSU-Anhängern keine Begeisterung auslösen würde, war | |
freilich absehbar. Nach Seehofers Bild-Interview hagelte es böse Kommentare | |
auf seiner Facebook-Seite: „Damit hat sich die CSU bei mir ins Abseits | |
geschossen! Ich werde jetzt Protestwähler“, kündigte eine enttäuschte | |
Nutzerin an und fügte noch das obligatorische Fazit „Armes Deutschland!“ | |
hinzu. | |
Um die Zahl der Wähler, die tatsächlich zur AfD abwandern, möglichst klein | |
zu halten, setzen die Strategen der CSU nun auf eine Doppelstrategie: | |
Merkel stützen, aber gleichzeitig Differenzen unterstreichen. Und dabei | |
mantramäßig wiederholen, dass sich die CSU ohne Obergrenze nicht an der | |
Regierung beteilige. Deshalb hat die Partei auch zu dieser Wahl wieder | |
einen „Bayern-Plan“ angekündigt, der neben dem gemeinsamen Wahlprogramm der | |
Union die separaten CSU-Forderungen zusammenfasst. | |
4 Feb 2017 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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